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Smartphone

Das neue HTC One im Kurztest: Abgerundetes Flaggschiff

Der taiwanische Smartphone-Hersteller HTC hat bereits bessere Zeiten gesehen. Einst der erste Partner in Googles Nexus-Programm und stets in den Top 3 des Smartphone-Marktes vertreten, hat es nun mit finanziellen Problemen und starker Konkurrenz aus Südkorea und China kämpfen. 2013 gab HTC mit dem One aber ein starkes Lebenszeichen von sich. Das HTC-Flaggschiff wurde von Fachmedien als eines der besten Smartphones des letzten Jahres bezeichnet.

Trotz respektabler Verkaufszahlen konnte es aber in puncto Erfolg dennoch nicht mit den Platzhirschen Apple und Samsung mithalten. 2014 startet HTC mit seiner bereits achten Generation an Smartphones einen neuen Anlauf. Statt, wie in den Jahren davor, das Modell komplett zu überarbeiten, folgt HTC dem Beispiel der Konkurrenz und setzt auf bewährtes. Die futurezone hatte Gelegenheit, das neue HTC One anzutesten.

Optisch hat sich beim M8 (so lautet die Modellbezeichnung des neuen One) nicht sehr viel verändert. Der Bildschirm ist von 4,7 auf 5 Zoll gewachsen und daher ist es nun mit 146,4 Millimetern etwas länger (137,4 mm beim Vorgänger). Die Breite ist mit 70,6 Millimetern nahezu ident (68,2 mm beim Vorgänger), auch die Dicke (9,35 mm) hat sich kaum verändert. Wie bereits sehr frühen Leaks zu entnehmen war, hat das M8 keine physischen Soft-Keys mehr. Diese werden nun auf dem Bildschirm angezeigt, was die tatsächlich nutzbare Display-Fläche etwas einschränkt. Kurios ist jedoch, dass HTC jene Leiste, auf der die physischen Soft-Keys untergebracht waren, beim M8 beibehalten hat. Die Leiste ist genauso groß wie beim Vorgänger und nimmt so gut zehn Millimeter unbenötigte Fläche ein, die lediglich vom HTC-Logo verziert wird.

Kein Kleber mehr

Das One ist ohnedies aufgrund der BoomSound-Frontlautsprecher bereits sehr lang, daher ist es fast schon unverständlich, wie HTC so viel neuen „toten Raum“ schaffen konnte. Zumindest die Abstände links und rechts vom Display zur Gehäusekante wurde verringert. Apropos Gehäuse: HTC setzt im Gegensatz zum Vorgänger dieses Mal auf eine echte Unibody-Lösung. Wurde beim M7 noch sehr viel geklebt, ist das Aluminium-Gehäuse des M8 nun aus einem Guss, die Front wird mitsamt der Hardware in diese Schale eingesetzt. Das spürt man auch, wenn man das M8 in der Hand hält. Vor allem an der Seite schmiegt es sich deutlich besser in die Handfläche. Das liegt unter anderem auch daran, dass HTC die Fasen stark abgerundet hat. Den Ecken wurden zudem deutlich größere Radien verpasst. Optisch mag das Geschmackssache sein, doch die Haptik wurde damit definitiv verbessert.

Ungewöhnlich ist auch die Oberfläche des Gehäuses. Beim M7 war diese dank einer Oberflächenbeschichtung noch relativ rau, das M8 ist hingegen glatt. Das dürfte wohl im Zusammenhang mit Abnutzungsproblemen beim Vorgänger stehen. Vor allem bei den schwarzen und bunten Modellen löste sich die Oberflächenbeschichtung nach einigen Monaten durch Reibung, beispielsweise in der Hosentasche. Dadurch verliert es zwar etwas das Gefühl, dass man einen „Metall-Block“ in der Hand hält, doch die gebürstete Rückseite gleicht diesen Verlust wieder etwas aus. Das Gewicht hat mit 160 Gramm etwas zugelegt, HTC argumentiert jedoch damit, dass nun auch ein größerer Akku (2600 statt 2300 mAh) zum Einsatz kommt.

Dauerläufer

Dieser soll bis zu 20 Stunden Sprechzeit sowie 496 Stunden Standby-Zeit ermöglichen. HTC hat dem One zudem nun einen “Extrem-Stromsparmodus” verpasst, der den Energie-Verbrauch in Notfällen auf ein Minimum reduziert. Dabei werden sämtliche Datenfunktionen sowie nicht benötigte System-Apps deaktiviert, lediglich die Telefon-Funktion, SMS, der Kalender sowie ein Taschenrechner sind verfügbar. Der E-Mail-Client ist ebenfalls über den reduzierten Launcher erreichbar, allerdings werden Mails nur auf Wunsch des Benutzers abgerufen, wozu kurzfristig Datendienste aktiviert werden. Laut HTC können so aus fünf Prozent Akkuladung noch 15 Stunden Standby-Zeit herausgeholt werden. Wie lange Sprachtelefonie in diesem Modus möglich ist, gab HTC nicht bekannt.

