Dragovits (Uniqa, l.) und Trautsch (Dolphin Technologies, r.) tüfteln gemeinsam an Konzepten für künftige Telematik-Tarife.
Dragovits (Uniqa, l.) und Trautsch (Dolphin Technologies, r.) tüfteln gemeinsam an Konzepten für künftige Telematik-Tarife.
© Uniqa

Telematik-Tarife

Fahrverhalten überwachen für eine günstigere Versicherung

Einen Versicherungstarif, der nach Fahrverhalten berechnet wird: Dieses Szenario könnte in Österreich bald Realität werden. Der österreichische Versicherungsdienstleister Uniqa ist – aus technischer Sicht – bereits dafür gerüstet. „Wir sind vorbereitet und könnten in Zukunft per Mausklick einen echten Telematik-Tarif anbieten“, erklärt Robert Wasner, Sachversicherungsvorstand der Uniqa, am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Wien.

Noch keine Nachfrage

„Der Markt ist aber noch nicht soweit“, erklärt Alois Dragovits, Leiter der Versicherungstechnik für den Kfz-Bereich, im Gespräch mit der futurezone. „Das ist ähnlich wie bei Internet-Versicherungen. Diese werden in Österreich noch nicht großartig angenommen, auch wenn sich viele Leute bereits über Versicherungen im Internet informieren. Es werden aber immer mehr und es wächst eine Generation heran, die zu solchen Dingen bereits eine große Affinität hat“, sagt Dragovits.

Derzeit gebe es von Seiten der Kunden noch keine große Nachfrage nach Tarifen, die vom Fahrverhalten abhängig seien, so Dragovits. Rund 20 Prozent stehen Telematik-Tarifen laut Uniqa-Umfrage positiv gegenüber. Über einen „echten“ Telematik-Tarif traut sich der Versicherungsdienstleister derzeit aufgrund dieser Zahlen noch nicht drüber.

Öffi-Ticket bei Glatteis

Doch die Konzepte dafür hat die Versicherung, die hier stark mit dem Unternehmen Dolphin Technologies zusammenarbeitet, schon in der Pipeline. Das Unternehmen hat bereits „Milliarden von gefahrenen Kilometern analysiert“ und berechnet, welches Fahrverhalten zu einer höheren Unfallquote führt, wie Harald Trautsch, Gründer und CEO von Dolphin Technologies, im Gespräch mit der futurezone erzählt. „Gewisse Parameter wie Müdigkeit des Fahrers lassen sich damit allerdings nicht messen“, so Trautsch. Deshalb sei derzeit als nächster Schritt eher angedacht, den Kunden via App bestimmte Empfehlungen abzugeben.

„Wenn draußen Glatteis herrscht, könnte man den Kunden mittels App mitteilen, dass sie das Auto besser stehen lassen und ihnen einen Gratis-Parkschein zur Verfügung stellen“, erklärt Trautsch als Beispiel für zukünftige Szenarien. „Oder aber ein Fahrer, der bereits seit zwei Stunden durchgängig mit dem Auto unterwegs ist, bekommt einen Gratis-Kaffee angeboten, wenn er an der nächsten Raststation eine Pause einlegt“, meint Trautsch. „Die Technik ist fertig. Sie müsste nur noch eingesetzt werden“, sagt der Telematik-Experte.

Pay as you drive

Die Uniqa, die seit 2007 einen „Pay as you drive“-Tarif anbietet, wird ab Anfang Mai allen Kunden, die diesen Tarif nutzen, eine eigene App zur Verfügung stellen, über die Notfälle auch außerhalb des Fahrzeugs gemeldet werden können. Weitere Services, wie etwa eine Glatteis-Warnung mit gleichzeitigem Gratis-Kaffee, seien derzeit noch nicht in Planung. „Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass es in einem halben Jahr bereits soweit ist“, ergänzt Dragovits von der Uniqa.

