Nikon D750
Nikon D750
© Gregor Gruber

Kamera-Test

Nikon D750 im Test: Spagat im Vollformat

Mit einem UVP von 2.149 Euro ist Nikons Vollformat-Kamera D750 zwischen den Vollformat-DSLRs D610 (1.949 Euro) und D810 (3.249 Euro) angesiedelt. Sie soll ambitionierte Amateure ansprechen aber auch Profis, die eine schnellere Vollformat-Kamera als Nikons D810 benötigen. Die futurezone hat die D750 getestet.

Gehäuse

Vom Gehäuse her wirkt die D750 wie ein Upgrade der D610. Die Maße sind nahezu ident, die D750 ist mit 840 Gramm (Gehäuse mit Akku und Speicherkarte) sogar um 10 Gramm leichter. Das Gehäuse besteht aus einer Magnesium-Legierung, das der D750 die Wetterfestigkeit ihrer großen Schwester D810 (zum futurezone-Test) verleiht.

Die Kamera fühlt sich sehr robust an, liegt aber nicht ganz so gut in der Hand, wie die D810. Obwohl wieder Nikons sonst ausgezeichneter, gummierte Griff vorhanden ist, scheint es schwerer zu sein eine angenehme Handhaltung zu finden, bei der der kleine Finger noch Halt am Gehäuse findet. Sollte man gar nicht mit dem Platzangebot zurechtkommen, kann man auf den optional erhältlichen Akkugriff zurückgreifen.

Tasten & Bedienung

Das Tasten-Layout ist nahezu ident mit dem der D610. Beim Moduswahlrad ist die Einstellung „Effects“ hinzugekommen. Das frontseitige Wahlrad ist sehr weit im Griffstück eingelassen und auch relativ streng zu drehen. Mit etwas weniger Widerstand wäre die Bedienung komfortabler.

An der Rückseite ist die Info-Taste über die Vier-Wege-Taste nach oben gewandert, links wurde der unterste Knopf zur i-Taste. Im Gegensatz zur D810 wurde das Menü beim Betätigen der i-Taste überarbeitet. Die Anordnung der Funktionen als Liste ist übersichtlicher und intuitiver als das Icon-basierende Menü der D810. Schade ist, dass die i-Taste nicht kontextsensitiv ist. So wäre es etwa gut, wenn im i-Menü die Vorlaufzeit eingestellt werden könnte, wenn die Kamera im Selbstauslöser-Modus ist.

Für Canon-Fotografen gewöhnungsbedürftig ist wieder die ISO-Taste auf der linken Seite. Will man schnell zwischen zwei Aufnahmen den ISO-Wert ändern um eine kürzere Belichtungszeit zu erzielen, muss man den gewohnten Kamera-Anschlag verlassen. Aber Nikon bietet einen Workaround: Die ISO-Funktion kann auf die Video-Aufnahme-Taste (Oberseite, gleich neben dem Auslöser) gelegt werden. Ein wenig lästig ist, dass das Haupt-Display immer an geht und die ISO-Einstellung zeigt, wenn die ISO-Taste gedrückt wird. Verwendet man den Sucher oder das obere Display zum Einstellen des ISO-Werts, ist das aufleuchtende Display irritierend. Danach bleibt das Display mit den allgemeinen Informationen an, bis man fokussiert oder die Info-Taste drückt.

Dasselbe gilt für die Weißabgleich- und Qualität-Taste. Immerhin wurde auch hier das Onscreen-Menü modernisiert und ist nun intuitiver. Beim Weißabgleich wird eine Farbpalette am Display angezeigt, die optisch verdeutlicht, wie der Weißabgleich in je zwölf Stufen mehr ins Blaue oder Rötliche verstellt wird.

Nikon D750

Sucher & Display

Der Sucher hat eine 0,7-fache Vergrößerung und deckt 100 Prozent des Sichtfelds ab. Im Vergleich zur D810 ist er dünkler. Überhaupt wirkt er für eine Nikon-Kamera in dieser Preisklasse ungewöhnlich trüb. Er ist immer noch besser als der einer Einsteiger-DSLR, kann aber nicht mit dem der D810 mithalten.