Zudem soll ein Quickcharge-Modus das schnelle Laden mit dem offiziellen Ladegerät ermöglichen. So soll das One von “fast leer” in einer Stunde auf “fast voll” geladen werden. Der Akku selbst bleibt aber weiterhin nicht tauschbar. Kleine Ursache, große Wirkung: HTC hat dem One (endlich) einen microSD-Kartenslot spendiert. So lässt sich der Speicher kostengünstig erweitern, das One unterstützt microSD-Karten mit bis zu 128 Gigabyte Speicher. Das dürfte auch notwendig sein, denn bei der 16 GB-Version sind lediglich zehn Gigabyte tatsächlich vom Nutzer verwendbar. Bei der 32 Gigabyte-Variante stehen laut HTC 24 Gigabyte zur Verfügung.

Die Lautstärkewippe ist weiterhin rechts zu finden, an der Oberseite wurde jedoch etwas umgebaut. Der Power-Button sitzt jetzt rechts statt links, zudem wurde der Kopfhörer-Anschluss an die Unterseite, neben den microUSB-Anschluss, verlegt. Die wohl optisch auffälligste Neuerung ist jedoch die neue “Duo Camera” auf der Rückseite. Dort sitzen nun zwei Kameras statt einer. Die “große Kamera” ist im Vergleich zum Vorgänger nahezu unverändert, weiterhin kommt die UltraPixel-Technologie zum Einsatz, die dank einer Pixelgröße von 2 µm mehr Licht einfangen soll. Die maximale Auflösung ist mit vier Megapixeln jedoch vergleichsweise mager. Die zweite Kamera, deren Linse etwas kleiner ist, befindet sich direkt über der Hauptkamera. Diese löst mit zwei Megapixeln auf und nimmt laut HTC lediglich die Tiefeninformation auf.

Kein 4K

So lässt sich, ähnlich wie bei der Lichtfeldkamera Lytro oder in Nokias App Refocus, nachträglich der Fokus auf dem Bild verändern. Die dafür benötigten Informationen werden im JPEG selbst gespeichert, laut HTC soll die Datei so 30 bis 40 Prozent größer als normal sein. Die Funktion lässt sich jedoch auf Wunsch auch deaktivieren. Im Kurztest produzierte die Ufocus-Funktion aber gewöhnungsbedürftige Ergebnisse. Der Fokus wurde zwar verändert, allerdings wird alles andere, das sich nicht auf exakt der selben Ebene wie das fokussierte Objekt befindet, mit einem Weichzeichner-Effekt versehen.

Die Tiefeninformationen werden auch für Fotomanipulationen genutzt. So kann beispielsweise eine Person einfach freigestellt und auf ein anderes Bild kopiert werden. Zudem können vorgefertigte Elemente, beispielsweise Engelsflügel, auf Personen gesetzt werden. Mit Hilfe der Tiefeninformationen lassen sich auch “3D-Bilder” erzeugen, bei denen sich durch Kippen die Perspektive leicht ändern lässt.
Laut HTC sei es theoretisch auch möglich, dass andere Apps die Tiefeninformationen auslesen. Der Hersteller konnte zum Test allerdings noch nicht sagen, ob es ein SDK für die Duo Camera geben wird. Bei der Videoaufnahme ist man auf 1080p beschränkt. Der Prozessor würde zwar Aufnahme in 4K-Auflösung (3840 mal 2160 Pixel) unterstützen, allerdings ist die Auflösung der Kamera selbst zu niedrig. Diese liegt lediglich bei vier Megapixeln, was 2688 mal 1520 Pixeln entspricht.

Clevere Gesten

Das One will mit Hilfe der eingebauten Sensoren zudem einige Gesten unterstützen. Wird das Smartphone von einer liegenden Position aufgenommen und anschließend im Querformat gehalten, wird per Druck auf die Lautstärkewippe automatisch die Kamera gestartet. Diese lässt sich nun auch als Auslöser nutzen. Wie LGs und Nokias Smartphones unterstützt das Display nun auch die “Knock On”-Funktion, bei der das Smartphone durch doppeltes Antippen aufgeweckt werden kann. Zusätzlich dazu lassen sich durch Wischgesten auch bei ausgeschaltetem Bildschirm einige Apps starten.

So wird beim Wischen nach oben automatisch der Bildschirm entsperrt und der Benutzer landet auf dem Homescreen. Die Gesten können zudem frei belegt werden, beispielsweise kann durch Rechtswischen eine bestimmte App gestartet werden. Um zu verhindern, dass eine der Gesten versehentlich in der Hosentasche ausgelöst wird, werden diese erst nach dem Hochheben des Smartphones erfasst. Da diese Gesten über einen eigenen Chip verarbeitet werden, soll sich der Akkuverbrauch der Funktion in Grenzen halten.

