© Gregor Gruber

Digicam Test

Canon G1X: Große Leistung, kleine Defizite

Mit der G1X bringt Canon seine bislang leistungsstärkste Digicam auf den Markt, die sich in Sachen Bildqualität nicht vor Systemkameras verstecken muss. Warum das Gerät trotz der Charakteristika einer kompakten Digitalkamera hauptsächlich für erfahrene Fotografen geeinigt ist, verrät der Test der futurezone.

Mit der Powershot G12 hat Canon bereits eine gute, kompakte Digicam, die bei der Bildqualität aber nicht ganz mit Nikons P7100 mithalten kann. Mit der Canon Powershot G1X schickt das japanische Unternehmen eine neue kompakte Digitalkamera ins Rennen, die nicht nur die P7100 hinter sich lässt, sondern auch noch einige Systemkameras in Sachen Bildqualität herausfordert.

Möglich ist dies durch einen 14-Megapixel-Sensor, der größer als der einer normalen Digicam und als das Micro-Four-Third-Format der Panasonic- und Olympus-Systemkameras ist, aber etwas kleiner als das APS-C-Format, das die meisten Spiegelreflexkameras nutzen. Diese Konfiguration sorgt zwar für gute Resultate, aber auch einige Einschränkungen, wie sich im futurezone-Test herausgestellt hat.

Formfaktor
Obwohl die G1X in die Kategorie "kompakte Digitalkamera" fällt, trifft "kompakt" als Beschreibung für den Formfaktor nur bedingt zu. Rein von der Höhe und Breite her scheint sie zwar nur geringfügig größer als die G12. Das größere Objektiv und der größere Sensor sorgen aber auch für eine größere Tiefe und ein Gewicht, das knapp über einem halben Kilogramm liegt.

Das für diesen Formfaktor überraschend hohe Gewicht und das nahezu "aufgeblähte" Gehäuse (kein Platz bleibt ungenutzt, kein Eck wird ausgespart) sorgen zwar dafür, dass sich die Kamera recht wuchtig anfühlt, beeinträchtigt aber nicht die Ergonomie. Die rutschfesten Elemente an der rechten Vorder- und Hinterseite sind gut positioniert und die Digicam sollte auch für User mit großen Händen noch gut in der Hand liegen.

Hosentaschenformat hat die G1X nicht. In eine große Jacken- oder Manteltasche passt sie noch, ansonsten wird sie wohl eher im Rucksack oder einer Tragetasche landen. Ein wenig störend ist, dass das Objektiv keine Abdeckung fix verbaut hat, wie es bei Digicams üblich ist. Dem Objektivdeckel liegt ein Befestigungsband bei, aber die Kamera hat keine Extra-Öse, um dieses anzubringen. Nutzt man den mitgelieferten Tragegurt, muss man das Befestigungsband an der Trageschlaufe anbringen – für das Befestigungsband und den Tragegurt sind die Gurtösen an der G1X zu klein.

Bedienung
Wie für die G-Serie üblich, setzt auch die G1X auf eine möglichst umfangreiche manuelle Bedienung, was in einer Vielzahl an Tasten und Rädern resultiert. Um Blende und Verschluss einzustellen, gibt es zwei Räder. Das erste befindet sich rechts an der Vorderseite. Dieses Rad hätte eine Spur höher liegen oder etwas mehr nach oben angewinkelt sein können, damit es leichter erreichbar ist. Das zweite Rad befindet sich an der Rückseite und ist gleichzeitig eine Vier-Wege-Taste, um durch die Menüs zu navigieren oder die Funktionen ISO, Fokus, Blitz und Display schnell anzuwählen. Dieses Rad ist zwar gut zu erreichen, aber nicht für die längere Nutzung gedacht. Stellt man etwa auf manuellen Fokus um, muss man teilweise ziemlich lange dieses Rad drehen, um die Schärfe einzustellen, was schmerzhaft im Daumengelenk werden kann.

