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Unter 150 Euro

Motorola Moto E im Test: Perfektes Einsteiger-Smartphone

Wer auf der Suche nach einem aktuellen Top-Smartphone ist, muss tief in die Tasche greifen. Kaum ein Flaggschiff-Modell ist unter 600 Euro zu haben, nach oben ist die Grenze offen. Doch es muss nicht immer die “eierlegende Wollmilchsau” mit High-End-Ausstattung sein. Motorola bietet mit dem Moto E ein Smartphone für genügsame Nutzer an, die nicht zu viel Geld ausgeben wollen. Für 130 Euro bekommt man ein solide ausgestattetes, kompaktes Smartphone mit großem Akku und nahezu unberührtem Android. Die futurezone hat das verlockende Einsteiger-Modell getestet.

Das Moto E setzt sich dem Schlankheitswahn aktueller Smartphones entgegen und ist gesunde 12,3 Millimeter dick. Das sorgt für einen ordentlichen Buckel, der sich in einer engen Hosentasche durchaus bemerkbar machen kann. Doch die Haptik des Geräts profitiert davon spürbar. Das kompakte 4,5-Zoll-Smartphone schmiegt sich so angenehm in die Handfläche, auch aufgrund der abgerundeten Rückseite. Diese dürfte wohl jene Nutzer, die mit dem Smartphone am Tisch liegend tippen, wenig erfreuen, doch die Vorteile überwiegen. Auf der Rückseite ist lediglich das dezente Motorola-Logo zu finden, das in einer leichten Einbuchtung platziert wurde. Darüber befindet sich die mit einem Metallrahmen verzierte Kamera. Auf einen Blitz muss man leider verzichten.

Die Rückseite besteht aus glattem Kunststoff, der robust wirkt und auch unter Druck nicht nachgibt. Einen besseren Halt gibt der abnehmbare Rahmen, der geriffelt wurde. Eine gute Idee, denn sollte das Smartphone auf den Boden fallen, dürfte vor allem der Rand beschädigt werden. Die Rückseite kann leider nicht abgenommen werden, der Akku ist fest verbaut. Motorola bietet jedoch bunte “Akzentbänder” sowieSchutzhüllen für 10 bis 20 Euro an, mit denen die Optik des Smartphones angepasst werden kann. Die Lautstärkewippe sowie die Power-Taste an der rechten Seite sind gut zu erreichen und im abnehmbaren Rahmen verbaut. Der 3,5-mm-Klinkenanschluss ist oben mittig zu finden.
An der Front sucht man vergeblich nach Hardware-Tasten, Motorola setzt stattdessen auf Soft-Keys. So konnte auch der Rahmen unter dem Display mit nur einem Zentimeter Breite angenehm schmal gehalten werden. Wie bei den Hardware-Tasten und der Kamera wird auch der Lautsprecher durch eine metallfarbene Lackierung hervorgehoben. Daneben befindet sich ein Neuzugang: Erstmals wird beim Moto E auch eine Frontkamera verbaut. Kurios: FCC-ID und CE-Kennzeichnung wurden auf einem ausziehbaren Kunststoff-Streifen angebracht, der sich unter dem Rahmen verbirgt. Üblicherweise bringen Hersteller diese Kennzeichnung am Gehäuse an. Das Moto E kann so seinen schlichten und hochwertigen Stil beibehalten.

Das Moto E setzt auf ein 4,5 Zoll großes LCD-Panel, das mit mageren 960 mal 540 Bildpunkten auflöst. Das mag im Zeitalter von Quad-HD-Displays recht niedrig erscheinen, im Alltag fällt es jedoch kaum auf. Die Pixeldichte von 244 ppi ist ausreichend und ließ nur selten unscharfe Schrifte oder pixelige Grafiken erkennen. Aus sehr knappen Abständen ließ sich eine leichte Stufenbildung erkennen. Dazu muss der Abstand zwischen Auge und Bildschirm aber weniger als zehn Zentimeter betragen - im Alltag kommt das kaum vor. Etwas lästig ist jedoch, dass dem Benutzer so HD-Videos auf YouTube verwehrt bleiben. In einem ersten Hands-On auf dem Mobile World Congress enttäuschte das Display des Moto E noch aufgrund niedriger Helligkeit, doch das fertige Testgerät ließ kaum Makel erkennen. Auch bei starkem Sonnenlicht war der Bildschirm gut ablesbar.

Das IPS-Panel stellt Farben natürlich, aber leider auch etwas blass dar. Auch ein leichter Farbstich ließ sich erkennen, das Weiß neigte zu einer gelblichen Verfärbung. Diese fiel aber nur im direkten Vergleich mit anderen LCD-Panels auf, die üblicherweise zu einem Blaustich neigen. Das Schwarz ist kräftig und muss sich nicht vor Super-AMOLED-Panels verstecken. Die Blickwinkelabhängigkeit ist gut, bei steilen Winkeln über 60 Grad Neigung geht jedoch recht rasch Helligkeit verloren. Der Bildschirminhalt bleibt stets gut erkennbar, meist sorgt eher die spiegelnde Oberfläche für Ärger.

