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Smartphone-Test

Sony Xperia S im Test: Handy mit Zierleiste

Gerade als SonyEricsson mit seinen neueren Handys, wie etwa dem Arc S und Neo, ein ernstzunehmender Player im Android-Smartphone-Markt wird, ist es aus mit dem Hersteller – aber nicht den Handys. Sony und Ericsson gehen getrennte Wege, die Xperia-Reihe bleibt bestehen. Diese wird jetzt nur noch unter dem Label von Sony weitergeführt. Das erste Xperia-Modell, das "under new Management" erhältlich ist, ist das Xperia S. Die futurezone hat Sonys Smartphone-Flaggschiff getestet.

Zierleiste
Optisch polarisiert das Xperia S. Die transparente Leiste an der Unterseite liebt oder hasst man. Hassen kann man es nicht nur wegen des Aussehens, sondern weil es das Smartphone größer macht, als es nötig wäre. Hinzu kommt noch, dass die Leiste keinen Zweck erfüllt. Sie hat zwar die beleuchteten Symbole für die Softtouch-Tasten – die Berührungsflächen liegen aber gut einen halben Zentimeter über den Symbolen. Da hätte man gleich die Leiste einsparen und die eigentlichen Tasten beleuchten können.

Durch die Leiste ist das 4,3-Zoll-Gerät etwas länger als vergleichbare Modelle. Hinzu kommt noch, dass es mit 10,6mm weder besonders schlank und mit 144 Gramm auch kein Leichtgewicht ist. Zum Vergleich: Das ein Jahr alte Samsung Galaxy SII mit derselben Display-Größe ist um 3mm kürzer, 2mm dünner und 28 Gramm leichter.

 

Lückenhafte Verarbeitung
Trotz des hohen Gewichts kann das Xperia S den Eindruck einer massiven Bauweise nicht gänzlich vermitteln. Der Teil unter der Zierleiste knirscht und knarrt beim Angreifen. Zwischen Display-Glas und dem Rand des Kunststoffgehäuses sind sichtbare Spalten, in denen sich schnell Schmutz fängt. Auch der Lautsprecher-Schlitz an der Oberseite ist ein Staubmagnet. Zwischen Display-Glas und Zierleiste ist ebenfalls ein kleiner Spalt sichtbar und auch die abnehmbare Rückseite hat links und rechts einen Spalt und lässt sich mit dem Finger etwas eindrücken.

Ein wenig unverständlich ist, wieso Sony bei dem Xperia S nicht auf ein Unibody-Gehäuse gesetzt hat, wie es etwa das Nokia N9 und Lumia 800 hat. Denn man kann zwar beim Xperia S den Deckel an der Rückseite entfernen - der noch das SonyEricsson-Logo trägt - der Akku ist aber fix verbaut und auch einen microSD-Kartenslot gibt es nicht. Der Deckel wird nur abgenommen, um die Micro-SIM-Karte einzulegen.

Träge Tasten
Die Softtouch-Tasten über der Zierleiste sind nicht beleuchtet. Nur drei kleine, silberne Punkte weisen auf die Tasten hin, die im Dunkeln kaum zu sehen sind. Dazu kommt noch, dass die Tasten unpräzise reagieren und man schon mal öfters drücken muss, bis man auch wirklich die Taste erwischt. Noch dazu muss der silberne Anhaltepunkt sehr genau getroffen werden – leicht darunter gibt es keine Reaktion. Daran kann man sich nur schwer gewöhnen. Die ersten Tage ist man auch immer wieder versucht, die beleuchteten Symbole der Zierleiste zu drücken, anstatt die darüber liegenden, kaum sichtbaren Punkte.

Die Lautstärken-Tasten sind zu klein und schwergängig, um komfortabel beim Telefonieren die Lautstärke zu ändern. Die Kamera-Auslösetaste könnte etwas weiter unten liegen, um im Quermodus angenehmer fotografieren zu können.

