Samsung Series 7 Slate im Test
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© Thomas Prenner

Microsoft

"Start in neue Ära": Entwickler loben Windows 8

Zum Verkaufsstart von

hat sich die futurezone in der österreichischen Entwicklergemeinde umgehört, welche Herausforderungen und Chancen das neue Betriebssystem bietet. Das Fazit fällt in weiten Teilen überraschend ähnlich aus. Von einem perfekten System will derzeit noch niemand reden. Im Großen und Ganzen sieht man den Neustart mit Windows Apps und touchoptimierter Oberfläche aber als positiven Schritt in die richtige Richtung. Lediglich an den strengen Design-Vorgaben scheiden sich die Geister.

Strenge Vorgaben
„Das von Microsoft vorgegebene Korsett, damit Apps für den Store zertifiziert werden, ist sehr streng. Das ist für Entwickler definitiv eine Einschränkung. Für User ist es insofern ein Vorteil, da die angebotenen Apps ein einheitliches funktionales Verhalten aufweisen“, sagt Rainer Stropek, Geschäftsführer von software architects. Auch Toni Pohl, Geschäftsführer von atwork, sieht den Zertifzierungsprozess als Herausforderung. „Als Entwickler muss man den Zeit- und Ressourcen-Aufwand auf jeden Fall berücksichtigen. Gerade am Anfang passiert es leicht, dass man erst beim Einreichen der Apps für den Store draufkommt, dass etwas vergessen wurde – und sei es nur die Altersfreigabe der App oder der Link zum Datenschutz“, so Pohl.

Dass nun auch das Microsoft-Universum über einen zentralen App Store nach Vorbild der erfolgreichen Apple- und Google-Welt verfügt, der zusätzlich zum Verkauf von klassischer Desktop-Software von Entwicklern genutzt werden kann, sehen die heimischen Entwickler als große Chance. „Bislang waren Applikationen nicht zentral auffindbar. Das ändert sich durch den Windows Store und das ist definitiv ein Vorteil“, meint Christian Nagel, Geschäftsführer von CN innovation. Gerade kleinere Firmen und einzelne Entwickler würden so einfachen Zutritt zu einem riesigen Markt erhalten und  müssten sich nicht um Bezahlsysteme kümmern.

Zweifel an App-Trend
Aber nicht alle sehen den Trend zu genormten App-Ökosystemen völlig unkritisch. Entwickler Stropek etwa hat Zweifel, ob genormte Apps tatsächlich die Zukunft der Software-Branche sind: „Ich stehe dieser Einschränkung in Sachen User Interface Design und Funktionalität – was kann und darf ich auf einem Tablet oder Smartphone machen - kritisch gegenüber.“ Microsoft folge hier dem Trend von Apple und Google. Ob User aber auch in Zukunft mit dieser „gut gemeinten Bevormundung“ zufrieden seien oder sich eine andere Form von Vielfalt wünschen, werde sich erst zeigen, ist Stropek im Gespräch mit der futurezone überzeugt.

Dass die Entwicklung von einfachen Apps im Vergleich zu herkömmlichen, komplexen Desktop-Programmen ein Umdenken erfordert, steht außer Frage. Auch müssen sich Entwickler erst daran gewöhnen, dass das neue App-Denken eher eine bestimmte Funktionalität in den Mittelpunkt stellt, als ein Sammelsurium von Funktionalitäten vorsieht. Neben den starken Design-Vorgaben muss auch die Bedienbarkeit mittels Touch-Eingabe beim Design berücksichtigt werden.

Umdenken auch bei Desktop-Programmen
Während viele den Paradigmenwechsel zu schlichten, abgespeckten Apps als problematisch im Sinne von oberflächlichen und funktional beschnittenen Anwendungen sehen, glaubt Christian Nagel, dass man von dem derzeitigen Trend auch beim Design von komplexeren Programmen profitieren kann. „Herkömmliche Windows-Programme haben oft Menüs mit viel zu vielen Optionen und Tool-Bars, die sich über mehrere Zeilen erstrecken. Viele Features werden von den Usern erst gar nicht gefunden. Da kann man viel von den aufgeräumten User Interfaces der neuen Apps lernen“, so Nagel.

Bild- und videolastige Applikationen profitieren von der neuen Metro-Oberfläche. So etwa Vimeo.

Aus Entwicklersicht müsse man sich für ein optimiertes User Interface ganz genau mit dem tatsächlichen Workflow der Anwender befassen. „Wenn man das Nutzungsverhalten der User versteht, kann man dann auch Elemente der Oberfläche weglassen und so eine Anwendung schaffen, die nicht nur einfacher zu bedienen ist, sondern mehr Produktivität für User bedeutet – auch bei herkömmlichen Programmen“, sagt Nagel. Dieser Fokus sei auch der Schlüssel zum Erfolg für Apps im Windows Store: „Nicht Tool Bars und Menüs machen den Wiedererkennungswert aus, sondern der angebotene Content.“

"Microsoft geht Risiko ein"
Ob Microsoft mit der radikal veränderten Benutzeroberfläche bei Usern ankommt, Gelegenheits-User überfordert oder im Gegenteil sogar animiert, wird sich wohl erst in den nächsten Wochen und Monaten zeigen. Im Gespräch mit der futurezone zeigen sich die Entwickler aber optimistisch, dass Microsofts Wagnis erfolgreich enden wird: “Natürlich geht Microsoft mit Windows 8 ein Risiko ein, viele Anwender werden die neue Oberfläche ablehnen, weil sie unbekannt ist und vielleicht überflüssig erscheint. Die Vorteile liegen aber auf der Hand – der klassische Desktop für die gewohnten Programme und die neue Oberfläche für Apps – maßgeschneidert für Tablet-PCs und andere mobile Geräte mit Touch“, sagt Pohl.

„Gegenwind gibt es doch bei jeder neuen Windows-Version“, glaubt auch Nagel, der Windows 8 eher als Consumer- denn als Business-Release empfindet. „Die Firmen steigen gerade jetzt von Windows XP auf Windows 7 um, sie werden folglich nicht die ersten Windows-8-User sein.“ Nagel zufolge sei daher auch logisch, dass zunächst vor allem Consumer-Apps im Vordergrund stehen. Für die Nachfolger-Version erwartet Nagel erweiterte Möglichkeiten für Entwickler, mithilfe entsprechender Tools auch komplexere Apps im Business-Bereich zu entwerfen. Die klassische Software-Entwicklung für Windows-Desktops sei aber ohnehin immer möglich, so Nagel. „Windows 8 ist der erste Schritt, der Start in eine neue Ära.“

Ecken und Kanten "normal"
Dies sieht auch Windows-Experte Stropek so: „Natürlich gibt es noch einiges an Verbesserungspotenzial. Wenn man ein jahrzehntelanges System durch etwas Neues ersetzt ist es aber vollkommen klar, dass dann noch Ecken und Kanten gibt, die es jetzt abzuschleifen gilt.“ Das sei Microsoft aber nicht vorzuwerfen und werde auch in der Branche so gesehen, sagt Stropek: „Natürlich gibt es Neuerungen bei den Programmiersprachen und Einschränkungen, die anfangs vielleicht wehtun. Das Potenzial für die Zukunft sehen aber eigentlich alle Entwickler."

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Martin Jan Stepanek

martinjan

Technologieverliebt. Wissenschaftsverliebt. Alte-Musik-Sänger im Vienna Vocal Consort. Mag gute Serien. Und Wien.

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