© Claudia Zettel

I/O 2013

Hands-on: Ein kurzer Blick durch Google Glass

Ein Hands-on mit Google Glass auf Googles Entwicklerkonferenz - so einfach ist das gar nicht. Nachdem Google nichts Neues zu Glass zu vermelden hatte, sieht es auch mit verfügbaren Testgeräten auf der Konferenz eher mager aus. Zwar gibt es gar einen eigenen "Geräteraum" für Journalisten, doch Glass wird da offenbar ganz bewusst ausgespart. Will man nicht andere Glass-tragende Konferenzteilnehmer belästigen, so bleibt nur ein kleiner Messestand, um den herum sich vereinzelt Google-Mitarbeiter finden, die einen kurzen Blick durch das Gerät erlauben.

futurezone-Chefin mit Google Glass

Derzeit handelt es sich bei Glass noch um ein unfertiges Produkt, eine "Explorer Edition", wie Google es nennt. Die Funktionen sind begrenzt, das ist bekannt. Allerdings merkt man das auch sofort am Umgang der Mitarbeiter mit der Brille bzw. den testenden Personen. Es werden phrasenhaft bestimmte Anwendungen empfohlen, wer etwas darüber hinaus wissen will, wird vertröstet. Längeres, eigenständiges Testen ist nicht erlaubt, denn: "Der Andrang ist groß und wir haben nur wenige Geräte hier", wie es heißt. Zwar stehen um den Glass-Stand zahlreiche Mitarbeiter, die die Datenbrille tragen und banale Fragen beantworten, aus der Hand geben will jedoch niemand das Gerät - nicht einmal für ein kurzes Foto, um das die futurezone bittet.

Die Äußerlichkeiten
Schließlich ist der Moment dann doch gekommen: Glass darf aufgesetzt werden. Äußerlich wirkt die Datenbrille doch etwas klobiger als auf Fotos, vor allem der rechte Plastikbügel ist breit und geht weit nach hinten - eher nichts, was man sich hinter zarte Ohren klemmen möchte. In punkto Fashion hat das Gerät ohnehin noch viel Entwicklung vor sich, um sich massentauglich zu etablieren. Doch auch das ist kein Geheimnis und wurde wie jeder denkbare Aspekt in Bezug auf Glass bereits häufig diskutiert. Erhältlich ist die Datenbrille derzeit zumindest in vielen verschiedenen Farben, neben dem standardmäßigen Grau finden sich auch rote, blaue, weiße, usw. Ausführungen.

Da Glass normalerweise seinem jeweiligen Nutzer genau angepasst wird, lässt sich natürlich schwer etwas über den tatsächlichen Tragekomfort sagen. Ein bisschen Herumschieben hier, ein wenig Nachjustieren da, so irgendwie sitzt das Gerät dann endlich doch.

Tappen, Wischen, Schauen
Etwas ungewohnt ist es schon, sich mit dem Gestell auf der Nase gleichzeitig auch noch der Umwelt zu widmen. Ein Blick leicht nach oben, kurz drauf Tappen an der Seite, da erscheint ein recht transparentes Display. Dabei muss angemerkt werden, dass nach mehrmaligen Versuchen bei unterschiedlicher Helligkeit und Lichteinfall - das Display doch auch sehr unterschiedlich gut sichtbar war. Schaute man direkt damit aus einem großen Fenster waren die über dem rechten Auge angezeigten Informationen nur sehr schwer erkennbar. Dabei half auch Nachjustieren und Herumschieben nicht.

Nun wird es auch schon wieder etwas ungewöhnlich, hat man ein Gegenüber vor sich. Denn um das Display bzw. die darauf angezeigten Informationen zu lesen, muss man ein wenig nach oben schauen und verliert damit den Gesprächspartner etwas aus den Augen. Das man als ungeübter Anfänger auch gleich den ganzen Kopf auf belustigende Weise mitbewegt, war an diversen testenden Personen zu erkennen, die Glass zum ersten Mal ausprobierten. Nach derart kurzer Testzeit lässt sich leider nicht beurteilen, wann sich hier Gewohnheit einstellt, wann Abläufe zur Routine werden und wie sich das Display vor Augen in den Alltag einfügen lässt, ohne ständig abgelenkt zu sein - von Glass oder von der Umwelt.

