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Lichtfeldkamera Lytro Illum im Test: Teure Spielerei

Lichtfeldkamera Lytro Illum im Test: Teure Spielerei

Vor rund acht Jahren wurde das Unternehmen Lytro mit dem Ziel gegründet, Lichtfeldkameras für den Massenmarkt zu produzieren. Das Grundprinzip der Lichtfeldtechnologie ist es, dass nicht nur die Position und Intensität von Lichtstrahlen beim Fotografieren aufgezeichnet wird, sondern auch die Informationen, aus welcher Richtung sie aufgenommen werden. Das ermöglicht es, Fotos erst im Nachhinein scharfstellen zu können, was im Umkehrschluss heißt: Nie wieder unscharfe Fotos.

Das erste Massenmarkt-Produkt der Lichtfeld-Technologie war die taschenlampenförmige erste Lytro, die 2012 in den USA auf den Markt gebracht wurde. In Österreich erfolgte der Marktstart im Sommer 2013. Obwohl das Konzept äußerst vielversprechend klingt, war die praktische Umsetzung der Lytro-Kamera eher mangelhaft. Die maximale Auflösung der Fotos betrug lediglich 1080 x 1080 Pixel, was selbst dann, wenn man die Fotos nicht plakatgroß ausdrucken möchte, äußerst klein ist. Auch der Preis (die erste Lytro gab es in Österreich ab 479 Euro) schreckte viele ab.

Die Kamera in Taschenlampenform

Illum

Mit der neuen Lytro Illum soll nun alles besser und vor allem professioneller werden. Das bemerkt man schon, wenn man die Illum erstmals in Händen hält. Die Lytro ist erwachsen geworden und sieht nun wie eine richtige Spiegelreflexkamera aus. Das bewirkt auch, dass das Gerät deutlich größer ist, als ihr Vorgänger. Mit Abmessungen von 86 x 145 x 166mm und einem Gewicht von knapp einem Kilogramm ähnelt die Illum eher einer großen Spiegelreflexkamera als einer kleinen Taschenlampe.

Deutlich mehr geworden sind die Bedienelemente. Insgesamt hat es Lytro dennoch geschafft, die Kamera nicht mit Tasten und Schaltern zu überladen. So gibt es neben der Auslösetaste noch eine Lytro-Taste, eine Autofokus-Taste, eine AEL-Taste zur Belichtungsmesswertspeicherung sowie eine Funktionstaste und die Möglichkeit, den Fokus auf unendlich zu regulieren. Darüber hinaus gibt es noch zwei Einstellräder. Die Verarbeitung der Kamera macht einen durchwegs professionellen Eindruck und man hat bei der neuen Lytro tatsächlich das Gefühl, eine Profi-Kamera in Händen zu halten. In Sachen Anschlüsse ist die neue Lytro nur sehr minimalistisch ausgestattet, so sind lediglich ein USB-3.0-Port sowie ein WLAN-Adapter vorhanden.

Das rückseitige Display ist nun wesentlich größer als bei der ersten Lytro und hat eine Diagonale von vier Zoll. Die Auflösung beträgt eher magere 480 x 800 Pixel, was aber dennoch für den Alltagsbetrieb ausreicht. Außerdem lässt sich das Display bis zu 90 Grad nach oben und zehn Grad nach unten kippen.

Laut Lytro ist bei der Illum ein CMOS-Sensor mit einer Lichtfeldauflösung von 40 Megaray verbaut. Der Sensor hat eine Größe von 1/1.2 Zoll. Als Bildprozessor kommt ein Chip zum Einsatz, den man eigentlich vorwiegend aus Smartphones und Tablets kennt, nämlich ein Snapdragon von Qualcomm. Um welchen Snapdragon es sich handelt, gibt Lytro in den Spezifikationen nicht dezidiert an. Das Objektiv hat eine Brennweite von 30 - 250mm (35mm-Äquivalent) und eine durchgehende Blende von f/2.0.

Die Bedienung

Dass Lytro mit der Illum eher Profis und ambitionierte Amateure als Zielgruppe definiert hat, merkt man auch an der Bedienung der Kamera. Der Fotograf hat typische Funktionen, wie Belichtungskorrektur oder verschiedene Aufnahmemodi zur Verfügung. Neben der klassischen Programmautomatik kann man noch zwischen Verschlusszeitprioriät (S) sowie ISO-Priorität (I) auswählen. Alternativ kann man auch im manuellen Modus fotografieren. Auch der Weißableich kann wahlweise korrigiert werden und es gibt auch einen Serienbildermodus. Jener arbeitet mit maximal drei Fotos pro Sekunde jedoch eher gemächlich.

Gezoomt und scharfgestellt wird direkt am Objektiv mit Einstellringen. Der Zoom ist dabei Drive-by-Wire, ähnlich wie bei einer Kompaktkamera. Er reagiert also nicht direkt auf die Drehung des Rings sondern fährt elektronisch mit einer merkbaren Verzögerung nach.

Wenn man konventionelle Spiegelreflexkameras kennt, gewöhnt man sich relativ schnell an die Bedienung der Lytro. Die verwendeten Abkürzungen sind vertraut und man findet sich in dem Menü schnell zurecht. Mit einer Akkuladung kommt man mit der Lytro, je nach Gewohnheiten auf rund 200 Fotos.

