© Gregor Gruber

High Resolution Audio vs. MP3 im Praxistest

High Resolution Audio vs. MP3 im Praxistest

Nach Full HD beim TV gibt es nun auch bei Musik-Files mit High Resolution Audio (Hi Res) einen Trend zu hoher Qualität. Statt komprimierter MP3-Dateien sollen mit Hi Res die Files über die Qualität von Audio-CDs, bei der Musik-Stücke in 44,1 kHz und 16 bit codiert sind, hinausgehen. Viele Künstler, die nicht auf vorgefertigte Samples setzen, nehmen ihre Alben im Studio in hoher Qualität auf – und eben diese Qualität soll nun auch den interessierten Hörern nicht mehr vorenthalten werden.

Sony zählt zu den ersten Herstellern, die den Konsumenten Hi-Res-Audio-fähige Produkte (in Zahlen bereits über 50) zugänglich machen. Zuletzt hat der Konzern die Kopfhörer MDR-1A und den Walkman NWZ-A15, die beide in Österreich erhältlich sind, vorgestellt. Zudem gibt es immer mehr Online-Stores, die Musik in Hi Res Audio bereitstellen. Die futurezone hat mit dem Sony-Equipment und dem ersten europäischen Online-Store für Hi Res die hochauflösende Musik getestet.

File-Größe

Musiker haben zwar schon immer in Hi Res aufgenommen, aber die Files waren in der Vergangenheit einfach zu groß, um sie Endkonsumenten zur Verfügung zu stellen. Unkomprimierte Musik in Hi Res Audio braucht nämlich viel mehr Speicherplatz als eine herkömmliche, komprimierte MP3-Datei. Ein dreiminütiges Musik-Stück in Hi Res braucht rund 110 MB Speicherplatz, ein fünfminütiger Song gar 175 MB. Das ist im Vergleich zu einer MP3-Datei ganz schön viel. Eine MP3 eines fünfminütigen Stücks in 320 kbps Qualität benötigt etwa rund acht MB Speicherplatz. Ein ganzes Album in Hi Res mit rund zehn Musikstücken braucht rund 1,4 GB an Speicherplatz. Ein ganzes Album in bester MP3-Qualität rund 120 MB.

Bis vor kurzem war es aufgrund des begrenzten Speicherplatzes bei Musik-Playern oder Smartphones daher gar nicht möglich, Musik in Hi Res zu speichern. Man hätte im Schnitt maximal ein bis zwei Alben auf sein Gerät laden können, während man bei MP3-Dateien das Zehnfache an Musik auf sein Gerät hätte spielen können. Das gilt zwar noch immer, doch einen Unterschied gibt es: Speicherplatz wird immer billiger und wächst kontinuierlich – auch bei Smartphones oder mobilen Musik-Playern. Das bedeutet, dass Personen, die sich für Musik in Hi Res interessieren, diese auch tatsächlich auf ihre Geräte spielen können.

Online-Stores

Qobuz Screenshot

Es gibt mittlerweile immer mehr Online-Stores, die Musik in Hi Res anbieten. Zuletzt kündigte etwa die Marke Technics mit„Technics Tracks“einen Online-Store für Hi Res an, auch Neil Young arbeitet mit „Pono“ nicht nur an einem Abspielgerät, sondern auch an einem eigenen Download-Store für Musik in hoher Qualität. MitHDtracks.degibt es bereits seit längerem einen US-Store, der Musik in Hi Res anbietet. Das Angebot wird sehr übersichtlich präsentiert und es gibt viele verschiedene Datei-Formate zur Auswahl, aber leider sind nicht alle Files des US-Stores gleichermaßen im deutschen Store erhältlich. Das hat rechtliche Gründe.

