Notebooks mit stark kippbarem Display
Notebooks mit stark kippbarem Display
© Benjamin Sterbenz

IFA 2013

Dünn, flexibel, gute Akkus: Neue Notebook-Generation rockt

Der Start von Windows 8 brachte vor einem Jahr viele neue Gerätetypen bei Notebooks. Die Bandbreite reichte von abnehmbaren Displays über Lösungen mit unterschiedlich klappbarem Bildschirm bis hin zu Modellen mit 360 Grad drehbaren Deckeln. Allen Ansätzen war gemein, dass sie die Welt von Computer und Tablet einfach und intelligent verbinden wollten. Die Logik dahinter war am Papier einleuchtend: Anstatt zwei Geräte mitzutragen, nimmt man eines, das beides kann. In der Praxis erwies sich das Konzept jedoch als alltagsuntauglich. Die Alles-in-Einem-Notebooks waren als Tablet schlicht zu schwer.

Schwieriger Markt

Wohl auch wegen der unklaren Positionierung der Geräte brachen die Notebook-Verkäufe im zweiten Quartal in Europa um ein Viertel ein. Leute wollten laut Analyse von Gartner und IDC vor allem mobile Geräte, mit denen man unterwegs lange im Netz unterwegs sein kann. Dieses Versprechen konnten die Hybrid-Lösung nicht einhalten. Denn ein weiteres Manko der letztjährigen Modelle war die Laufzeit. Wer Windows 8 in vollem Umfang nutzen wollte, kam über fünf Stunden Akkulaufzeit kaum hinaus.

Zumindest letzteres Manko wurde, passend zum Start von Windows 8.1., behoben. Auf der diesjährigen IFA präsentieren alle Hersteller neue Modelle, die auf Intels Haswell-Prozessor setzen. Dieser löst jene Versprechen ein, die vor Jahren ausgesprochen wurden. Mit der neuen Generation kann nun erstmals ein Arbeitstag mit einer Akkuladung überstanden werden – womit die Notebooks mit den Tablets gleichziehen.

Ausgefeiltere Modelle

Überhaupt wirken die auf der IFA präsentierten Notebooks insgesamt durchdachter als die Exemplare des vergangenen Jahres. Ausgefallene Experimente sind kaum noch auszumachen, die Ratlosigkeit der Version 1.0 ist vorbei. Hersteller Acer hat beim Topmodell S7 beispielsweise nur wenige Änderungen vorgenommen und dabei vor allem die Anregungen der Nutzer miteinbezogen. So sieht das extrem dünne Ultrabook zwar nahezu gleich aus wie das Vorjahrsmodell, die damals beanstandeten Fehler wurden allerdings behoben.

Deutlich mehr Auflösung

Galt Apples MacBook Air lange Zeit als optimales Leicht-Notebook für unterwegs, könnte mit Haswell nun die Wende für Windows-Laptops kommen. Hersteller präsentieren auf der IFA Geräte, die es in Sachen Laufzeit, Ausstattung und Gewicht mit dem Air aufnehmen können. In Ausstattungspunkten, wie etwa der Displayauflösungen, bieten sie sogar deutlich bessere Werte. So sind die Top-Modelle von Acer oder Asus mit FullHD-Screens ausgestattet, während das Air noch bei 720p rangiert. Samsung stellt mit dem ATIV Book 9 Plus und Lenovo mit dem Yoga 2 Pro sogar ein Notebook mit 3200x1800 Pixel vor, nochmals mehr als etwa Toshibas Kira, das bei 2560x1440 hält, oder Sonys neues Fit 15, das 2880x1620 Pixel misst. Wer mit solch einem Gerät liebäugelt, sollte jedoch bedenken, dass ein Mehr bei den Pixeln sich negativ auf die Akkulaufzeit auswirkt.

Glänzende Displays dominieren

Ein weiterer Wertmutstropfen, der auf der IFA offensichtlich wird: Um das Label „Ultrabook“ tragen zu dürfen, müssen Notebooks verpflichtend ein Touch-Display verbaut haben. Dieses ist aktuell nur in einer glänzenden Ausführung zu haben. Matte, hochauflösende Displays gibt es bei Ultrabooks – obwohl sie ja eigentlich für den Einsatz unterwegs konzipiert sind – nicht. Aufpassen muss man hier insbesondere, da Hersteller mit Bezeichnungen tricksen. Non-glare heißt matt. Anti-glare, das gerade in Mode ist, meint hingegen nur, dass es weniger spiegelt sollte. Wirklich matte Displays sind daher in Modellen zu finden, die etwa als Slim- oder Sleekbook oder schlicht als Business-Modelle angepriesen werden, um so den Ultrabook-Vorgaben zu entkommen. Lenovo hat beispielsweise neue Thinkpads vorgestellt, die Haswell, hohe Auflösung und mattes Display verbinden.

