Nespresso Prodigio
Nespresso Prodigio
© Gregor Gruber

Nespresso Prodigio: Kaffee per Smartphone runterlassen

Nespresso Prodigio: Kaffee per Smartphone runterlassen

Die Simplizität der kompakten Kapsel-Maschinen mit Nespresso-System sind Segen und Fluch zugleich. Der Minimalismus bei den Bedienelementen ermöglicht ein kleineres Gerät und macht die Verwendung intuitiv – solange, bis die Maschine gewartet werden muss. Durch den Verzicht auf Displays und dedizierte LEDs für Warn- und Statusmeldungen kann man schon mal rätselnd mit der Bedienungsanleitung in der Hand vor der Maschine stehen und nach dem Ausschlussverfahren mögliche Störfaktoren durchgehen.

Die neue DeLonghi Nespresso Prodigio (199 Euro) will dieses Problem lösen, indem das Smartphone zum Display wird. Die Verbindung zu Handy oder Tablet erfolgt per Bluetooth, die passende Nespresso-App ist für iOS und Android verfügbar.

Wir haben getestet, ob der Kapsel-Kaffee smarter ist, wenn der Brühvorgang per Smartphone gestartet wird und festgestellt, dass das Bluetooth/App-Potenzial nicht ausreichend genutzt wird.

Einrichten

Die technische Ausstattung der Prodigio entspricht in etwa der U Pure (139 Euro), für die Bluetooth-Funktion zahlt man demnach 60 Euro mehr. Das Einrichten der Maschine per Smartphone ist problemlos möglich. Per App wird der Kalkgehalt des Wassers eingestellt, der zuvor mittels des mitgelieferten Teststreifens ermittelt wurde.

Jetzt wird noch der Kapselzähler konfiguriert. Hat man nur noch zehn Kapseln verfügbar, schlägt die App per Notification Center Alarm. Die Kapseln können direkt über die App nachbestellt werden. Sobald man bestellt hat, fragt die App, ob der Zähler automatisch aktualisiert werden soll. Diese Abfrage kommt sofort nach dem Bestellen und in regelmäßigen Abständen, wenn man sie ignoriert.

Hier ist eine smartere Lösung wünschenswert. Wird per Post bestellt, sollte die Zähleraktualisierung erst aufpoppen, wenn sich die Kapseln in Zustellung befinden und nicht fünf Sekunden, nachdem man bestellt hat.

Bluetooth-Kaffee

Über die App kann der Brühvorgang gestartet werden. Eine Zeit- oder Handgriffersparnis ist das nicht, da man sowieso zur Maschine gehen muss, um eine Kapsel einzulegen oder die Tasse darunter zu stellen. Der Aufheizvorgang kann nicht per App gestartet werden, wenn sich die Prodigio im Standby-Modus befindet. So könnte man sich zumindest 25 Sekunden Wartezeit ersparen, indem man die Maschine aus der Ferne anwirft, bevor man sich zu ihr begibt.

Beim Brühen per Smartphone wird, wie bei der Maschine selbst, die Tassengröße gewählt. Die App erkennt nicht anhand der Bestellung, welche Kaffeekapseln man geordert hat und empfiehlt deshalb auch nicht die passende Tassengröße. Auch das Fotografieren oder Scannen der Kapsel, um eine Empfehlung zu erhalten, ist nicht möglich. Immerhin ist in der App ein Link zu einem Pop-Up-Text enthalten, der erklärt, dass Kapseln der Intenso-Reihe für die Tassengrößen Ristretto und Espresso gedacht sind, Pure Origin für Espresso, etc.

Als Kapsel-Noob kommt man ins Grübeln, da etwa auf der Schachtel von Arpeggio nirgends das Wort Intenso geschrieben steht. Natürlich könnte man auf der Schachtel die Tassenempfehlung ansehen, aber wenn ich auf Papier Informationen lesen wollte, hätte ich keine „smarte“ Kaffeemaschine mit App, die mir diese Arbeit abnehmen sollte.