Das 3,2-Zoll-Display ist bereits von der D810 bekannt. Es hat das Format 4:3. Dadurch werden weder die Fotos im nativen 3:2-Format noch die Videos im 16:9-Format displayfüllend in der Wiedergabe angezeigt. Das Display hat eine gute Farbstellung und ist ausreichend hell, um auch im Freien den Live-View-Modus nutzen zu können. Was fehlt ist eine automatische Helligkeitseinstellung. Die Farbdarstellung des Displays kann vom User angepasst werden. Dadurch lässt sich das Display an dem Bildschirm anpassen, auf dem man die Fotos bearbeitet.

Als erste Nikon Vollformat-DSLR hat die D750 ein kippbares Display. Es kann um 90 Grad nach oben und nach unten gekippt werden. Dadurch werden Live-View-Aufnahmen Überkopf und aus der Hüfte erleichtert. Auch beim Fotografieren und Filmen vom Stativ kann das kippbare Display nützlich sein. Der Klapp-Mechanismus ist zwar etwas streng, aber auch massiver gebaut als bei Einsteiger-DSLRs oder Premium-Digicams mit kippbaren Displays.

Nikon D750

Fokus

Nikon-typisch ist die Bedienung des Autofokus. Die Fokusmodi und Auswahl der Felder erfolgt durch gedrückt halten der Fokus-Taste links vorne, die vom AF/M-Schalter umgeben ist. Die D750 borgt sich nicht nur den 51-Punkte-Autofokus der D810, sondern verbessert ihn. Laut Nikon schafft es die D750 noch bei minus drei Blendenstufen zu fokussieren, bei der D810 sind es nur minus zwei Blendenstufen. Dies ist vor allem in Situationen hilfreich, in denen man nicht das Fokushilfslicht verwenden möchte.

Der Autofokus liefert durchwegs gute Resultate, auch bei wenig Licht. Die AF-A-Funktion erkennt fast immer richtig, ob sich das Motiv bewegt und fokussiert dementsprechend einmal oder kontinuierlich. Der Autofokus funktioniert auch im Live-View-Modus flott. Bei einer Digicam oder Systemkamera geht es immer noch schneller, für eine DSLR ist die Geschwindigkeit aber bemerkenswert.

Die Belichtungsmessung borgt sich die D750 ebenfalls von der D810. Wie auch der Weißabgleich liegt sie fast immer richtig. Nur in dunkler Umgebung wird, wie bei vielen DSLRs üblich, zu stark belichtet. Will man die tatsächliche Lichtsituation einfangen, muss man mit der Belichtungskorrektur nachhelfen.

Nikon D750

Features

Die D810 ist im Vergleich zum Vorgängermodell D800 flüsterweise und hat einen Quiet-Modus, der das Geräusch tatsächlich leiser macht. Bei der D750 ist dies leider nicht so. Der Quiet-Modus ist immer noch laut, nur dass das Geräusch durch die Pause zwischen Spiegel hoch- und runterklappen länger ist und dadurch teilweise störender als der normale Modus wirkt.

Der Split-Screen Display Zoom und der elektronische erste Vorhang der D810 haben es nicht in die D750 geschafft. Dafür hat sie aber ein anderes Feature, welches schon lange von Nikon-Vollformat-Usern gefordert wurde: ein integriertes WLAN-Modul. Die Funktionen in Verbindung mit Nikons Wireless Mobile Utility sind aber eingeschränkt und noch dazu sieht die App eher wie eine Notlösung als ein Tool für eine 2.149 Euro teure Kamera aus. So kann man zwar das Smartphone oder Tablet als Kamera-Display nutzen, fokussieren und Auslösen, aber keine Kameraeinstellungen ändern. Das GPS des Smartphones kann für Geotagging genutzt und es können Fotos zum mobilen Gerät übertragen werden.