Rechts oben ist eine dedizierte Aufnahmetaste für Videos und links oben eine Taste, die mit einer beliebigen Funktion belegt werden kann. An der Oberseite befindet sich das übliche Modus-Wahlrad. Die HDR-Funktion hat eine eigene Position am Wahlrad bekommen, ist aber auch noch mal unter den Szenen-Modi zu finden. Unter dem Modus-Rad ist noch ein Rad, mit dem die Belichtung von -3 bis +3 Blendenstunden eingestellt werden kann.

Die Menüführung ist Canon-typisch eher selbsterklärend, die einzelnen Funktionen werden auch mit kurzen Bildschirmtexten erklärt. Es hilft aber auf jeden Fall, wenn man schon Fotografieerfahrung hat. Einen Anfänger-Modus, bei dem die Unterschiede zwischen großer und kleiner Blende oder ähnliches erklärt werden, gibt es nicht.

Sucher und Display
Das 3-Zoll-Display ist klapp- und schwenkbar. Der Mechanismus wirkt stabil und ist das Display eingeklappt, ist es gleichzeitig beim Transport gegen Schäden von Außen geschützt.

Der optische Sucher ist nur im Notfall zu verwenden. Befindet man sich im Weitwinkel-Bereich, ist in der linken unteren Ecke das Objektiv sichtbar. Zoomt man nahe heran, sieht zwar das Motiv scharf im Sucher aus, aber das eigentliche Bild kann unscharf sein, weil man zu nahe dran ist oder der Autofokus auf ein anderes Motiv scharf stellt. Außerdem ist das Sichtfeld eingeschränkt und entspricht nicht dem Abbild.

Dem optischen Sucher fehlen außerdem Informationseinblendungen. Hat die Kamera erfolgreich fokussiert, sieht man nur eine kleine LED-Leuchte rechts neben dem Sucher im Augenwinkel aufleuchten. Auch ein Annäherungssensor fehlt – sofern man das Display nicht vorher per Tastendruck abschaltet oder einklappt, bleibt es aktiv, während man den Sucher nutzt.

Die folgendem Beispielbilder wurden als JPG mit 14MP aufgenommen. Mehr Beispielbilder auf Flickr: Link

Bildqualität
Es ist erstaunlich, welche Bilder man aus einer kompakten Digicam mit einem Zoomobjektiv herausholen kann. Die 14-Megapixel-Fotos im 4:3-Format haben eine sehr gute Schärfezeichnung und sind detailreich. Die Farbdarstellung ist realistisch. Will man poppige, übersättigte Darstellungen, die manche Betrachter als hübscher empfinden, kann man sich ein entsprechendes Schema für einen der zwei Custom-Bildmodi (am Modusrad anwählbar) erstellen, ohne die Einstellungen für die gesamte Kamera ändern zu müssen.

Das Rauschverhalten bei höheren ISO-Werten ist für eine Digicam ebenfalls sehr gut, Wunder darf man aber keine erwarten. Bis inklusive ISO 1600 sind die Resultate noch gut, bei ISO 3200 beginnen Details zu verschwinden und das Foto wirkt unscharf. Verkleinert sind die Bilder aber noch brauchbar. ISO 6400 und 12800 sind nur in Notfällen zu empfehlen.

Der automatische Weißabgleich liegt meistens richtig und auch der eingebaute Blitz liefert beim Aufhellen bei Porträts überraschend gute Resultate - das Motiv wird nicht überstrahlt und ist dennoch ausreichend hell. Für Gruppenporträts reicht der kleine Blitz aber nicht, hier kann man den Hot Shoe nutzen, um einen externen Blitz an die G1X anzustecken.

Die Videos im FullHD-Format sind Digicam-Standard. Hier scheint die Sensorgröße für keine besonders großen Verbesserungen zu sorgen. Die Fotos und Videos können per HDMI-Ausgang direkt am Flat-TV wiedergegeben werden.