Kein Abbrechen per App

Nespresso Prodigio

Ist der Brühvorgang gestartet, gibt es keine Leiste, die anzeigt, wie weit fortgeschritten die Zubereitung ist. Immerhin wird angezeigt, wenn die Zubereitung beendet ist. Bei der Tassengröße Lungo zeigt die App zu früh an, dass der Kaffee fertig ist.

Es fehlt eine Abbrechen-Funktion in der App. Bemerkt man, dass gerade im verschlafenen Zustand ein Lungo per Espresso-Tasse heruntergelassen wird, kann der Brühvorgang nicht am Smartphone gestoppt werden.

Was ebenfalls fehlt: Eine Bewertungs-Option für die Kaffeesorte mit der gewählten Tassengröße. Gerade bei den mitgelieferten 16 Probier-Kapseln könnte man als Nespresso-Neuling so besser nachvollziehen, welche Sorten am besten geschmeckt haben und welche man deshalb bestellen will.

Zu wenig Einstellungen

Nespresso Prodigio

Über die App kann eine Zeitschaltung vorgenommen werden, damit der Kaffee pünktlich, etwa mit dem Klingeln des Weckers, zubereitet wird. Eine Regel für mehrere Zeitschaltungen oder solche, die sich wiederholen, gibt es nicht. Das ist wahrscheinlich besser so, da User sonst möglicherweise mal vergessen, eine Tasse am Vorabend unter die Maschine zu stellen.

Über die drei Tassengrößen-Tasten der Prodigio kann die Auto-Standby-Funktion von neun auf 30 Minuten geändert werden – in der App geht das nicht. Die Prodigio kann individuelle Wassermengen für die drei Tassengrößen speichern. Auch diese Funktion ist nur über die Maschine möglich. Dasselbe gilt für die Entleerungs-Funktion.

Da stellt sich die Frage: Wieso sind diese Funktionen nicht in der App verfügbar? Über ein vernünftiges Interface wäre das Einstellen viel komfortabler, als über die drei Tassengrößen-Tasten der Maschine.

Wartung

Nespresso Prodigio

Die App zeigt an, wenn der Sammelbehälter für die leeren Kapseln voll ist und geleert werden muss. Die App zeigt auch an, wenn der Brühvorgang gestoppt wurde, weil nicht genügend Wasser im Tank ist. Sinnvoller wäre es, wenn direkt beim Auswählen der Tassengröße eine Warnung kommt, dass nicht mehr genügend Wasser im Tank ist. Nützlich wäre es auch, wenn nach dem Auffüllen des Tanks der Brühvorgang per App fortgesetzt werden könnte – kann er aber nicht.

Die App meldet sich, wenn eine Entkalkung der Maschine erforderlich ist. Lästig: Es gibt weder eine Prognose noch eine andere Form von Vorauswarnung, wann dies soweit ist. Da die meisten Maschinen die Entkalkung nur anhand der Zubereitungsanzahl und der zuvor eingestellten Wasserhärte berechnen, müsste es sehr einfach sein in der App anzeigen zu lassen, dass nach 17 Kaffees eine Entkalkung vorgenommen werden sollte.

Fazit

Nespresso Prodigio

Den Kaffee per Smartphone bei einer Kapselmaschine runterzulassen, grenzt schon an smarte Dekadenz: Nur, weil man etwas per Bluetooth machen kann, heißt es nicht, dass man es auch sollte – oder es Sinn macht.

Abgesehen davon wurden bei der Prodigio Chancen verpasst. Die App bietet nicht genug Zusatznutzen. Man sollte zumindest alle Geräteeinstellungen per App erledigen können, die an der Maschine per Tastendruck vorgenommen werden müssen.

Im jetzigen Zustand ist die Bluetooth- Anbindung keine 60 Euro Aufpreis wert. Hier gehört funktional nachgerüstet. Zudem passierte es im 66 Kapseln umfassenden Test zwei Mal, dass die Bluetooth-Verbindung zur Maschine verloren wurde. Die Prodigio musste in den Werkszustand zurückgesetzt werden, um die Verbindung erneut herzustellen.

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

mehr lesen
Gregor Gruber

Kommentare