Die Hardware-Ausstattung des Moto E ist in Anbetracht der UVP von 129 Euro solide. Das Billig-Smartphone ist mit einem Snapdragon 410, einem Gigabyte RAM sowie acht Gigabyte an internem Speicher ausgestattet. Davon sind rund fünf Gigabyte frei verfügbar. Der Speicher ist rasch gefüllt, daher empfiehlt sich eine zusätzliche microSD-Karte. Der verbaute Speicher lieferte zudem eher magere Geschwindigkeiten und bremste das Smartphone so trotz des Mittelklasse-SoC etwas aus. Auch der geringe Arbeitsspeicher erwies sich im Alltag des öfteren als Flaschenhals. Wer Multitasking von Smartphones mit zwei oder sogar drei Gigabyte RAM gewohnt ist, muss hier einige Abstriche machen. Bereits bei zwei oder drei anspruchsvollen Apps, die gleichzeitig geöffnet waren, kam es zu ersten Rucklern.

3DMark (Ice Storm Extreme, v1.2): 2.495 Punkte
3DMark (Ice Storm Unlimited, v1.2): 5.290 Punkte
AndroBench (Version 4.0, sequentielles Lesen/Schreiben): 68,25/16,48 MB/s
AnTuTu (v5.7): 21.587 Punkte
Quadrant (v2.1.1): 13.484 Punkte
PCMark (v1.2): 3.532 Punkte

Auch auf vollständiges Neuladen von Apps muss man sich beim Multitasking einstellen. Genügsame Smartphone-Nutzer, die selten mehr als zwei Apps gleichzeitig nutzen, dürften davon aber nur selten betroffen sein. Der Snapdragon 410 liefert gute Leistung dank vier Cortex-A53-Kernen mit je 1,2 GHz und einer Adreno-306-GPU. Diese reicht für einfache Spiele auf, bei anspruchsvoller 3D-Grafik, beispielsweise bei den GTA-Titeln, bricht die Bildrate aber rasch auf ein unspielbares Niveau ein. Der Snapdragon 410 ist zudem mit einem LTE-Modem ausgestattet.

Die 5-Megapixel-Kamera des Moto E ist für gelegentliche Schnappschüsse geeignet, einen Digitalkamera-Ersatz darf man sich aber nicht erhoffen. Der Samsung-Sensor misst 1/5“ und kann lediglich bei Tageslicht und ruhiger Hand vorzeigbare Ergebnisse erzielen. Das Rauschen blieb erstaunlicherweise im Rahmen, Tageslicht-Aufnahmen waren zudem - sofern der richtige Fokus gefunden wurde - scharf. Motorola hat sich leider dafür entschieden, eine eigene Kamera-App mitzuliefern. Diese ist im Vergleich zur Google-Kamera etwas mühsam zu bedienen. So wird in der Standard-Konfiguration durch einmaliges Antippen auf einen Punkt fokussiert und sofort der Auslöser betätigt.

Das verkommt jedoch zum Glücksspiel, meist verfehlte die Kamera das gewünschte Ziel deutlich. Auslöser und Fokuswahl lassen sich in den Einstellungen jedoch auch voneinander trennen. Dann kann der Benutzer vorher den Fokuspunkt auswählen und durch nochmaliges Antippen den Auslöser betätigen. Leider kann der Benutzer den Fokuspunkt nicht durch das Tippen auf einen beliebigen Punkt am Bildschirm setzen, sondern muss diesen zunächst Antippen und dann Ziehen. Darauf vergisst man in der Eile rasch und erhält so Aufnahmen mit einem völlig falschen Fokus.

Ohne Tageslicht oder eine künstliche Lichtquelle ist die Kamera des Moto E vollkommen blind, ein Blitz fehlt. Aber auch mit künstlicher Beleuchtung verkamen Nachtaufnahmen zu Matsch und waren durchgehend unbrauchbar. So mühsam die Fokussuche bei Fotos ist, die Videoaufnahme bereitete hier deutlich weniger Probleme. Die Qualität der 720p-Videos ist gut, meist wurde der richtige Fokus gefunden. Leider war aber keine manuelle Fokuswahl möglich, beim Antippen des Bildschirms wird nur ein Foto angefertigt. Motorola verbaut zudem erstmals im Moto E eine Frontkamera. Mit 0,3 Megapixel ist sie jedoch nicht wirklich Selfie-tauglich, für Videochats aber ausreichend.

