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Smartphone

HTC 8X im Test: Windows Phone mit Kanten

Microsoft mag einer der erfolgreichsten Softwarekonzerne aller Zeiten sein, doch in puncto Marketing sollte man noch einiges vom Konkurrenten Apple lernen. So zum Beispiel: Veröffentliche niemals mehr als ein großes Produkt auf einmal. Microsoft ließ es sich im Oktober aber nicht nehmen und veröffentlichte gleich Drei: Windows 8, Microsoft Surface mit Windows RT und Windows Phone 8.

Letzteres ist auch der designtechnische Ausgangspunkt für das umstrittene Windows 8-Design, früher auch als Metro bekannt, und erhielt bereits in Windows Phone 7 viel Lob. Die technisch strikten Vorgaben von Microsoft bremsten die Verbreitung des "anderen" mobilen Betriebssystems neben Android und iOS aber deutlich. Nun ist mit dem HTC 8X das erste Windows Phone 8-Modell in Österreich gelandet. Wie sich das Smartphone im Alltag schlägt, verrät der futurezone-Test.

Quadratisch, aber gut
Die Form des HTC 8X ist auf den ersten Blick gewöhnungsbedürftig. Die meisten Smartphonehersteller setzen bei ihren Flaggschiff-Modellen auf recht runde Formen und verpassen den Geräten sehr stark abgerundete Kanten, sodass sich das Gerät auch bei großen Bildschirmdiagonalen angenehm in einer Hand halten lässt. Die Kanten des HTC 8X wurden hingegen nur leicht abgerundet. Dadurch ist die Optik zwar deutlich edler, doch leider wirkt sich das auch relativ unvorteilhaft auf das Handling aus. Beim Ablegen auf dem Handballen drückt die Kante recht unangenehm in die Handfläche hinein und erschwert das Halten und Tippen mit einer Hand.

Doch was HTC an Rundungen an der Kante eingespart hat, wurde offenbar in die Rückseite gesteckt. Die griffige Gehäuserückseite ist leicht buckelförmig und gibt dem Smartphone eine gute Haptik. An seiner dicksten Stelle in der Mitte misst das 8X 10,1 mm, an seiner dünnsten Stelle lediglich ein Drittel. HTC wollte dem Nutzer durch die Biegung wohl eine möglichst "lange" Rückseite bieten, sodass dieses angenehm gehalten werden kann. Doch die dünnen Kanten an der Seite reduzieren den Haltekomfort. Nur durch einen festen Griff lässt es sich tatsächlich sicher halten.

Die Gewichtsverteilung ist HTC sehr gut gelungen, durch den Schwerpunkt auf die Mitte ist es für den Nutzer auch beim schnellen Tippen kein Problem, die Balance zu halten. Einzig der Power-Knopf, der sich HTC-typisch rechts oben befindet, ist relativ schwergängig und kaum ertastbar. Erstaunlicherweise trifft das auf die ähnlich gestaltete Lautstärkewippe, die sich an der rechten Seite befindet, nicht zu. Diese ist zwar ebenso unscheinbar, lässt sich jedoch hervorragend bedienen. Der Kamera-Knopf ist wieder einmal eine Geschmacksfrage. Viele schätzen einen Auslöseknopf an ihrem Smartphone, doch im futurezone-Test war dieser eher lästig. Viel zu oft stieß man unabsichtlich an den Knopf und öffnete so die Kamera-App. Daran konnte auch die Tatsache nichts ändern, dass der Knopf für mindestens zwei Sekunden (im entsperrten Zustand) gedrückt werden muss.

Design: Anders und edel
Noch nie hat HTC ein Smartphone mit einem dermaßen edlen Design produziert. Die Vorderseite wird von dem mit Gorilla Glas 2 geschützten 4,3 Zoll-Display vereinnahmt und verzichtet geschickt auf hervorstechende Designelemente. Lediglich das HTC-Logo, die Telefonlautsprecher sowie die auch im unbeleuchteten Zustand sichtbaren Soft Keys befinden sich auf der Vorderseite. Die Frontkamera wird durch das Gorilla Glas des Displays geschützt und ist nur bei genauerem Hinsehen sichtbar. Auch die Rückseite ist ähnlich schlicht gehalten.

Die 8 Megapixel-Kamera ist exakt mittig in der oberen Hälfte platziert und wird von einem kleinen LED-Blitz unterstützt. Direkt darunter befindet sich das "eingravierte" HTC-Logo. Lediglich das Beats-Audio-Logo wirkt nach wie vor etwas deplaziert und sollte von HTC, auch bei anhaltender Partnerschaft zwischen den beiden Unternehmen, doch lieber entfernt werden. Eine Wertsteigerung ergibt sich durch das bedeutungslose Logo nicht.

