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Taiwan

Jagd auf transparente Smartphones und Tablets

Die Insel Taiwan ist die Wiege der IT-Branche. Unternehmen wie Asus, Acer oder HTC wurden dort gegründet und nahezu alle großen Auftragshersteller wie Foxconn oder Pegatron stammen aus dem 23 Millionen Einwohner zählenden Land. Da ist die Aufbruchsstimmung der unzähligen Kleinbetriebe verständlich. Kaum ein Unternehmen verkörpert diesen Gedanken wohl derzeit so wie Polytron, ein auf Glastechnologien spezialisiertes Unternehmen im Norden von Taiwan. Polytron sorgte vor einigen Monaten

, als es einen ersten Prototypen eines transparenten Smartphones präsentierte.

Dieser konnte noch nicht sehr viel und einige Bauteile waren weiterhin sichtbar, dennoch zeigte man sich zuversichtlich, dass ein entsprechendes Gerät noch 2013 auf den Markt kommen werde. Darauf pocht Polytron-Chef Sam Yu im Gespräch mit der futurezone weiterhin: "Es wird noch dieses Jahr ein Polytron-Smartphone und möglicherweise ein Tablet geben." Einen voll funktionsfähigen Prototypen kann er allerdings immer noch nicht vorweisen, man habe die Probleme mit den sichtbaren Bauteilen aber nun auf die Batterie reduziert (die verwendete Bildschirmtechnologie ist in diesem Video zu sehen).

Schwacher Akku
"Das ist derzeit unser größtes Problem, aber ich glaube, dass wir auch das noch beheben können", meint Caleb Chen, Produktmanager bei Polytron. Eine an der US-Universität Stanford entwickelte Technologie könnte Abhilfe schaffen. Forscher haben es dort bereits 2011 geschafft, einen vollkommen transparenten Lithium-Ionen-Akku zu entwickeln, dessen Form zudem sehr flexibel ist und so auch bei ungewöhnlichen Geräteformen eingesetzt werden kann. Dafür muss man jedoch eine etwas geringere Kapazität hinnehmen, die in etwa auf dem Niveau von Nickel-Cadmium-Akkus liegt. Selbst mit weiteren Verbesserungen dürfte nur knapp die Hälfte der Kapazität von modernen Lithium-Ionen-Akkus erreicht werden.

Das einzige andere Bauteil, das derzeit nicht vollkommen transparent gemacht werden kann, ist die Kamera. Die sichtbare Fläche werde jedoch so weit verkleinert, dass nur mehr ein kleiner Punkt zu sehen sein wird. Es könnte somit durchaus möglich sein, dass die erste Version des Polytron-Smartphones einige sichtbare Bauteile aufweisen wird. Chen möchte das jedoch geschickt verdecken, wie beispielsweise in diesem Konzept-Video: "Vielleicht wird es oben und unten jeweils dezente Leiste geben, die Akku und Kamera verdecken." Die Bemühungen seien jedoch weiterhin darauf gerichtet, ein komplett transparentes Smartphone zu entwickeln.

Transparentes Smartphone als Statement
Der Aufwand hat auch seinen Preis. "Es wird nicht günstig, aber durchaus leistbar sein", meint Chen. "Derzeit ist es mehr als Statement zu verstehen, wir wollen die Ersten sein." Das betont auch Firmenchef Sam Yu stets, der sich in Zukunft bereits auf Augenhöhe mit Apple und Samsung sieht: "Wir wollen den nächsten großen Renner nach dem Tablet liefern. Dafür bin ich auch bereit, alles zu investieren." Nur das erste transparente Smartphone soll von Polytron gefertigt werden, danach werde man das Konzept an andere Hersteller lizenzieren.