Wird am Moduswahlrad „Effect“ eingestellt, können sieben Bildeffekte gewählt werden, ähnlich wie man es von Einsteiger-DSLRs, Systemkameras und Digicams kennt. Die Effekte sind nur im Vollautomatik-Modus nutzbar, was für eine Semi-Profikamera wie die D750 unverständlich ist. Die Effekte können auch im Video-Modus genutzt werden. Allerdings tut sich die D750 dabei sichtlich schwer, die Live-View-Ansicht ruckelt.

Bildqualität

Im Gegensatz zur D810 verzichtet die D750 nicht auf den Antialiasing-Filter. Mit der Schäre und dem Detailreichtum der deutlich teureren D810 kann sie nicht mithalten. Dennoch bieten die Aufnahmen eine gute Detailzeichnung, Farbabgrenzung und die JPGs in den niederen ISO-Regionen einen hohen Dynamikumfang. Der automatische Weißabgleich und das Farbprofil Standard liefern farbechte Bilder. Die D750 tendiert hier zu wärmeren Farben, was aber durchaus angenehm und bei fast allen Aufnahmesituationen passend ist.

Der native ISO-Bereich der D750 ist 100 bis 12.800 und kann auf 50 bis 51.200 erweitert werden. Bis inklusive ISO 1.600 ist nur geringes Bildrauschen bemerkbar. Bei ISO 3.200 ist das Rauschen beim Betrachten der Fotos am PC-Monitor erkennbar, bei ISO 6.400 gibt es leichte Farbveränderungen. Aber auch mit ISO 12.800 sehen die Fotos noch akzeptabel aus und eignen sich etwa für verkleinerte Bilder auf Websites.

Video

Wie die D810 nimmt die D750 FullHD-Videos mit bis zu 60 Bildern pro Sekunde auf und hat das Farbprofil „Ausgewogen“, das speziell für die Video-Nachbearbeitung gedacht ist. Ebenfalls von der D810 bekannt ist der zuschaltbare Zebra-Modus und das eingebaute, pegelbare Stereo-Mikrofon. Ein HDMI-, Kopfhörer und Mikrofon-Anschluss runden die Videofähigkeiten der D750 ab.

Entsprechen gut ist die Videoqualität, die der D810 in Nichts nachsteht. Auch die Auswahl des DX-Crop-Faktors, was einen verlustfreien 1,5-fach Digitalzoom beim Filmen gleich kommt, hat die D750 von der D810 geerbt. Für das Filmen sollten möglichst schnelle Speicherkarten verwendet werden. Beide SD-Slots der D750 unterstützen SDXC-Karten bis zur Klasse UHS-I.

Nikon D750

Fazit

Die D750 wirkt nicht wie eine abgespeckte D810, sondern mehr wie eine Evolution der D610. Bis auf die Effekte sind die neuen Funktionen und überarbeiteten Menüs sinnvoll, die Foto- und Videoqualität kann ebenfalls überzeugen. Lediglich der trübe Sucher ist eine kleine Enttäuschung – hier ist man besseres von Nikon gewohnt.

Für Profis sind die 6,5 Bilder pro Sekunde interessant, die die D750 in voller Auflösung schafft. Die deutlich teurere D810 schafft ohne Batteriegriff nur fünf Bilder pro Sekunde in voller Auflösung. Für Hochzeits- und Eventfotograf abschreckend könnte das laute Auslösegeräusch der D750 sein.

Spielt man als Amateur- und Hobbyfotograf mit dem Gedanken seine alte Nikon D700 gegen ein neues Modell einzutauschen, ist die D750 eine gute Wahl. Als Nikon-Umsteiger von APS-C zu Vollformat ist die D750 die bessere Wahl als die D610 und den höheren Preis wert.

Technische Daten

Modell:
Nikon D750
Sensor:
FX CMOS-Vollformatsensor mit 24,3 Megapixeln, 35,9 x 24,0 mm
Videoaufnahme:
FullHD 60p
Serienaufnahme:
Bis zu 6,5 Bilder/s
ISO-Bereich:
50 bis 51.200
Abmessungen:
113 x 140,5 x 78 mm, 840 Gramm mit Akku und Speicherkarte
Preis:
2.149 Euro UVP (nur Gehäuse)

Alle technischen Daten auf der Nikon-Website

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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