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kraftwerk

Feuerzeug-Gas lädt Smartphones auf

Der deutsche Unternehmer und Erfinder Sascha Kühn hat mit “kraftwerk” eine Brennstoffzelle konzipiert, die mit Propan oder Butan, also auch mit herkömmlichem Feuerzeuggas, betrieben werden kann. Pro Tankfüllung liefert die Zelle Strom für mehrere Smartphone-Akkuladungen. Das System, das von den 25 Mitarbeitern von Kühns eZelleron GmbH seit 2008 in Dresden entwickelt wird, wandelt auf chemischem Weg Gas direkt in elektrischen Strom um.

Das gesamte Gerät ist lediglich so groß wie eine Zigarettenschachtel und wiegt in vollem Zustand etwa 200 Gramm. Aktiviert wird kraftwerk durch das Anschließen eines aufladbaren Geräts über USB. Das Nachfüllen vonTreibstoff funktioniert über herkömmliche Feuerzeuggaskartuschen. Derzeit existieren lediglich Prototypen von kraftwerk, die Serienproduktion wird über eine kickstarter-Kampagne finanziert, die schon mehr als eine Million Dollar einsammeln konnte. Große Smartphone-Produzenten wie Apple haben ebenfalls bereits ihr Interesse bekundet. Die futurezone hat Kühn interviewt:

futurezone:Wie lange haben Sie an der Entwicklung von kraftwerk gearbeitet?
Sascha Kühn: Mir kam die Idee zu der neuen Technologie auf einer Reise, als ein Mitreisender für sein Handy Energie und für sein Feuerzeug neues Gas benötigte. Es war schwer, eine Steckdose zum Laden des Telefons zu finden, Nachfüllkartuschen für Feuerzeuge gab es aber überall. Seit der Gründung der eZelleron GmbH im Jahre 2008 wird an der Entwicklung emissionsarmer Energiequellen zur mobilen Stromversorgung gearbeitet.

Ist es denkbar Akkus in Elektronikgeräten ganz zu ersetzen statt nur zu laden?
Das ist mittelfristig unser Ziel. Immerhin hat kraftwerk diverse Vorteile gegenüber herkömmlichen Akkus. Es ist leichter, kann schneller aufgeladen werden und ist vollkommen unabhängig vom Stromnetz. Große Technologieunternehmen wie Apple und Samsung haben deshalb auch bereits Interesse an unserer Erfindung gezeigt. In Zukunft sind weitere Miniaturisierungsschritte angedacht.

Welche anderen Anwendungen sind für die Technologie angedacht?
Der Bedarf an vom Stromnetz unabhängigen Ladelösungen ist weltweit sehr groß. Nicht nur Einzelpersonen, sondern auch große Auto- und Technologieunternehmen haben bereits Interesse an unserer Erfindung gezeigt. Mit dem „kraftwerk“ können derzeit alle Geräte, die einen USB-Anschluss besitzen, aufgeladen werden. Es wird aber bereits an größeren Kraftwerken geforscht. Solche Geräte könnten beispielsweise herkömmliche Stromgeneratoren in Häusern ersetzen. Der erste Prototyp, der ein Auto antreibt, ist für 2017 geplant.

Wie weit ist die kraftwerk-Serienproduktion schon gediehen?
Serienproduktion und Lieferketten werden mit dem Geld aus der kickstarter-Kampagne aufgebaut werden. Unterstützer werden vergünstigte Geräte bekommen und ab Dezember bevorzugt beliefert. Der Verkaufsstart in Geschäften wird frühestens sechs Monate später starten.

Was kostet ein kraftwerk?
Interessenten können kraftwerk bis zum 6. März vorab im Rahmen unserer Crowdfunding-Kampagne bestellen. Der Preis liegt zwischen 79 und 99 Dollar inklusive Versand. Im Handel soll das Gerät ab 2016 ab 149 Dollar erhältlich sein.