Seit kurzem gibt es mit Qobuz auch eine europäische Download-Plattform für hochauflösende Musik, dessen Katalog bereits rund 20.000 Alben in Hi Res (24 Bit/bis zu 192 kHz) umfasst. Sony-Kunden, die Hi Res Produkte kaufen, bekommen bei der Plattform einen Gutschein geschenkt. Auch die futurezone, die im Zuge dieses Berichts den Walkman NWZ-A15 testet, bekam ein kleines Guthaben zum Download von Hi Res-Files zur Verfügung gestellt.

Das Fazit zum Online-Store: Qobuz glänzt nicht gerade durch seine Übersichtlichkeit (da auch Musik-Files in CD-Qualität angeboten werden, ist es nicht immer einfach, sich im Genre seiner Wahl durch das Hi-Res-Angebot zu navigieren), aber am Ende bietet Qobuz für Nutzer doch noch einen entscheidenden Vorteil gegenüber anderen Hi-Res-Portalen: Beim Check-out bekommen Konsumenten Empfehlungen, welches Musik-File für welches Gerät am geeignetsten ist.

Formatvielfalt

Dies ist für diejenigen Personen, die sich bisher nicht mit der Vielzahl an Audio-Formaten auseinandergesetzt haben, sehr hilfreich. Denn mit Hi Res Audio kann vieles gemeint sein: Etwa eine FLAC-Datei in 44.1 kHz und 24 bit sowie WAV- oder AIFF-Dateien in einer Auflösung von 96 kHz und 24 bit. Von Apple gibt es zudem das eigene Hi Res Audio-Format Apple Lossless (ALAC), das etwa bei Musik-Files, die über den iTunes Store oder Apple-Geräte abgespielt werden, zum Einsatz kommt. Apples neuestes iPhone 6 kann z.B. nach wie vor keine FLAC-Dateien wiedergeben, so gesehen sollten Apple-User etwa darauf achten, ALAC-Files herunterzuladen. Winamp-Fans wiederum sollte die WMA-Lossless-Datei herunterladen, denn Winamp kann beispielsweise keine AIFF-Dateien abspielen.

Für wen welches Format am besten geeignet ist, hängt ausschließlich von den Endgeräten und Musik-Playern ab, die man benutzt. Qobuz hilft den Nutzern dabei, sich für das richtige File-Format zu entscheiden.

Download und Preis

Sony Hi Res Walkman

Hat man sich mal für ein Album entschieden, muss man ein wenig Zeit investieren, um es herunterzuladen. Im futurezone-Test dauerte der Download eines 1,4 GB großen TAR-Files mit einer herkömmlichen Breitbandverbindung rund 15 Minuten. Das Überspielen auf den mobilen Player von Sony dauerte unter einer Minute.

Bleibt noch die Frage des Preises von Hi Res-Musik: Derzeit werden Alben bei Qobuz im Schnitt für 14,99 Euro verkauft, während das Album in CD-Qualität 9,99 Euro kostet. Das Album in Hi Res ist daher im Schnitt rund 50 Prozent teurer. Es gibt aber auch Angebote, bei denen der Unterschied nur rund zwei Euro beträgt. Fraglich ist, ob bis zu 50 Prozent an Mehrkosten nicht manchen Usern zu viel sein könnten. Bei einer Umfrage unter futurezone.at-Usern gaben immerhin 38,1 Prozent an, dass sie zwar an Hi Res-Musik interessiert sind, aber dafür nicht mehr als für herkömmliche Musik-Files bezahlen wollen.

Abspielgerät

Die futurezone hat zum Abspielen von Musik in Hi Res den Sony Walkman NWZ-A15 in Kombination mit einem Hi-Res-fähigen Kopfhörer von Sony getestet. Der Player gilt als der kleinste und leichteste Hi Res-Player (er wiegt 66 Gramm), der derzeit am Markt erhältlich ist. Laut Hersteller-Angaben soll er im Schnitt rund 30 Stunden lang durchhalten, wenn man Musik in Hi Res hört. Im futurezone-Test wurde rund sieben Stunden Musik in Hi Res konsumiert und der Akku hielt dies problemlos durch.