Navigation und Aktion
Um zu navigieren wird viel gewischt am rechten Plastikrand - so bewegen sich die in Karten (ähnlich Google Now) aufgeteilten Informationen und verfügbaren Optionen, die man mit der Brille hat. Um eine der Aktionen auszuführen - etwa ein Foto machen, ein Video aufnehmen, eine Googlesuche durchführen oder eine Nachricht versenden - bedarf es immer derselben magischen Worte: "Ok Glass". Damit weiß die Datenbrille überhaupt, dass man jetzt etwas machen will und ruft die Liste an Funktionen auf. Danach sagt man einfach, was man will.

"Take a picture" und schon ist das Bild gemacht, genau da, wo man gerade hingeschaut hat. Gespeichert wird das Foto dann in einem verknüpften Google+-Folder, wie die Google-Mitarbeiterin erklärt. Wiederum gilt: Nachdem das Gerät in diesem Fall nicht auf die Nutzerin angepasst war, sind diese Dinge schwer zu beurteilen.

Sprache oder Drücken
Die Sprachsteuerung funktioniert jedenfalls einwandfrei und punktgenau. Bei diversen Versuchen gab es keinen einzigen Ausfall, Glass führte immer den richtigen Befehl aus. Will man nicht sprechend durch die Gegend laufen und seiner Datenbrille Anweisungen zum Fotos oder Videos machen geben, so kann man stattdessen auch einen kleinen Knopf, ebenfalls an der rechten Seite im Plastikrahmen, drücken. Einmal kurz bedeutet Foto, hält man länger drauf, startet die Aufnahme eines Videos. Diese ist grundsätzlich auf zehn Sekunden ausgelegt, kann aber sowohl vorher unterbrochen oder aber auch verlängert werden, indem man an den Bügel tappt.

Smartphone
Glass kann eigenständig verwendet werden oder in Verbindung mit der entsprechenden Companion App "MyGlass". Diese zeigt dann auf dem Smartphone parallel zum Glass-Display Menüpunkte und Infos an. Über die App wird die Datenbrille auch konfiguriert. Grundsätzlich kann Google Glass mit jedem Bluetooth-fähigen Android-Smartphone verbunden werden. Mindestvoraussetzung ist dabei die Betriebssystem-Version 4.0.3.

Die Zukunft
Es ist derzeit noch nicht seriös abschätzbar, wohin sich Glass entwickeln wird. Auch nach dem kurzen Ausprobieren lässt sich das nicht sagen - zu eingeschränkt und unfertig ist das Gerät. Daher ist es dem Google-Chef Larry Page wohl auch positiv anzurechnen, dass er im Rahmen seines Auftritts der diesjährigen I/O-Keynote, nicht von fixen Startdaten für den Consumermarkt sprechen wollte. Vielmehr verwies er darauf, dass man so lange daran arbeiten werde, bis Glass "seine Nutzer glücklich macht". Aufpassen muss Google wohl nur, dass es nicht zu lange dauert, bis die Brille marktreif ist. Denn angesichts dessen, wie sehr die Wogen momentan in sowohl negative als auch positive Richtung hochgehen, könnte das Gerät "verbraten" sein, bevor es überhaupt fertig ist.

Auch eine ernsthafte und tiefgreifende Diskussion über Privatsphäre muss geführt werden - auch wenn viele Horrorszenarien nichts mit der Realität von Glass zu tun haben. Die Ängste der Menschen sollten jedenfalls ernstgenommen und ausgeräumt werden. Nach dem Kurztest und in Begegnung mit vielen Glass-Trägern auf der Konferenz lässt sich zumindest sagen: Unbemerkt wird das Gerät in der Form von kaum jemandem agieren können. Glass ist um ein Vielfaches auffälliger als ein Smartphone in der Hand. Wird ein Video gemacht, zeigt das Gerät zudem ein rotes Licht an.

Am Ende kann Google Glass wohl beides werden: Das nächste große Ding oder aber ein Strohfeuer, das nur in einer kleinen Nerd-Gemeinde Anklang fand. Letztlich wird es wohl auch an den Andwendungen und deren Nützlichkeit liegen. Glass muss wohl etwas finden, das bisher etablierte Geräte ihren Nutzern schlichtweg noch nicht bieten können.

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Claudia Zettel

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futurezone-Chefredakteurin, Feministin, Musik-Liebhaberin und Katzen-Verehrerin. Im Zweifel für den Zweifel.

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