Kippen für mehr Blickwinkel

Was auf der IFA weiters auffällt, ist, dass Hersteller bei Displays wieder stark auf Flexibilität setzen. PC-Marktführer Lenovo und dessen Tochter Medion setzen beispielsweise weiter auf die um 360 Grad umlegbaren Display-Deckel. Der Vorteil hierbei: Es entsteht kaum ein Mehrgewicht, da im Gegensatz zu anderen Bauweisen keine zusätzlichen mechanischen Teile notwendig sind. Zudem sind die so gebauten Ultrabooks schlank und machen auch als Tablet eine halbwegs gut Figur.

Ist Flexibilität beim Display gefragt, gibt es einen zweiten Weg, der sich zu etablieren scheint. Hersteller wie Sony oder Acer setzen verstärkt auf sogenannte Silder-Notebooks. Bei dieser Ausführung wird die Tastatur unter den Bildschirm geschoben, um daraus ein Tablet zu machen. Im Notebook-Modus wird sie wieder hervorgeholt. Unterschiede gibt es bei den Herstellern in der Art der Ausführung: Bei gewissen Modellen sind die „Notebook“-Stellung und somit der Bildschirmwinkel fix vorgeben. Dies kann gerade in engen Räumen, etwa im Flugzeug, zu Problemen führen, da man nicht beliebig nachjustieren kann.

Gut ausgestattet

Zu beobachten ist auf der IFA auch, dass die Größe der verbauten Speicher kontinuierlich wächst. Der Aufpreis von einer 128 GB SSD auf eine 256 GB SDD reißt nicht mehr ein riesiges Loch in die Geldbörse. Hersteller schließen die Speicher auch vermehrt über PCIExpress anstatt über Serial ATA an, was schnellere Zugriffsraten verspricht. Negativ ist hingegen anzumerken, dass gerade im dünnen Highend-Bereich der Arbeitsspeicher oft direkt aufs Board gelötet ist und ein nachträgliches Auf- oder Umrüsten nicht vorgesehen ist. Auch bei den Anschlüssen gibt man sich sparsam, der Verzicht auf einen Ethernet-Port ist im PC-Bereich keine Ausnahme mehr.

Blick in die Zukunft

Mit der neuesten Notebook-Generation kann man insgesamt durchaus zufrieden sein. Was Kritiker vielleicht als Innovationsmangel mokieren, ist heuer schlicht als kluge Verfeinerung zu verbuchen. Formfaktoren, Akkulaufzeit und Display-Auflösung sind gerade im Highend-Segment top. Aufpassen muss man lediglich bei den günstigeren Ausführungen, wo immer noch an niedrigen Auflösungen festgehalten wird. Und selbst für jene, denen heuer zu wenig Fortschritt passiert, hat Intel auf der Messe ein paar Lösungen parat. So werden in den kommenden Notebook-Generationen natürliche Eingabemethoden besser integriert. Sprach- und Gestensteuerung ist das nächste Ausstattungsmerkmal auf der Agenda. Gezeigt wurde eine 3D-Kamera, die den Nutzer und seine Gewohnheiten besser analysieren kann, um ihm die Bedienung zu erleichtern. Sie soll verpflichtend in den nächsten Ultrabooks verbaut werden.

Des Weiteren gibt es neue Haswell-Ausführungen, die theoretisch auch ohne Lüfter auskommen – was in den kommenden Jahren zu noch dünneren Notebooks und einer weiteren Verschmelzung mit Tablets führen könnte. Nach der IFA kommt schließlich noch der für Tablets vorgesehene BayTrail-Chip, der viel Leistung bei langer Akkulaufzeit ermöglichen soll.

Vielversprechende Notebooks

Aber selbst ohne diese Spielereien und kommenden Prozessoren und Chips, bleibt die Bilanz beim Rundgang durch die IFA-Hallen eindeutig: Die neuen Ultrabooks in Kombination mit Windows 8.1 sind leistungsstarke, attraktive Maschinen. Der zwanghafte Versuch von Intel und Microsoft Touch zu integrieren stößt zwar etwas sauer auf, dadurch, dass nach und nach auch matte Alternativen auf den Markt kommen, findet aber wohl jeder eine passende Lösung. Ob die flexiblen Notebooks und Slider allerdings den prognostizierten Rückgang bei PC-Verkäufen aufhalten können, ist in Anbetracht der Konjunkturlage und Sparsamkeit der Konsumenten fraglich. Auch sprechen Marktforscher bereits von Stagnation und Marktsättigung bei Tablets.

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Benjamin Sterbenz

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