Display
Das Display ist das Highlight des Xperia S. Das LCD-Display hat eine Auflösung von 1280x720 Pixel – ohne die Verwendung von Subpixel, wie es bei Samsungs AMOLED-HD-Displays der Fall ist. Die Darstellung ist scharf und das Display ausreichend hell. Dafür hat es aber einen leichten Gelbstich, wie es oft bei LCD-Displays der Fall ist. Der Betrachtungswinkel ist niedriger als bei AMOLED-Displays, schon bei Winkeln ab 20 Grad beginnen die Farben auszubleichen.

Während Websites meistens eher blass dargestellt werden, sorgt die "Bravia Engine" dafür, dass Fotos in der Galerie und Videos mit guten Kontrasten gezeigt werden. Diese Bildoptimierung wäre auch für den Browser wünschenswert.

Software
Das Xperia S nutzt Android 2.3.7, über das Sonys eigene Oberfläche gelegt wurde. Am unteren Display-Rand ist eine fixe Leiste, deren vier Shortcuts ausgetauscht werden können. Auch das Platzieren eines Ordners ist möglich. Zoomt man im Homescreen mit Pinch-to-Zoom hinaus, wird nicht ein Überblick über die fünf Homescreens, sondern nur die darauf platzierten Widgets gezeigt, die in Wolkenmanier sanft herumschweben. Wird die Standby-Taste kurz gedrückt gehalten, kann ein Screenshot erstellt werden.

Das transparente App-Menü sieht gut aus, auch die Musikplayer-App und dessen Equalizer ist gelungen. Wenig überzeugend sind Sonys eigene Widgets. Das Timescape-Widget, das etwa Feeds von Facebook und Twitter zeigen kann, gibt es nur in einer (zu kleinen) Größe. Das Energie-Widget, um Schnelleinstellungen, wie WLAN und GPS ein- oder auszuschalten, besteht aus acht Symbolen, die aber keine Schaltflächen sind. Ein Druck auf das Widget lässt es größer werden, erst dann können über Schaltflächen die Einstellungen vorgenommen werden.

Bei der Onscreen-Tastatur hat Sony eine eigene Version von Swype verbaut, die gut funktioniert und in den meisten Fällen bessere Ergebnisse liefert, als das Tippen auf der herkömmlichen, virtuellen Tastatur.

Im Lieferumfang des Xperia S sind zwei NFC "Smarttags" enthalten. Diese können mit verschiedenen Abläufen verknüpft werden, wenn man sie mit dem Handy berührt. So kann ein Smarttag im Schlafzimmer etwa den Wecker ein- und die Klingeltöne stummschalten. Für einen wirklich nützlichen Einsatz ist die Software aber nicht umfangreich genug – einige Handyfunktionen lassen sich in der Software nicht einstellen.

Leistung
Das Xperia S hat einen Qualcomm Dual-Core-Prozessor mit 1,5GHz und 1GB RAM. Das Wechseln der Homescreens ist ruckeliger als beim Galaxy Nexus, das einen 1,2GHz Dual-Core-Prozessor hat. Die Ruckler dürften an Sonys eigener Software bzw. den Widgets liegen. Auch bei der alltäglichen Bedienung entsteht der Eindruck, dass das Xperia S nicht ganz so flott reagiert, wie etwas das Galaxy Nexus. Die unpräzisen Softtouch-Tasten verstärken den Eindruck zusätzlich.

Der Akku ist mit einer Kapazität von 1750mah für bis zu zwei Tage bei moderater Nutzung ausreichend. Allerdings dürfte sich ein Bug in die Software eingeschlichen haben. In Gebieten mit schlechtem Empfang wird deutlich mehr Akku beansprucht. Lässt man das Handy über Nacht in so einem Gebiet liegen, kann in der Früh der Akku leer sein. Im Test trat dies mehrmals auf: Obwohl das Handy durchgehend im Standby-Modus war, wurden innerhalb von sieben Stunden fast 30 Prozent des Akkus verbraucht – in der früh konnte das Xperia S nicht mehr eingeschaltet werden. Ist WLAN deaktiviert und 3G aktiviert, sind es sogar 40 Prozent. An Orten mit besserem Empfang trat das Problem nicht auf.

