© Gregor Gruber

Apple-Konkurrent

Microsoft Surface Book im Test: Mehr als ein MacBook

Eines der am häufigsten geforderten Features für das MacBook (Pro) ist wohl ein Touchscreen. Warum auch nicht, denkt man sich zunächst. Fast jeder moderne Windows-Laptop verfügt über einen Touchscreen, da dürften die Apple-Geräte eigentlich keine Ausnahme sein. Der kalifornische Konzern sträubt sich aber vehement dagegen und verweist stattdessen auf seine iPads. Dass die iOS-Tablets einen vollwertigen Laptop nicht ersetzen können, ist allerdings kein Geheimnis - in unserem Test des iPad Pro konnten wir das bereits feststellen.

Eine gute Gelegenheit Apple zuvorzukommen, dachte sich wohl Microsoft und kündigte vergangenen Oktober kurzerhand seinen eigenen Laptop an. Die Idee ist simpel aber dennoch verlockend: Baut einen Laptop, der die Vorteile des Surface Pro, die Leistung eines MacBook Pro sowie ein einzigartiges Design bietet. Das Ergebnis ist das Surface Book, eine kostspielige aber schicke Alternative zum MacBook Pro - mit Windows. Doch was kann der Laptop-Tablet-Hybride? Ich habe den Laptop einem Langzeittest unterzogen.

Angenehmes Tippen im Buch

Wenn das MacBook Pro ein Aluminiumblock ist, kann das Surface Book wohl am besten mit einem edlen Bucheinband aus Metall verglichen werden. Die Keilform ist in Kombination mit dem gerippten Scharnier ein ungewöhnlicher Anblick. Trotz des schrägen Formfaktors hat der Microsoft-Laptop mehr als nur einen gewissen Charme. Wie beim Surface Pro kommt ein Magnesiumgehäuse zum Einsatz, das dem gebürsteten Aluminium der MacBooks optisch stark ähnelt. Im Vergleich mit den MacBook-Materialien ist es allerdings deutlich rauer und griffiger. Das fällt insbesondere dann auf, wenn man das Surface Book als Tablet verwendet.

Besonders gut gelungen ist die Tastatur, die im Gegensatz zu anderen Laptops nicht “versenkt” wurde. So stehen die Tasten über das Gehäuse hinaus, wodurch ein besonders angenehmes Tippen ermöglicht wird. Der Druckpunkt ist vergleichbar mit jenem von MacBook Pro und MacBook Air: Typisch weich für eine Chiclet-Tastatur, aber dennoch hart genug für angenehmes Tippen über längere Zeit. Die Verarbeitung der Tasten, die in der gleichen Farbe wie das Gehäuse gehalten sind, ist hervorragend. Auch die Tastengrößen und Abstände wurden richtig gewählt - zumindest wenn man ähnlich kleine Hände wie ich hat.

Die Spalte verschluckt alles

Doch leider ist nicht alles Gold, was glänzt. Um zu verhindern, dass das Display direkt auf der Tastatur aufliegt, hat Microsoft das Surface Book keilförmig konzipiert. Jener Teil, an dem sich das Scharnier befindet, ist deutlich höher als die Vorderkante des Laptops. So bleibt ein recht breiter Spalt zwischen Tastatur und Display frei. In puncto Design mag das ganz ansprechend sein, im Alltag kamen bei mir aber eher Sorge und Frust auf. Auf dem Flug zum Mobile World Congress suchte ich beispielsweise längere Zeit nach meinem Reisepass, der sich im einen Zentimeter breiten Spalt des Surface Book versteckt hielt - wie auch einige andere Dokumente.

Für Sorgenfalten sorgte die Konstruktion selbst. Das Gehäuse ist zwar relativ stabil, unter Druck gibt es aber leicht nach. Vor einem verbogenen oder gebrochenen Gehäuse muss man sich wohl nicht fürchten, ein mulmiges Gefühl hatte ich aber dennoch. Zudem erwies sich das pulverbeschichtete Gehäuse als wahrer Schmutzmagnet. Obwohl das Surface Book lediglich im Rucksack transportiert wurde, zeigten sich rasch Abnutzungserscheinungen. Im Gegensatz zum MacBook gibt es bislang noch keine ansprechenden Cover, die das Gehäuse ausreichend schützen - die beste Alternative ist wohl eine klassische Notebook-Tasche.