Genügsame Komponenten sowie ein relativ großer Akku von 2.390 mAh sollten eigentlich dafür sorgen, dass das Moto E ein wahrer Dauerläufer ist. Im Praxistest landet das Moto E auch im oberen Mittelfeld. Hier kommt es vor allem auf den Anwendungsfall an. Bei intensiver Nutzung (WLAN/GPS/Bluetooth aktiv, vier Stunden Spotify Streaming über mobile Daten, zwei Stunden Bildschirm an, 30 Minuten Telefonieren) hielt das Moto E knapp eineinhalb Tage durch. Ein hervorragender Wert, einige Flaggschiff-Modelle müssen hier bereits nach zwölf bis 18 Stunden die Segel streichen.

Wer jedoch darauf verzichten kann, ständig online zu sein, wird zusätzlich belohnt. Hier sollten sich bis zu drei Tage Laufzeit herausholen lassen, je nach Nutzung. Zudem ist ein Energiesparmodus integriert, der Vibration deaktiviert und die Hintergrunddaten beschränkt.

Motorola ist einer der wenigen Smartphone-Hersteller, der auf nahezu unberührtes Android setzt. Das Moto E wird mit Android 5.0.2 ausgeliefert, ein Update auf Android 5.1 wurde bereits in Aussicht gestellt. Einige Anpassungen wurden dennoch vorgenommen. Neben der eigenen Kamera-App wurde beispielsweise der Lockscreen mit der Moto-App angepasst. Wie beim Moto X werden bei gedimmter Hintergrundbeleuchtung auf schwarzem Hintergrund die Uhrzeit und Benachrichtigungen angezeigt. Da beim Moto E ein LCD- und kein AMOLED-Panel verbaut wurde, ist der Nutzen für den Benutzer gering. Schwarz verbraucht bei AMOLED keine Energie, bei LCD muss aber die Hintergrundbeleuchtung für den ganzen Bildschirm aktiviert werden.

Unter der Moto-App fasst Motorola einige nette Zusatzfunktionen zusammen. So wird über das Mikrofon erkannt, ob man sich gerade in einer Besprechung befindet und das Smartphone automatisch auf lautlos gestellt. Die “Nachtruhe” deaktiviert Benachrichtigungen zu voreingestellten Zeiten. Das war es aber bereits mit den Anpassungen. Mit Ausnahme der System- und Google-Apps sucht man Apps von Drittherstellern vergeblich.

Das Moto E ist das perfekte Gerät für all jene, die sich nicht sicher sind, ob sie ein Smartphone brauchen. Die moderate Ausstattung sowie der günstige Preis bieten die perfekte Gelegenheit für Smartphone-Einsteiger, das bisher Unbekannte auszuprobieren. Aber auch genügsame Smartphone-Nutzer, die auf einige Apps nicht verzichten können, finden im Motorola einen zuverlässigen Begleiter. Vor allem die lange Akkulaufzeit sowie die auf das pure Android wissen zu überzeugen. Der etwas mager aufgelöste Bildschirm sowie die mäßige Kamera enttäuschen zwar etwas, doch hier bietet Motorola mit dem 50 Euro teureren Moto G eine interessante Alternative. Das verfügt über einen 720p-Bildschirm sowie eine etwas bessere Kamera.

Alternativ bietet auch LG mit dem L90 ein günstiges Einsteiger-Modell an, das mit einer etwas besseren Kamera (8 Megapixel und LED-Blitz) sowie einem tauschbaren Akku aufwarten kann. Der Preis liegt mit knapp 150 Euro jedoch etwas höher. In dieser Preisklasse finden sich auch einige günstige Microsoft-Smartphones, beispielsweise das kürzlich veröffentlichte Lumia 640. Dieses kann einen fünf Zoll großen 720p-Bildschirm, einen tauschbaren Akku sowie eine 8-Megapixel-Kamera mit Blitz vorweisen. Dafür muss man jedoch auf Android verzichten und mit Windows Phone 8.1 arbeiten.

Modell:
Motorola Moto E (2015)
Display:
4,5 Zoll IPS LC-Bildschirm - 960 x 540 Pixel (16:9, 244 ppi, geschützt von Gorilla Glass 3)
Prozessor:
Quadcore-SoC (1,2 GHz A53, Qualcomm Snapdragon 410)
RAM:
1 Gigabyte
Speicher:
8 GB intern, microSD-Kartenslot
Betriebssystem:
Android 5.0.2
Anschlüsse/Extras:
microUSB, Bluetooth 4.0, WLAN (b/g/n), LTE
Akku:
2.390 mAh
Kamera:
5 Megapixel (Rückkamera), VGA (Frontkamera)
Videos:
Aufnahme in 720p bei 30 fps möglich
Maße:
129,9 x 66,8 x 12,3 mm, 145 Gramm
Preis:
129 Euro (UVP)

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Michael Leitner

derfleck

Liebt Technik, die Möglichkeiten für mehr bietet - von Android bis zur Z-Achse des 3D-Druckers. Begeistert sich aber auch für Windows Phone, iOS, BlackBerry und Co. Immer auf der Suche nach "the next big thing". Lieblingsthemen: 3D-Druck, Programmieren, Smartphones, Tablets, Open Hardware, Videospiele

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