Leistung und Makro-Mangel
Die G1X hat einen leichten Hang zur Überbelichtung. Dadurch sehen die Bilder zwar meistens relativ gut aus, entsprechen aber nicht immer der tatsächlichen Aufnahmesituation. Außerdem wird in der Folge in den Automatikmodi oft die Verschlusszeit länger. Trotz eingebautem Bildstabilisator kommt es deshalb manchmal zu verwackelten Aufnahmen, weil man einfach nicht damit rechnet, dass die G1X in der entsprechenden Situation so lange belichtet. Durch die manuelle Belichtungskorrektur per Wahlrad ist dieses Problem aber relativ einfach gelöst.

Ein Vorteil von Digicams gegenüber DSLRs ist, dass man für den Makro-Modus kein eigenes Objektiv braucht. Dieser Vorteil entfällt bei der G1X aufgrund ihrer Bauweise und Sensorgröße. Im Makromodus ist der minimal-mögliche Abstand um scharf zu stellen 20 cm. Aktuelle Smartphones kommen etwa bis zu 7 cm ans Motiv ran.

Die Tiefenschärfe/Unschärfe ist bei der G1X aufgrund des größeren Sensors besser – es ist einfacher, das Motiv vom Hintergrund abzuheben. Da das Objektiv im Zoombereich aber die Blende maximal bis 5,8 öffnet, sind die Resultate natürlich nicht ganz so gut, wie man es von einer DSLR oder Systemkamera mit entsprechendem Objektiv gewohnt ist.

Der Serienbildermodus in voller Auflösung schafft bis zu 4,5 Aufnahmen pro Sekunde. Allerdings ist nach sechs JPG-Bildern bereits Schluss. Serienaufnahmen mit kontinuierlichen Autofokus in voller Größe nimmt die G1X mit 0,7 Bildern pro Sekunde auf.

Der Akku hält für etwa 200 bis 250 Aufnahmen. Für eine Digicam ist das in Ordnung, im Vergleich zu einer aktuellen Systemkamera ist das jedoch nicht besonders hoch.

Fazit
Die G1X ist eine ausgezeichnete Digitalkamera. Die Kaufentscheidung wird einem dadurch aber nicht leichter gemacht. Denn mit 749 Euro ist sie teurer als die meisten anderen gehobenen Digicams und über dem Straßenpreis einer Canon 600D mit Kit-Objektiv, die eine ausgezeichnete Einsteiger-DSLR ist. Mit der 4-fach-Zoomoptik ist sie flexibler, als teure Digicams mit Fixbrennweiten, die ebenfalls eine ausgezeichnete Bildqualität bieten, aber deutlich eingeschränkter als eine DSLR oder Systemkamera. Zwar braucht man auch bei der DSLR ein separates Makro-Objektiv, aber Micro-Four-Third-Kameras von Olympus und Panasonic schaffen auch mit Kit-Objektiven gute Makroaufnahmen.

Der beste Kaufgrund für die G1X ist, um an Orten Fotos in DSLR-Qualität machen zu können, in denen eine DSLR zu auffällig, unangebracht oder unhandlich wäre. Natürlich könnte man auch eine Systemkamera eines anderen Herstellers für diesen Zweck nehmen, aber als eingefleischter Canon-Fotograf vertraut man seiner Lieblingsmarke.

Mehr zum Thema

  • Hands-On mit der Nikon D800 und D800E
  • Hands-On mit Fujifilms neuem Flaggschiff X-Pro1
  • Teure Nostalgie: Fujifilm X100 im Test
  • Nikon 1 V1 im Test: Missglücktes Erstlingswerk

Modell:
Canon Powershot G1X
Sensor:
14,3MP CMOS-Sensor (18,7mmx14,0mm)
Videoaufnahme:
FullHD 24p
Serienaufnahme:
Bis zu 4,5 Bilder/s
Objektiv:
4x optischer Zoom (28–112 mm  Kleinbildäquivalent), Lichtstärke 1:2,8–5,8
ISO-Bereich:
100 bis 12800
Abmessungen:
116,7 × 80,5 × 64,7 mm, 534 Gramm
Preis:
749 Euro UVP

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

mehr lesen
Gregor Gruber

Kommentare