Kühl dank Verlagerung

Mit 1,5 Kilogramm ist das Surface Book kein Leichtgewicht, aber dennoch deutlich leichter als das MacBook Pro mit 13 Zoll (2,06 Kilogramm). Dabei verteilt sich das Gewicht zwischen dem Bildschirm- und Tastatur-Element relativ gleichmäßig. Als Tablet bringt das Surface Book knapp 730 Gramm auf die Waage - zu schwer, um es dauerhaft mit einer Hand zu verwenden, aber leicht genug für das Zeichnen zwischendurch. Das einzige Problem: Der 18 Wh-Akku im Tablet hält lediglich knapp zwei Stunden durch, bei anspruchsvolleren Programmen sogar wesentlich kürzer. Wer das Tablet aus dem Tastatur-Dock entfernt, sollte sich also nicht zu lange Zeit lassen.

Durch die gleichmäßige Aufteilung des Gewichts lässt sich das Notebook auch ohne mühsamen Balanceakt am Schoß verwenden. Der einzige Nachteil, der mir dabei auffiel: Beim Tippen auf den Bildschirm wackelt dieser leicht nach. Dieses Problem haben aber viele Windows-Laptops mit Touchscreen. Besonders angenehm bei der Verwendung am Schoß: Nahezu die komplette Hardware befindet sich im Tablet-Teil, wodurch die Unterseite des Laptops angenehm kühl bleibt. Wer über längere Zeit einen heißen Laptop auf seinen Oberschenkeln ruhen hatte, weiß, dass sich das nicht angenehm anfühlt.

Mac-freundlich

Das Trackpad ist angenehm groß und bietet gutes Feedback beim Klicken. Die Windows-10-Gesten dürften Mac-Nutzern entgegenkommen: Ein Wisch nach oben mit drei Fingern bietet eine Übersicht aller geöffneten Fenster (ähnlich wie Mission Control), ein Wisch nach rechts oder links mit drei Fingern wechselt zum nächsten Programm. Lediglich der Rechtsklick mit zwei Fingern ist etwas anders gestaltet (tatsächlich mit zwei Fingern klicken statt zwei Finger auf der Fläche halten und mit einem dritten Finger klicken wie bei OS X). Etwas Feinabstimmung ist dennoch notwendig, im Test reagierte der Mauszeiger für meinen Geschmack etwas zu sensibel.

In puncto Anschlüsse bekommt man Schonkost serviert: zwei USB-3.0-Ports, ein SD-Kartenleser, ein MiniDisplay-Port sowie ein 3,5-mm-Klinkenanschluss. Die USB-Anschlüsse sowie der MiniDisplay-Port können lediglich genutzt werden, wenn das Surface Book als Laptop verwendet wird. Am Tablet selbst findet sich lediglich der Audio-Ausgang. Auch Laden ist lediglich im Laptop-Modus möglich. Immerhin wird das Tablet automatisch über den 52-Wh-Akku in der Tastatur geladen, wenn es angedockt wird. Apropos An- und Abdocken: Der Benutzer muss eine Taste drücken, um das Tablet, ähnlich wie USB-Sticks, “auszuwerfen”. Erst dann wird der Mechanismus gelöst und das Tablet kann relativ einfach herausgezogen werden. Der Mechanismus ist allerdings dermaßen laut, dass ich beim ersten Mal schon befürchtet habe, etwas kaputt gemacht zu haben.

Fast unreparierbar

In puncto Hardware-Ausstattung konnte uns Microsoft das (Fast-)Top-Modell zur Verfügung stellen - es gibt lediglich ein weiteres Modell, das etwas mehr Speicher (ein Terabyte statt 512 Gigabyte) bieten kann. Der Intel-Core-i7-Prozessor der aktuellen Skylake-Generation kann auf 16 Gigabyte Arbeitsspeicher sowie eine Geforce 940M mit einem Gigabyte Speicher zurückgreifen. Eine solide Ausstattung, die ausreichend Leistung für Adobes Creative Suite aber auch für CAD- und 3D-Modellierungsprogramme bietet. An diese Zielgruppe dürfte sich dieses Ausstattungspaket wohl auch richten, denn Gamer haben vor allem mit der GPU wenig Freude. So konnten in Benchmarks sowie älteren Spielen wie Civilization V zwar solide Frameraten erreicht werden, aktuelle Titel wie “The Divison” oder “GTA V” können aber nur mit minimalen Details gespielt werden.