Beim Empfang hat das Xperia S noch eine andere Eigenheit: Der Deathgrip des iPhone 4 scheint auch hier bedingt zu funktionieren. Nimmt man das Handy in die Hand, kann bei der vierstufigen Balkenanzeige der Empfang schon mal von drei auf einen Balken fallen. Bei Gebieten mit schlechtem Empfang sind auch schon mal alle Balken weg, telefonieren kann man aber trotzdem noch. Zu Telefonabbrüchen kam es im Test nicht. Die Qualität bei der Sprachtelefonie ist durchschnittlich – der Gesprächspartner klingt manchmal etwas zu dumpf.

Kamera und Sound
Die Hauptkamera hat 12 Megapixel. Bei guten Lichtverhältnissen gibt es auch gute Bilder, solange diese am Handy bleiben. Die 12MP-Bilder werden stark komprimiert, wodurch Details verloren gehen, was beim Hineinzoomen deutlich wird. Beim Betrachten auf Flat-TVs (das Xperia S hat einen HDMI-Ausgang) oder dem Computer-Monitor ist außerdem ein Bildrauschen zu sehen. Bei Aufnahmen bei wenig Licht fällt das noch stärker auf. Am Xperia S sehen die Fotos dafür gut aus, solange man nicht hineinzoomt. Dafür sorgt die bereits genannte Bildoptimierung "Bravia Engine".

Besonders glänzt die 12-MP-Kamera bei Makro-Aufnahmen – hier ist man sowieso schon viel näher dran, als man mit dem freien Auge noch etwas erkennen könnte, da fällt auch der Detailverlust beim Hineinzoomen nicht mehr auf.

Die Autofokus-Genauigkeit ist gut, solange es kein starkes Gegenlicht gibt. Auf Wunsch kann auch eine Lächelerkennung, in drei Lächelstärkestufen, eingestellt werden. Die Aufnahmegeschwindigkeit ist sehr gut, wenn auch nicht so schnell wie beim Galaxy Nexus – das aber auch nur eine 5MP-Cam hat. Videos werden in 1080p aufgenommen.

Der Ton des eingebauten Lautsprechers ist gut. Wenn die Funktion "xLOUD" in den Einstellungen aktiviert ist, klingt dieser sogar in höheren Lautstärken noch annehmbar.

Fazit
Das Xperia S ist ein Auf- und Ab-Erlebnis. Freude über den hochauflösenden Bildschirm, Ernüchterung beim Betrachtungswinkel. Auf den ersten Blick gefällt das Design, auf den zweiten sieht man Spalten und den sich darin ablagernden Schmutz. Die 12-Megapixel-Bilder sehen am Handy toll aus, auf Flickr aber wenig berauschend, wenn man die Alben auf dem PC durchstöbert. Und die Idee, die Symbole für die Softtouch-Tasten unter die Tasten zu machen, um eine durchsichtige Zierleiste zu rechtfertigen, war auch nicht die Beste, die Sonys Designer jemals gehabt haben.

Dafür ist der UVP mit 500 Euro (32GB Speicher) aber deutlich unter denen anderer aktueller Smartphones – das Galaxy Nexus hat einen UVP von 700 Euro (16GB). Auf Preisvergleichsportalen gibt es Nexus aber schon ab 400 Euro, während das Xperia S ab 470 Euro erhältlich ist. Günstiger bekommt man ein Android-Smartphone mit 1280x720-Display und 32GB Speicher derzeit nicht.

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Modell:
Sony Xperia S
Display:
4,3 LCD-Display mit 1280x720 Pixel
Prozessor:
1,5GHz Qualcomm Dual Core
RAM:
1GB
Speicher:
32GB, kein MicroSD-Slot
Betriebssystem:
Android 2.3.7, Upgrade auf Android 4 im 2. Quartal
Anschlüsse/Extras:
Micro-USB, HDMI, 3,5mm Klinke, NFC
Kamera:
12MP Rückseite, 1,3MP Front
Videos:
1080p Rückkamera, 720p Front
Maße:
128x64x10,6 mm, 144 Gramm
Preise:
499 Euro UVP in Schwarz oder Weiß

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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