Welche Kapazität hat das Gerät mit einer Tankfüllung?
Mit einer vollen Gasladung, das sind 40 Gramm beziehungsweise 60 Milliliter, kann Strom für etwa elf iPhone-Ladungen erzeugt werden. Das entspricht einem Akkupack mit 20.000 Milliampere-Stunden. Das Nachladen von Gas dauert zudem nur wenige Sekunden. Feuerzeug- oder Campinggas-Nachfüllkartuschen und Flüssiggas gibt es auf der ganzen Welt, ob im Mount-Everest-Basislager oder in der Innenstadt von New York.

Wie wird die Sicherheit gewährleistet?
Dafür gibt es zahlreiche Vorschriften, die einzuhalten sind. Natürlich gibt es Sicherheitssensorik für Selbstabschaltung. Am Ende ist es ein geprüftes Produkt, wir streben eine Zulassung der US-Luftfahrtbehörde FAA an. Damit ist die Mitnahme in die Flugzeugkabine möglich.

Wird die Zelle warm?
Eine Wärmeentwicklung merkt man kaum. Erst bei sehr, sehr langem Betrieb ist eine spürbare Wärmeentwicklung zu verzeichnen, vergleichbar mit einem Laptop oder einem Smartphone. Deshalb können Sie das kraftwerk ganz bedenkenlos im Rucksack oder in der Hosentasche betreiben.

Was entsteht als Abfallprodukt?
Das kraftwerk wandelt Flüssiggas auf chemischem Wege in Strom um. Bei dieser Umwandlung entsteht etwas Wasserdampf und CO2. Es ist weniger CO2 und Wasserdampf als eine Person ausatmet, also praktisch nicht spürbar.

Wie hoch ist der Wirkungsgrad?
Die Brennstoffzelle an sich hat einen Wirkungsgrad von 85 Prozent, aber die Reformierung der Kohlenwasserstoffe, Elektronik und Lüfter reduzieren diesen Wert stark, vor allem bei einem so kleinen Gerät. Dennoch ist der Wirkungsgrad bei Betrachtung der Gesamtsysteme höher als beim Laden an der Steckdose. Die Effizienz wird für größere Leistungsklassen deutlich besser.

Brennstoffzellen verarbeiten Wasserstoff oder Methan. Welche Verluste gibt es durch den nötigen Schritt des Aufspaltens von Propan oder Butan bei kraftwerk?
Beim Herunterbrechen der langen Kohlenwasserstoffketten zu Wasserstoff und Methan werden etwa 60% Wirkungsgrad erreicht.

Wie teuer ist die Energie im Vergleich zum Strom aus der Steckdose?
Das hängt davon ab, wo man das Gas kauft. Für Österreich sind die Kosten für das Aufladen eines iPhones bei Kauf des Gases an einer Flüssiggas-Tankstelle mit 0,4 Cent etwa so hoch wie beim Laden über das Stromnetz. Bei Verwendung von Feuerzeuggaskartuschen sind sie höher. Wenn wir einen so genannten Powernutzer, mit etwa 500 Ladungen pro Jahr, als Basis nehmen, so hat er einen monatlichen Kostenaufwand von 0,20 bis 2,00 Euro. Dieser Betrag spielt im Vergleich zu den Kosten eines Smartphones oder eines Mobilfunkvertrages keine Rolle.

Zur Person:
Dr. Sascha Kühn ist 41 Jahre alt. Er studierte Werkstoffwissenschaften an der Universität des Saarlandes. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter fertigte er seine Diplomarbeit beim Fraunhofer-Institut für Zerstörungsfreie Prüfverfahren IZFP. Anschließend promovierte er im Bereich der Hochtemperaturbrennstoffzellen und sammelte in dieser Technologie langjährige Erfahrung, unter anderem als Forschungsleiter einer europäischen Brennstoffzellenfirma.

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Markus Keßler

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