PCMark 8 (Home, Accelerated): 2869 Punkte
3DMark (Fire Strike 1.1): 1914 Punkte
3DMark (IceStorm 1.2): 16.563 Punkte

Doch zu welchem Modell sollte man greifen? Lediglich das günstigste Modell (Core i5) mit 128 Gigabyte Speicher verzichtet auf eine eigene Grafikkarte, alle anderen Modelle sind mit der Geforce 940M ausgestattet. Wer auf GPU-lastige Anwendungen verzichten und nur hin und wieder Fotos bearbeiten möchte, dürfte somit auch mit dem günstigsten Modell und dem integrierten GPU-Chipsatz Intel HD 520 auskommen. Leider bietet Microsoft lediglich das i7-Modell mit 16 Gigabyte Arbeitsspeicher an - wer besonders stark auf Multitasking angewiesen ist, sollte sich diesen Schritt daher gut überlegen. Denn Aufrüsten ist selbst für begabte Bastler nahezu unmöglich - das Surface Book erhielt im iFixit-Reparaturindex nur einen von zehn möglichen Punkten.

Wieder stark spiegelnd

Der Bildschirm des Surface Book ist ähnlich hervorragend wie jener des Surface Pro 4. Mit einer Bildschirmdiagonale von 13,5 Zoll ist er allerdings etwas größer und behält das ungewöhnliche Verhältnis von 3:2 bei. Mit einer Auflösung von 3000 mal 2000 Pixeln ist es nahezu konkurrenzlos scharf - lediglich der QHD+ Bildschirm des Dell XPS 13 übertrifft die Pixeldichte des Surface Book leicht (276 gegenüber 267 Pixel per Inch). Auch Farbdarstellung, Kontrast sowie Helligkeit fallen durchgehend positiv aus. Die Helligkeit kann allerdings einen großen Makel nicht vollständig ausgleichen: Das starke Spiegeln des Bildschirmglases. Dieses Problem hat auch das Surface Pro 4, allerdings scheint es beim Surface Book deutlich stärker ausgeprägt zu sein.

Besonders praktisch: Der biometrische Log-In per Windows Hello. Die verbaute 5-Megapixel-Frontkamera erkennt das Gesicht zuverlässig, dank Infrarot-Sensor auch bei Dunkelheit. Da verzeiht man relativ rasch, dass Microsoft auf Intels Realsense-Kamera verzichtet, die mittlerweile in vielen Windows-Laptops zu finden ist. Laut Microsoft sei dafür kein Platz mehr gewesen. Einziger Nachteil: Die Kamera verlangte hin und wieder von mir, dass ich mich sehr weit vorbeuge, um das Gesicht richtig zu erkennen. Das dürfte in der Öffentlichkeit unfreiwillig komisch wirken. Die Rückkamera ließ sich hin und wieder für Notizen mit OneNote gut gebrauchen, die Qualität der 8-Megapixel-Aufnahmen begeisterten mich aber nicht wirklich.

Den beigelegten Surface Pen konnte ich hingegen kaum gebrauchen. Nicht etwa, weil die Erkennung der Stifteingaben nicht gut gelang: Microsoft setzt hier auf das gleiche System wie beim Surface Pro 4, das dank 1024 Druckstufen und wechselbarer Spitzen auch für Profis gut geeignet ist. Doch im Gegensatz zum Surface Pro 4, bei dem der Wechsel vom “Laptop” zum Tablet binnen einer Sekunde erledigt ist, gestaltet sich der Vorgang beim Surface Book deutlich langwieriger. So habe ich oftmals auf den Stift verzichtet und einfach eine Notiz mit dem Finger aufgezeichnet, ohne das Tablet abzudocken. Eine nette Ergänzung, die wohl nicht jeden ansprechen dürfte.

Im Schlaf entleert

Das Unibody-Gehäuse versperrt auch den Zugang zum Akku - wer auf Ersatzakkus zum Tauschen hofft, wird daher enttäuscht. Allerdings glänzte das Surface Book im Test mit hervorragenden Werten bei der Laufzeit. So überstand es problemlos mit einer Akkuladung einen intensiven Arbeitstag auf dem Mobile World Congress, bei dem es wechselhaften Bedingungen und intensivem Multitasking (Videochat, Bildbearbeitung, zahlreiche geöffnete Browser-Tabs) ausgesetzt war. Üblicherweise ließ sich das Surface Book rund zehn bis zwölf Stunden bei automatischer Display-Helligkeit (Indoor) verwenden. Sollte es knapp werden, ist der Akku schnell wieder geladen. Das mitgelieferte 60-Watt-Netzteil füllte den leeren Akku binnen zwei Stunden komplett.

