Um Hi Res wahrnehmen zu können, braucht man neben dem Musik-File sowohl einen passenden Musik-Player als auch Kopfhörer.
Um Hi Res wahrnehmen zu können, braucht man neben dem Musik-File sowohl einen passenden Musik-Player als auch Kopfhörer.
© Sony

Hi Res

MP3 ade: Warum Musik wieder gut klingen soll

Neil Young hasst das komprimierte Dateiformat MP3, das sich in der digitalen Welt seit vielen Jahren als Standard eingeschlichen hat. Aus seiner Sicht ist das auch höchst verständlich: Er ist Musiker und möchte, dass seine Fans seine Musik in der bestmöglichen Qualität zu hören bekommen. Schließlich werden die Musikstücke seit eh und je in den Tonstudios in weitaus besserer Qualität aufgenommen, als das, was der Konsument letztendlich zu hören bekommt. Seit Musik hauptsächlich digital konsumiert wird, wird selbst der Qualitäts-Standard der Audio-CD deutlich unterschritten und Musik nur noch in deutlich komprimierter Form gehört.

Das will Musiker Young nun ändern. Er startete eineCrowdfunding-Kampagneauf der Plattform Kickstarter, um Geld für sein Start-up Pono zu sammeln, das auf High Resolution Audio (Hi Res) setzt. EinAbspielgerät für hochwertige Audio-Files sowie eine Download-Dienst für Musik in hochwertiger Qualität sind geplant. 18.000 Fans unterstützen den Musiker, der angestrebte Betrag von 800.000 US-Dollar kam bereits am ersten Tag der Kampagne zustande. Die Kampagne ist damit in die Top 3 der erfolgreichsten Kampagnen auf Kickstarter gerutscht.

Sony, Apple und Labels

Der Musiker ist aber nicht der einzige, der auf hochwertige Musik-Files setzt. Der Technologiekonzern Sony hat sich im Herbst 2013 mit den Major-Plattenlabels Universal Music, Warner Music und Sony Music zusammengetan, um Hi Res Audio zu fördern. Auf dem neuen Walkman-Flaggschiff, dem digitalen Musik-Player ZX1 (in Österreich nicht erhältlich) sowie dem Musik-Player NWZ-F886 (in Österreich ab 329 Euro erhältlich), sind bereits 15 Songs in hoher Audio-Qualität vorinstalliert, um den Konsumenten Geschmack darauf zu machen. Daneben gibt es von Sony bereits ein komplettes Produkt-Sortiment von Kopfhörern bis HiFi-Anlagen und Smartphones, die mit Musik-Files in Hi Res-Qualität kompatibel sind.

ZX1
Auch weitere Audio-Hersteller wie Harman Kardon setzen auf Hi Res. Selbst Apple will demnächst auf den Hi Res-Zug aufspringen: Der Konzern fordert Plattfirmen und Künstler bereits seit einiger Zeit dazu auf, Musik für den iTunes Store in höherer Qualität zur Verfügung zu stellen. Zudem gibt es Gerüchte, dass mit der nächsten Generation des mobilen Betriebssystems iOS Musik in Hi Res-Qualität stärker forciert werden wird.

Massentauglich?

Doch was bringt Hi Res überhaupt? Es kann beim Musikhören wieder Gänsehaut erzeugen. Man hört Frequenzen, die beim Komprimieren von Musik unweigerlich verloren gehen. Man hört die Musik-Stücke zudem genau so, wie sie vom Künstler im Studio aufgenommen worden sind. Es ist wie „High Definition“ beim TV, nur für Musik.

Bisher war dies aufgrund des begrenzten Speicherplatzes bei Musik-Playern oder Smartphones nicht so einfach möglich. Ein dreiminütiges Musik-Stück in Hi Res braucht nämlich rund 110 MB Speicherplatz, ein fünfminütiger Song gar 175 MB. Doch Speicherplatz wird immer billiger, daher gibt es keine Notwendigkeit mehr, die Musik den Konsumenten nicht in Original-Qualität zur Verfügung zu stellen.

Teurer Spaß

Doch es gibt derzeit sehr wohl noch einige Gründe, warum sich Hi Res noch nicht in der Masse durchsetzen könnte: Einer davon ist der etwas teurere Preis: Hi-Res-Musik-Files kosten im Schnitt 50 Prozent mehr und sind nur in wenigen Online-Shops erhältlich (z.B. hdtracks.de). In diesen gibt es dann oft noch Länderbeschränkungen aufgrund von Lizensierungsproblemen.

50 Prozent mehr ist eine Summe, die sicher nicht jeder Konsument aufwenden will, für den Musik nur eine „Nebenbeschäftigung“ ist. Vor allem auch deshalb, weil es (derzeit) noch voraussetzt, dass man sich komplett neue Geräte wie Kopfhörer, Audio-Player, Smartphone oder HiFi-Anlage kaufen muss. In ein paar Jahren, wenn diese zum Standard geworden sind und sich auch die Preise für den Speicherplatz und die Audio-Files weiter nach unten verschoben haben, könnte Hi Res allerdings zum neuen Standard werden – wenn es denn dann auch einen fixen Standard oder eine Kompatibilität gibt.

Standard-Format fehlt

Unter Hi Res Audio versteht man derzeit nämlich einfach ein Audio-File, das über eine höhere Qualität verfügt, als eine Audio-CD oder DAT (Digital Audio Tape). Musik-Stücke sind auf einer Audio-CD in 44,1 kHz und 16 bit gespeichert. Hi Res Audio geht darüber hinaus, es gibt aber kein fixes Format. Mit Hi Res Audio gemeint sein können etwa unkomprimierte FLAC-Dateien in 44.1 kHz und 24 bit sowie WAV- oder AIFF-Dateien in einer Auflösung von 96 kHz und 24 bit. Apple will zudem sein eigenes Hi Res Audio-Format Apple Lossless (ALAC) im iTunes Store stärker zum Einsatz bringen.

Wenn man derzeit Musik-Files in HD-Qualität kauft, muss man sich genau überlegen, auf was für einen Musik-Player man die Files draufladen möchte. iTunes unterstützt derzeit etwa keine FLAC-Files (sondern ALAC), Winamp keine AIFF-Dateien. Konsumenten sind also mit einer Reihe von Formaten und Überlegungen konfrontiert, wenn sie sich auf ein besseres Klangexperiment einlassen wollen. Ein weitere Kritikpunkt ist, dass derzeit noch kein Musik-Streaming in Hi Res möglich ist. Hinzu kommt, dass es unter Wissenschaftlern als umstritten gilt, ob das menschliche Ohr in einer Alltagssituation überhaupt einen Unterschied wahrnehmen kann. Bleibt daher die Frage, ob Hi Res sich wirklich in der Masse durchsetzen wird, oder nur eine Liebhaberei für audiophile Menschen bleibt.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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