Hardware: Dick aufgetischt
Windows Phone-Nutzer mussten oftmals neidisch auf Android- und Apple-Smartphones blicken, da diese deutlich schnellere Hardware in ihren Geräten verwendeten. Das lag daran, dass Windows Phone 7 seine Herkunft nicht verleugnen konnte. Im Hintergrund arbeitete, trotz neuer Metro-Oberfläche, nach wie vor der veraltete Windows CE-Kernel, der den Einsatz moderner Technologien, wie beispielsweise Multi-Core-CPUs massiv erschwerte. Mit Windows Phone 8 ändert sich das.

Im HTC 8X findet sich eine mit 1,5 GHz getaktete Dual Core-CPU, ein Snapdragon S4. Die selbe CPU ist auch im ATIV S, dem Windows Phone von Samsung, sowie dem Transformer Pad Inifity-Tablet von Asus zu finden. Die CPU sorgt für einen erheblichen Leistungsschub, allerdings weniger bei der Bedienung des Betriebssystems selbst, als viel mehr bei der Verwendung des Internet Explorers. Dort geht alles flüssig von statten, selbst bei großen Webseiten gibt es kein Ruckeln, Seiten werden prompt und schnell geladen. Das war bei Windows Phone 7 nicht immer der Fall. Dennoch erreichte das 8X im Browsermark lediglich 56.183 Punkte, ein eher magerer Wert. Zum Vergleich: das HTC One X+ mit einem Quadcore-Prozessor erzielte knapp 149.000 Punkte.

Die restliche Ausstattung ist gut, aber nicht überwältigend. HTC hat dem 8X ein Gigabyte RAM sowie 16 Gigabyte Speicher spendiert, von denen knapp 1,4 Gigabyte vom System sowie Zusatzapps belegt werden. Der Speicher lässt sich allerdings absurderweise nicht als Laufwerk am PC nutzen. Microsoft erlaubt dies nur für Speicherkarten, ein entsprechender Slot für microSD-Karten fehlt dem 8X jedoch. Auf den internen Speicher darf direkt über den Dateimanager aus Sicherheitsgründen nicht zugegriffen werden, über das PTP-Protokoll können allerdings nach wie vor Fotos übertragen werden.

Kamera: Nicht auf dem Niveau der One-Serie
Obwohl HTC im 8X den selben ImageChip verwendet, der auch in den One-Modellen zum Einsatz kommt, ist dennoch ein Qualitätsunterschied zu den Bildern der Android-Modelle sichtbar. Das dürfte allerdings nicht auf die Hard- als viel mehr auf die Software zurückzuführen sein. Die Kamera-App des HTC 8X bietet nur wenige Einstellmöglichkeiten und einen eher mühsamen Autofokus. Während in der Android-Version der Kamera ein simples Tippen auf einen Punkt am Bildschirm diesen fokussiert, sorgt er bei Windows Phone 8 bereits für das Betätigen des Auslösers. So ist das manuelle Fokussieren nahezu unmöglich, auch die Fotofilter aus der HTC One-Serie finden sich nicht auf Windows Phone 8.

Novum ist auch das Weitwinkelobjektiv, das Bilder mit einer Lichtstärke von f2.0 aufnimmt. Als Ersatz für die fehlenden Live-Filter liefert HTC eine "Fotoverbesserung"-App mit 14 verschiedenen Filtern mit, die allerdings erst nach der Aufnahme auf die Bilder angewandt werden können. Die Videoaufnahme krankt an den selben Bedienungsproblemen, denn auch hier wird die Aufnahme durch Tippen auf den Touchscreen gestartet. Manuelles Fokussieren ist schlicht und ergreifend nicht möglich, oftmals muss die Perspektive mehrmals gewechselt werden, um den richtigen Punkt mit der Linse einzufangen. Dennoch ist das Ergebnis in Full HD-Qualität durchaus ansehnlich und flüssig.

Dennoch ist das 8X ein ausgezeichnetes Smartphone, das eine gelungene Alternative zur Konkurrenz von Nokia darstellt.

Display
Apropos ansehnlich: Erstmals kommt in Windows Phones ein Display mit HD-Auflösung zum Einsatz. Im Falle des 8X ist dies ein 4,3 Zoll großer SuperLCD 2 Bildschirm mit einer Auflösung von 1280 mal 720 Bildpunkten (720p). Das entspricht einer hervorragenden Pixeldichte von 340 ppi, doch hier überzeugt vor allem das satte Schwarz des Super LCD 2-Bildschirms, das besonders gut mit dem dunklen Farblayout von Windows Phone 8 zur Geltung kommt.