Obwohl man die Fotos durch die Lichtfeldtechnologie auch im Nachhinein fokussieren kann, bleibt einem das Scharfstellen (entweder manuell oder per langsamen Autofokustas) im Alltag nicht erspart, da auch die Lichtfeldtechnologie noch ihre Grenzen hat. Es ist in der Praxis also nicht immer möglich, alle Bereiche im Foto perfekt scharf zu stellen, gerade dann, wenn die Schärfebereiche weit auseinanderliegen.

Im Vergleich zum Vorgänger ist im Alltag vor allem das größere Display eine deutliche Verbesserung. So kann man nun per Touchscreen sofort nach dem Fotografieren die gewünschten Bereiche scharfstellen. Man sollte auch nicht vergessen, sich eine entsprechend große Speicherkarte zu besorgen, da ein Foto mit der Lytro knapp 200 MB an Rohdaten enthält.

Nach dem Fotografieren

Dass die Lytro enorm viel Informationen beim Fotografieren speichert, macht sich auch dann bemerkbar, wenn man die Fotos auf den Rechner kopiert. Im Test mit einem Macbook 2013 Retina dauerte es via USB 3.0 knapp 40 Minuten, um 29 Fotos auf die Festplatte zu kopieren.

Hat man das geschafft, kann man die Fotos in der von Lytro bereitgestellten Software nachbearbeiten. Dabei hat sich seit der ersten Lytro glücklicherweise viel getan, sie läuft wesentlich stabiler und problemloser als bei ihrem Vorgänger.

Die Software selbst wirkt wie ein etwas abgespecktes Adobe Lightroom und bietet zahlreiche vertraute Funktionen. So kann man etwa das Foto zuschneiden, den Weißabgleich korrigieren oder an verschiedenen Reglern Kontrast, Sättigung oder Schärfe korrigieren.

Wirklich spannend sind jedoch die Funktionen, die einem mit konventionellen Kameras versagt bleiben. So kann man im Nachhinein etwa den Blendenwert von f/1 bis f/16 korrigieren und so den Schärfebereich am Foto entsprechend anpassen. Das funktioniert im Test auch durchwegs gut und durchaus beeindruckend. Auch das nachträgliche Fokussieren geht mithilfe der Software schnell vonstatten und man bekommt abermals einen Eindruck davon, was mit Lichtfeldtechnologie alles möglich ist.

Hat man das Foto entsprechend seinen Wünschen nachfokussiert bzw. anderweitig bearbeitet, kann man es exportieren. Dabei hat man die Möglichkeit, es entweder als gewöhnliches JPG (2450 x 1634 Pixel) abzuspeichern, oder die durch die Lichtfeldtechnologie mögliche Animation als Videodatei (wahlweise 720 oder 1080p) abzuspeichern. Das Ergebnis sieht mit Standardeinstellungen anschließend so aus:

Zwar hat sich im Vergleich zur ersten Lytro in Sachen Bildqualität viel getan, mit den Aufnahmen aktueller Top-Digitalkameras können die Lytro-Fotos troz allem nicht mithalten. Die Farbdarstellung und der Kontrast der Bilder geht zwar in Ordnung, in Sachen Schärfe haben die Lytro-Fotos gegenüber den Aufnahmen konventioneller Kameras jedoch noch deutlich Aufholbedarf.

Der endgültige Export eines Fotos erinnert oft mehr als eine Handykamera als an ein 1500-Euro-teures High-Tech-Gerät. Vergleicht man die Fotos mit denen des Vorgängers ist der Sprung zwar ein deutlicher, allerdings hat die Illum auch einen völlig anderen Ansatz als die kleine Taschenlampen-Lytro.

Auch die Lichtfeldtechnik bzw. die Software dahinter offenbart in gewissen Situationen ihre Schwächen und macht etwa wie bei folgender Aufnahme Löcher in den Maschendrahtzaun, um den Hintergrund verschwommen darzustellen.

Fazit

Gut vier Jahre nach dem Start der ersten Lichtfeldkamera für den Massenmarkt ist die Lichtfeldtechnologie immer noch eine Spielerei. Es macht Spaß, völlig neue fotografische Arbeitsabläufe und Wege zu erkunden, indem man Fotos erst nach der Aufnahme scharf stellt und man holt so immer wieder Motive heraus, auf die man beim konventionellen Fotografieren vielleicht nie gekommen wäre. Dennoch ist die Technik nach wie vor noch nicht ausgereift, um sie tatsächlich produktiv einzusetzen. Es fehlt dazu einfach an Schärfe und an Auflösung, um mit der Lytro Situationen wie Hochzeiten oder ähnliches zu fotografieren.

Es geht immer noch vorwiegend um das Vergnügen, die neue Technologie für sich zu entdecken. Ab und an vergeht einem der Spaß jedoch auch, etwa dann, wenn man für 30 Fotos rund 40 Minuten kopiert oder das Exportieren eines JPGs zwischen 30 und 40 Sekunden dauert.

Die lytro Illum ist in Österreich zu einem Preis von 1599 Euro (UVP) ab sofort erhältlich.

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Thomas Prenner

ThPrenner

Beschäftigt sich mit Dingen, die man täglich nutzt. Möchte Altes mit Neuem verbinden. Mag Streaming genauso gern wie seine Schallplatten. Fotografiert am liebsten auf Film, meistens aber mit dem Smartphone.

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