Diese guten Messwerte ließen sich allerdings erst nach einem umfangreichen Firmware-Update von Microsoft erreichen, das unter anderem auch die ständigen Abstürze des Bildschirmtreibers behob. Zuvor hatte das Surface Book ein Problem, das sich bereits bei den letzten beiden Generationen des Surface Pro beobachten ließ: Das Gerät wechselte beim Zuklappen nicht in den Ruhemodus oder schaltete sich plötzlich im Rucksack wieder ein. So wurde der Akku unbemerkt entleert und das Gerät außerordentlich heiß. Glücklicherweise trat dieses Problem nach dem Update nicht mehr auf. Dennoch habe ich das Surface Book im späteren Verlauf des Tests aus Sicherheitsgründen stets ausgeschaltet, wenn ich es in meinem Rucksack transportiert habe. Fluch und Segen zugleich: Die Lüftung ist selbst unter Volllast kaum wahrnehmbar.

Apropos kaum wahrnehmbar: Die gut versteckten Lautsprecher mögen für Zuhause ausreichen, in lauteren Umgebungen musste ich aber zu Kopfhörern greifen. Die Qualität ist für ein Tablet ansprechend, bei anderen Laptops dieser Preisklasse konnte man aber bereits Besseres hören.

Wenn das MacBook Pro und iPad Pro ein Kind hätten, es würde wohl Surface Book heißen. Doch was ist das Surface Book nun eigentlich - ein Tablet oder ein Laptop? Wie beim Surface Pro kann ich hier keine eindeutige Antwort liefern, auf einer Skala tendiert das Surface Book aber stärker Richtung Laptop. So faszinierend die Kreuzung sein mag, im Gegensatz zum Surface Pro konnte ich beim Surface Book keinen Vorteil daraus ziehen. Hin und wieder habe ich das Tablet aus dem Dock entfernt, um Videos zu schauen oder ein Spiel aus dem Windows Store zu spielen, doch meist verwendete ich es einfach als Laptop.

Und hier macht das Surface Book eine hervorragende Figur. Sowohl bei simplen Alltagsaufgaben wie dem Erstellen von Word-Dokumenten und Surfen im Internet als auch bei anspruchsvollen Szenarien wie Videoschnitt und 3D-Modellierung lieferte der Microsoft-Laptop ausreichend Leistung. Das Bedienkonzept, das vielen Mac-Nutzern bekannt vorkommen dürfte, erlaubt zudem flottes produktives Arbeiten. Und im Vergleich zum mittlerweile altbekannten Design des MacBook Pro ist das Surface Book ein wahrer Hingucker - auch wenn mich der Spalt zwischen Tastatur und Display im Test geärgert hat.

All das hat aber auch einen entsprechenden Preis: Das Surface Book ist ab 1649 Euro erhältlich, das getestete Modell schlägt mit 2919 Euro zu Buche. Damit liegt man sogar ein Stück über dem Niveau von Konkurrent Apple, dessen ähnlich ausgestattetes MacBook Pro mit 13 Zoll 2479 Euro kostet. Dafür bekommt man aber auch ein kleines bisschen mehr: Touchscreen mit Stift-Eingabe, ein abnehmbares Display sowie etwas mehr Grafikleistung. Sicher ist jedoch: Wer auf der Suche nach dem “MacBook der Windows-Welt” ist, wird beim Surface Book fündig.

Modell:
Microsoft Surface Book
Maße und Gewicht:
313,2 x 232,1 x 13 mm; 1,51 Kilogramm
CPU:
Intel Core i7-6600U (Dual-Core 2,6 GHz)
GPU:
Intel HD 520/Nvidia Geforce 940M
RAM:
16 Gigabyte
Bildschirm:
13,5 Zoll PixelSense-Bildschirm (spiegelnd, 3000 x 2000 Bildpunkte, 3:2, 267 ppi)
Speicher:
512 GB SSD (davon 474 GB nutzbar)
Akku:
70 Wh (18 Wh im Tablet, 52 Wh in Tastatur)
Sonstiges:
1 x Mini-DisplayPort, 2 x USB 3.0, WLAN (802.11 a/b/g/n/ac), Bluetooth 4.0, Frontkamera (5 Megapixel), Rückkamera (8 Megapixel), Speicherkartenleser (SD)
Preis:
2919 Euro (getestete Variante, ab 1649 Euro erhältlich)

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Michael Leitner

derfleck

Liebt Technik, die Möglichkeiten für mehr bietet - von Android bis zur Z-Achse des 3D-Druckers. Begeistert sich aber auch für Windows Phone, iOS, BlackBerry und Co. Immer auf der Suche nach "the next big thing". Lieblingsthemen: 3D-Druck, Programmieren, Smartphones, Tablets, Open Hardware, Videospiele

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