Solides Gesamtpaket

Beim Bildschirm setzt HTC weiterhin auf die Super LCD-Technologie. Der Bildschirm misst nun jedoch fünf Zoll, die Auflösung von 1920 mal 1080 Bildpunkten ist dabei erhalten geblieben. HTC hat jedoch die Helligkeit des Bildschirms deutlich verbessert. Ansonsten hat sich nichts verändert, die Winkelabhängigkeit des Bildschirms ist gut, auch aus steilen Winkeln verändern sich Farbe und Helligkeit des Bildschirms kaum.

HTCs Android-Oberfläche Sense wird beim neuen One mit der Versionsnummer 6 ausgeliefert. Diese liefert eher kleinere Verbesserungen, beispielsweise Endless-Scrolling für den Blinkfeed sowie optische Anpassungen. Die Foto-Funktion Zoe wird künftig als eigene App angeboten und zu einer Plattform ausgebaut, die auch auf anderen Smartphones genutzt werden kann. Um beim Fitnesswahn für Smartphones etwas mitzuhalten, liefert HTC kurzerhand die kostenlose FitBit-App mit, die unter anderem als Schrittzähler und Ernährungsberater dienen kann.

An Zubehör hat HTC bislang nur das kuriose Dot-Matrix-Flipcover angekündigt. Dieses eher simple Kunststoff-Cover versucht eine recht kuriose Alternative zu Flipcovers mit Sichtfenster zu bieten. Der Deckel ist mit Löchern versehen. Wird der Bildschirm nun per Knock On aufgeweckt, wird über diese Löcher die Uhrzeit sowie das Wetter-Widget im Retro-Stil angezeigt. Laut HTC können über das Flipcover auch Anrufe getätigt werden. Das Dot-Matrix-Flipcover soll zum Start für 39 Euro (UVP) erhältlich sein, vorerst nur in Grau.

In Zeiten der Krise setzt HTC auf Bewährtes statt wie einige andere Mitbewerber verzweifelt nach Innovation zu suchen. Dieser Konservativismus mag auf den ersten Blick langweilig sein, HTC hat aber an den richtigen Stellen angesetzt. So wurde der Akku des One nochmals vergrößert und dank einiger Software-Tricks zum Dauerläufer umfunktioniert. Zudem hat es endlich einen microSD-Kartenslot spendiert bekommen, sodass der Speicher kostengünstig erweitert werden kann. Ein überarbeitetes Design, die neue Sense-Oberfläche in der Versionsnummer 6 und flotte Hardware runden das Gesamtpaket ab. Die Kamera sorgt aber, auch mit 3D-Gimmick, weiterhin für Diskussionsstoff. Die Qualität, vor allem unter schwachen Lichtbedingungen, ist nach wie vor sehr gut, doch vier Megapixel sind im Jahr 2014 einfach zu wenig. Zu viel Detail geht hier verloren, vor allem bei Landschaftsaufnahmen.

Mit Ausnahme dieses kleinen Makels hat das M8 den Ersteindruck eines würdigen HTC One-Nachfolgers hinterlassen, der - zumindest in technischer Hinsicht - den Kampf mit Samsungs Galaxy S5 aufnehmen kann. Das neue HTC One soll weltweit ab dem 4. April für 679 Euro (UVP, 16 GB) in zwei Farben (gun metal grey/ glacier silver) sowie später in Gold erhältlich sein.

Modell:
HTC One (2014)
Display:
5 Zoll Super LCD - 1920 x 1080 Pixel (16:9, 440 ppi)
Prozessor:
2,3 GHz Quadcore (Qualcomm Snapdragon 801)
RAM:
2 Gigabyte
Speicher:
16 oder 32 GB intern, microSD-Kartenslot
Betriebssystem:
Android 4.4.2
Anschlüsse/Extras:
LTE (Cat4, bis zu 150 Mbit/s), microUSB, Bluetooth 4.0, WLAN (a/b/g/n/ac)
Akku:
2.600 mAh
Kamera:
4 Megapixel (Rückkamera, Ultrapixel), 5 Megapixel (Frontkamera, Weitwinkelobjektiv)
Videos:
Aufnahme in 1080p möglich
Maße:
146,4 x 70,6 x 9,35 mm, 160 Gramm
Preis:
679 Euro UVP (16 GB)

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Michael Leitner

derfleck

Liebt Technik, die Möglichkeiten für mehr bietet - von Android bis zur Z-Achse des 3D-Druckers. Begeistert sich aber auch für Windows Phone, iOS, BlackBerry und Co. Immer auf der Suche nach "the next big thing". Lieblingsthemen: 3D-Druck, Programmieren, Smartphones, Tablets, Open Hardware, Videospiele

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