Handy-Hersteller wollen investieren
Die Suche nach einem möglichen Partner gestaltet sich laut Chen alles andere als schwierig. "Als das Video veröffentlicht wurde, haben sich ausnahmslos alle bekannten Hersteller bei uns gemeldet." Namen wollte er nicht nennen, da man sich derzeit noch in Verhandlungen befinde, es seien jedoch keine Hersteller aus der "zweiten Reihe". Daher macht sich der Polytron-Chef auch keine Sorgen darüber, dass ihm eine anderer Hersteller zuvorkommen könnte. Der japanische Mobilfunker NTT DoCoMo hat im Vorjahr zwar gemeinsam mit Fujitsu ein Smartphone mit transparentem Display vorgestellt, doch im Gegensatz zum Polytron-Modell wurden alle Bauteile hinter einer Plastikabdeckung versteckt.

Die Frage, die häufig im Zusammenhang mit dem Konzept eines transparenten Smartphones gestellt wird, ist: Wozu eigentlich? Darauf konnten auch die Vertreter von Polytron keine wirkliche Antwort geben, man betonte jedoch, dass es deutlich stilvoller sei und theoretisch Bildschirminhalte auf beiden Seiten angezeigt werden können. Klarerweise wären die Inhalte jedoch auf der "Rückseite" spiegelverkehrt und für jedermann sichtbar. Abhilfe könnte das hauseigene "Privacy Glass" schaffen, das auf Knopfdruck die Rückseite opak macht. So könnten auch die eigentlichen Bildschirminhalte besser dargestellt werden.

Transparente Kühlschränke und Fernseher
Sam Yu ist trotz der fehlenden konkreten Anwendungsfelder von der Idee des transparenten Smartphone überzeugt und sieht darin mehr als nur eine Spielerei. "Viel zu viel wird einfach so verdeckt, mit unseren Technologien wird es wieder sichtbar", meint er. Neben spezifischen Glaslösungen, die in Hotels und Gebäuden verbaut wurden, hat Polytron auch einen Kühlschrank mit transparenter Tür sowie einen transparenten Fernseher angekündigt.

Die Geräte werden jedoch in kleinen Stückzahlen und zu relativ hohen Preisen verkauft, derzeit dienen sie lediglich als Konzepte, um die hauseigenen Technologien zu bewerben. Das erste günstigere Produkt wird nun ein transparenter USB-Stick sein, der als Anhänger verkauft wird und rund 30 bis 40 US-Dollar kosten soll. Die Entwicklung von Smartglasses wie Google Glass mit der hauseigenen Technologie schließt er jedoch bereits jetzt aus. "Daran arbeiten bereits jetzt einige Unternehmen, wir wollen etwas vollkommen Neues abliefern."

Der Firmenchef macht es seinem Forschungs- und Entwicklungs-Team ohnedies nicht leicht, denn nun möchte er dem Smartphone eine gewölbte Form verpassen. Das sei derzeit laut Chen technisch nicht umsetzbar, ein Konzept gibt es jedoch bereits. Ohnedies werden laut ihm derzeit immer noch sehr viele Formfaktoren diskutiert, weswegen er beim Besuch der futurezone auch noch keinen neuen Prototypen vorweisen könnte.

Kampf um Budget
Sorgen macht ihm der Zeitplan dennoch nicht, Yu hat derzeit nur mit der Finanzierung des Prestige-Projekts zu kämpfen. Um neue Geldmittel für rascheres Wachstum zu erhalten, hat er die Mehrheit an seinem Unternehmen bereits vor Jahren an das US-Unternehmen Polytronix verkauft. Nun versucht er über eine staatliche Förderung weitere Gelder zu lukrieren, die auch die Entwicklung eines transparenten Tablets sowie einer transparenten Bluetooth-Tastatur erlauben sollen. Am Geld werde es dennoch nicht scheitern, meint er sicher: "Es ist einfach mein Traum."

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Michael Leitner

derfleck

Liebt Technik, die Möglichkeiten für mehr bietet - von Android bis zur Z-Achse des 3D-Druckers. Begeistert sich aber auch für Windows Phone, iOS, BlackBerry und Co. Immer auf der Suche nach "the next big thing". Lieblingsthemen: 3D-Druck, Programmieren, Smartphones, Tablets, Open Hardware, Videospiele

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