Der Player ist in Österreich in schwarz oder silber ab 199 Euro erhältlich und verfügt über 16 GB internen Speicher. Via microSD-Karte lässt sich der Speicher aber erweitern. Musik-Files, die vom Player unterstützt werden, sind: FLAC, ALAC, AAC2, HEAAC, mp3, WMA*3, Linear PCM (WAV) und AIFF. Damit sind alle gängigen Hi Res-Formate inkludiert und Walkman-Besitzer müssen sich beim Downloaden im Prinzip keine Gedanken darüber machen, welches Format für ihren Player am passendsten ist.

Zum Player selbst lässt sich sagen, dass er seine Dienste sehr zufriedenstellend erfüllt. Die Navigation durch das Menü ist einfach und selbsterklärend. Unter dem Menüpunkt „Musik“ sind die Songs in den Kategorien Album, Interpret, Musikstil, Veröffentlichungsdatum, Wiedergabelisten und Lesezeichen gespeichert und auffindbar.

Unter dem Menüpunkt „Optionen“ lässt sich einstellen, ob man etwa Clear Audio+ aktiviert, um die Signalverarbeitung der Musikstücke noch zu verbessern, oder aber ob man „DSEE HX“ aktiviert, wenn man neben Hi Res-Files auch noch MP3s auf dem Player hat. „DSEE HX“ ist so etwas wie das Wundermittel für MP3s. Damit lassen sich komprimierte Originale auf Hi Res Audio hochrechnen, so dass man kaum noch einen Unterschied zwischen MP3 und Hi Res Audio-Files hört.

Kopfhörer

Ebenso wichtig wie ein Player, der Hi Res-Files wiedergeben kann, ist ein Kopfhörer mit diesen Fähigkeiten. Hier kam beim futurezone-Test der MDR-1A-Kopfhörer von Sony zum Einsatz, ein geschlossener, dynamischer Bügelkopfhörer. Dieser ist etwas groß geraten, sieht daher auf kleinen Köpfen optisch möglicherweise sehr wuchtig aus, stört jedoch dank ergonomischen 3-D genähten, druckmildernden Ohrpolstern auch nicht beim Tragen von Brillen.

Zudem kommt es neben einer guten Verarbeitung der Komponenten aber vor allem auf den Klang an. Und dieser ist bei dem Modell, das über 40-mm-HD-Treibereinheiten mit aluminiumbeschichteten Flüssigkristallpolymer-Membranen verfügt, exzellent – sofern man nicht auf eine gänzlich neutrale Klangwiedergabe beharrt. Der Kopfhörer verstärkt die Bässe dezent, gibt aber auch die Mitten sowie die hohen Frequenzen detailgetreu und präzise wieder. Da der Bügelkopfhörer das Ohr vollkommen umschließt, ist jede musikalische Nuance hörbar. Der Kopfhörer, der in Österreich ab 199 Euro erhältlich ist, eignet sich daher hervorragend, um Musik in Hi Res zu hören.

Hi Res Audio – hörbar?

Nun bleibt noch die Frage aller Fragen übrig: Ist denn überhaupt ein Unterschied hörbar? Zahlt es sich aus, auf Hi Res Audio umzusteigen und sich eigens dafür Equipment anzuschaffen? Diese Frage ist leider nur höchst individuell beantwortbar. Zu aller erst hängt es von seinen eigenen musikalischen Vorlieben ab: Wer vorwiegend elektronische Musik hört, bei denen Artists mit vielen Samples arbeiten, hat mit Hi Res Audio möglicherweise weniger Freude als Jazz-Enthusiasten. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Die meisten Samples, die bei elektronischer Musik zum Einsatz kommen, sind in 44,1 kHz und 16 bit codiert. Hier bringt ein Hi Res-File also gar nichts. Zudem ist Dance-Musik meist sehr auf „loudness“ (also maximale Lautstärke) getrimmt, was auch in Hi Res nicht besser klingt als in geringerer Qualität. Es gibt aber auch elektronische Musiker, die alles selbst einspielen und in Hi Res aufnehmen und auf den „Loudness War“ verzichten. Hier gilt es, seine persönlichen Vorlieben zu kennen.