Doch so sehr der Bildschirm in puncto Kontrast und Helligkeit überzeugen kann, gilt es dennoch einige Abstriche bei der Winkelabhängigkeit zu machen. Der Bildschirm ist bereits bei leicht schräger Haltung deutlich schlechter lesbar und nimmt kontinuierlich ab. Das fällt vor allem im Vergleich mit dem 

 auf, das ebenfalls auf einen Super LCD 2-Bildschirm setzt, dabei aber fast keine wahrnehmbare Winkelabhängigkeit aufweist.

Akku
Das 8X besticht durch eine wirklich hervorragende Akkulaufzeit. Der nur 1.800 mAh starke Akku, der nicht tauschbar ist, hielt im herkömmlichen Betrieb (normale Nutzung, WLAN und Daten eingeschalten) knapp zwei Tage durch. Die Ausdauer könnte mit Hilfe einer Zusatzfunktion noch deutlich länger ausfallen. Ein Energiesparmodus, der wahlweise aktiviert werden kann, deaktiviert bei niedriger Akkuladung Multitasking und die Hintergrundsynchronisation und behält lediglich die Telefonfunktionen wie Telefonieren und SMS bei.

Software
HTCs Markenzeichen bei dessen Android-Smartphones ist die hauseigene Sense-Oberfläche, die jedoch seit Jahren und vier Versionen später immer noch gespaltene Meinungen zurücklässt. Beim 8X nahm HTC keinen derart tiefen Eingriff in die Oberfläche des Microsoft-Betriebssystems vor, hat aber dennoch einige bekannte Funktionen implementiert. So fand unter anderem das Uhrenwidget mit Wettervorhersage seinen Weg auf den Homescreen. Dieses zeigt auf Wunsch auch die aktuelle Prognose für den Standort auf dem Lockscreen mit einer netten Animation.

Sonstige Zusatzsoftware von HTC ist Mangelware, lediglich eine Taschenlampen-App sowie ein kleines Zusatzprogramm zum Umrechnen verschiedener Einheiten ist vorinstalliert. Das mag nun jeder für sich als Vor- oder Nachteil bewerten, doch angesichts der mangelhaften App-Auswahl im Windows Phone App Store hätten einige Zusatz-Apps durchaus einen gewissen Gegenwert. Mehr zu den Funktionen von Windows Phone 8 finden sie 

Fazit
Wenn man das 8X möglichst einfach beschreiben möchte, fehlen vielen Testern die Worte. Das ist auch das Hauptproblem: Das HTC 8X ist zwar ein grundsolides Smartphone, allerdings fehlt ihm ein herausstechendes Merkmal, das es von der Masse abhebt. HTC hat es mit dem schicken Design versucht, doch das wird im Wettbewerb mit iPhone, Galaxy S III und Co nicht genug sein. Noch schlimmer: Das 8X droht sogar in der recht überschaubaren Zahl an neuen Windows Phones von Nokia, Samsung und Huawei unterzugehen. Dennoch hat HTC mit dem 8X vorgelegt und ein für die Zukunft gesichertes Windows Phone 8-Flaggschiff im edlen Design gebaut.

Wer unbedingt zu den Early Adoptern gehören möchte, darf bedenkenlos zugreifen. Für alle anderen gilt die Devise: Abwarten und auf eine App-Flut hoffen. Denn so gut das Smartphone auch ist, das magere Ökosystem zeigt dem Nutzer viel zu schnell seine Grenzen auf. Hier gilt es zu hoffen, dass auch die Entwickler das Potential der neuen Plattform erkennen werden.

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Modell:
HTC Windows Phone 8X
Display:
4,3 Zoll SuperLCD 2 Display - 1280 x 720 Pixel (720p, 16:9)
Prozessor:
1,5 GHz Dual Core (Qualcomm MSM8960)
RAM:
1 GB
Speicher:
16 GB intern (14,6 GB frei), kein microSD-Kartenslot (nicht als Massenspeicher verwendbar)
Betriebssystem:
Windows Phone 8
Anschlüsse/Extras:
Micro-USB, 3,5mm Klinke, WLAN (b/g/n), Bluetooth 2.1, NFC,
Akku:
1.800 mAh
Kamera:
8 Megapixel mit LED-Blitz (Hauptkamera, f2.0), 2,1 Megapixel (Frontkamera), ImageChip vorhanden
Videos:
Aufnahme in 1080p möglich
Maße:
132,4 x 66,2 x 10,1 mm, 130 Gramm
Preis:
549 Euro UVP, bei T-Mobile und A1 ab 0 Euro mit Vertrag verfügbar

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Michael Leitner

derfleck

Liebt Technik, die Möglichkeiten für mehr bietet - von Android bis zur Z-Achse des 3D-Druckers. Begeistert sich aber auch für Windows Phone, iOS, BlackBerry und Co. Immer auf der Suche nach "the next big thing". Lieblingsthemen: 3D-Druck, Programmieren, Smartphones, Tablets, Open Hardware, Videospiele

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