Beim „Pay as you drive“-Tarif handelt es sich laut Dragovits um einen Telematik-Tarif „light“. Dabei werden die gefahrenen Kilometer aufgezeichnet und nicht das Einzelverhalten des Kunden. „Wir haben als Unternehmen nur einen sehr beschränkten Zugriff auf die für uns relevanten Daten“, so Dragovits. Das System sei von der Datenschutzbehörde genau geprüft und genehmigt worden.

GPS-Box und App

„SafeLine“-Kunden der Uniqa, die eine geringe Jahreskilometerleistung zurücklegen, kommt ein Bonus zugute: Der „SafeLiner“, eine GPS-Box, die im Auto montiert wird, zeichnet die gefahrenen Kilometer pro Region auf und belohnt Wenigfahrer. Rund zehn Prozent der Kfz-Kunden der Uniqa nutzen den Tarif bereits, insgesamt haben rund 50.000 aktive Personen diese Box bereits installiert. Zudem gibt es einen Notfallknopf, den Kunden im Ernstfall betätigen können und bei der Einsatzzentrale auf diese Art und Weise Unfälle melden können.

Wer weniger als 5.000 Kilometer jährlich fährt, kann bis zu 25 Prozent an Prämie sparen. Wer unter 10.000 Kilometer im Jahr zurücklegt, spart zehn Prozent, bei 15.000 Kilometer pro Jahr sind es fünf Prozent Ersparnis. Autobahn-Kilometer werden dabei nur mit 80 Prozent bewertet, da sie als „umweltschonender“ eingeordnet werden. Laut Dragovits fahren etwa 35 Prozent aller Kunden, die den „SafeLiner“ im Auto haben, unter 10.000 Kilometer. Seit Oktober 2014 sei die Installation der GPS-Box im Auto stark vereinfacht worden und der Notfallknopf kommuniziert nun per Funk mit dem System.

eCall als Einstieg

Ab Mai soll nun auch die App dazu kommen. Mit dieser App soll neben dem finanziellen Anreiz, dem Sparen bei der Versicherungsprämie, auch ein Mehrwert gegenüber dem sogenannten „eCall“ geschaffen werden, der in Europa 2018 verpflichtend eingeführt wird.

Ab 2018 (der ursprüngliche Plan sah Oktober 2015 vor) soll jedes neue Auto in Europa mit einem automatischen Notruf ausgerüstet werden. Das eCall-System soll automatisch die Rettung verständigen, wenn sich in einem Pkw der Airbag aufbläst. Die Uniqa sieht dadurch ihren „Pay as you drive“-Versicherungstarif, der derzeit vor allem wegen seiner Notruffunktion beliebt ist, allerdings nicht in Gefahr. „Bis das alle Autos, die auf den Straßen unterwegs sind, betrifft, vergehen rund 12 Jahre“, erklärt Dragovits.

Platz für Innovationen

Laut Trautsch sei außerdem noch reichlich Platz für „Innovationen“ für die Telematik-Branche. Denn der Sicherheitsaspekt, der sowohl bei der derzeitigen „SafeLiner“-Versicherung sowie beim eCall, präsent ist, ist nur der Einstieg in weitere Telematik-Tarife, wie Tarife, die das Fahrverhalten berücksichtigen. Dass es künftig nur noch solche Tarife geben könnte, glaubt Dragovits allerdings nicht. „Da sehe ich keine Gefahr. Ich sehe das Sichtbarmachen dieser Daten als zusätzliches Angebot für ein bestimmtes Klientel, das daraus Vorteile generieren möchte. Überwachen tun wir unsere Kunden damit bestimmt nicht.“

Der KFZ-Bereich ist auch nicht der einzige Bereich, bei dem Kundedaten für günstigere Tarife herangezogen werden sollen. Auch Smartwatches, Fitnessarmbänder und sogenannte Aktivitätstracker, mit denen zurückgelegte Schritte, Aktivitäts- und Schlafphasen aufgezeichnet sowie Herzfrequenzen oder Blutdruckwerte erhoben und verglichen, werden, sind für Versicherungen zunehmend interessant.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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