Bei Bands, die ihre Songs tatsächlich im Studio aufnehmen und bei denen auch analoges Equipment zum Einsatz kommt, macht der Umstieg auf Hi Res aus der Sicht des Künstlers sehr wohl Sinn. „Ich finde es großartig, dass die Fans jetzt die Möglichkeit bekommen, Musik mit wesentlich mehr Detailtiefe zu hören. Für einen Musik ist das schön zu wissen“, sagt etwa Tom Smith von der britischen Indie-Band „The Editors“ dazu. Die Band hat gerade zwei Alben ihres Backkatalogs in Hi Res Audio neu veröffentlicht. Damit ist sie nicht allein - auch Künstler wie Daft Punk machen ihre Musik nun Fans in hochwertiger Qualität zugänglich.

Im futurezone-Test war der Unterschied zwischen einer komprimierten MP3-Datei und der hochauflösenden Version von „In This Light And On This Evening“ von „The Editors“ deutlich hörbar. Der Synth klingt in der Hi Res-Version deutlich klarer und weniger bass-lastig, die Hi Hats beim imposanten Gefühlsausbruch in der Mitte des Songs waren nicht verschwommen und die Stimme klarer und mit mehr Hall versehen. Der Unterschied in der Soundqualität war gravierend.

Auch beim Vergleich von der MP3-Version mit der Hi-Res-Version des Songs „A Miracle“ von der Reggae-Roots-Band „Groundation“ war der Unterschied für geschulte Ohren extrem hörbar. Die Stimme war in der Hi-Res-Version mit viel mehr Dynamik versehen, die aufgenommenen Rhythmus-Instrumente klangen klarer, und die kleinen, feinen Cymbals jagten einem Gänsehaut über den Rücken. Die Bässe in der MP3-Version waren zwar lauter, aber verschwommen, die Bässe in der Hi-Res-Version dagegen klar und voll. Wenn "DSEE HX" aktiviert ist, hört man allerdings hingegen kaum mehr einen Unterschied. Dann jagt einem auch die MP3-Version Gänsehaut über den Rücken - was widerum für den Player spricht und die Entwicklung dieser Funktion von Sony spricht.

Fazit

Mit dem kleinen Walkman-Player und den mobilen Kopfhörern taucht man in ein Klangerlebnis ein, wie man es ansonsten nur als Musiker im Studio erlebt. Oder aber es versetzt einen in eine Zeit zurück, wo man vor dem Kaminfeuer gemütlich in seiner hochwertigen Soundanlage Vinyl-Schallplatten abgespielt hat. Je nachdem, was für Erinnerungen man an den Genuss „guter Musik“ hat, löst diese Kombination der Komponenten nicht nur Gänsehaut, sondern auch ein angenehmes, wohliges Gefühl der Zufriedenheit aus. Allerdings sind das sehr subjektive Eindrücke. Es soll auch Menschen geben, für die der Unterschied nicht so gravierend ist. Genau dies soll in einem „Teil 2“ eruiert werden, in dem mehrere Mitglieder der futurezone-Redaktion Hi Res Audio testen werden und ihr ganz persönliches Urteil abgeben.

Als Fazit bleibt in der Zwischenzeit noch zu sagen: Das Equipment und die Verfügbarkeit der Musik-Files in Online-Stores ist da und bereits ausgereift genug, auch die notwendigen Speicherkapazitäten auf den Geräten sind weitgehend vorhanden. Wer Hi Res Audio eine Chance geben möchte, kann dies als "Early Adopter" nun bereits ohne Einschränkungen tun und muss nicht zwingend länger damit warten. Man muss allerdings mit ein paar Investitionskosten rechnen - denn den Unterschied hört man ebenso wie bei Full HD und dem passenden TV-Gerät nur mit dem Equipment, das eigens dafür entwickelt wurde.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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