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Tablet-Laptop

Surface Pro 3 im Test: Endlich gelungen

Microsofts Versuche, als Hardware-Hersteller im Tablet-Geschäft Fuß zu fassen waren bislang nicht von Erfolg gekrönt. Die Surface-Sparte kostete dem Konzern seit 2012 rund 1,73 Milliarden US-Dollar, das große Vorbild Apple bleíbt weiterhin außer Reichweite. Doch Microsoft scheint nun seine Strategie überarbeitet zu haben. Im Mai wurde das Surface Pro 3 vorgestellt, ein neues RT-Tablet blieb zunächst außen vor.

Aus gutem Grund, denn Microsofts Antwort auf das iPad hatte mit App-Mangel und fehlenden Freiheiten im Design (fixe Position für ausklappbaren Ständer) zu kämpfen. Nun richtet der Konzern seinen Fokus auf die Ultrabook-Alternative Surface Pro, die neben dem “iPad-Herausforderer” ein unverdientes Schattendasein fristete. Die bereits dritte Generation will die größten Fehler des Vorgängers beheben und kommt mit ein paar Monaten Verspätung auch nach Europa. Die futurezone konnte den neuen Tablet-PC bereits testen.

Nach wie vor ist das Surface Pro 3 eine Gratwanderung zwischen Ultrabook und Tablet. Mit der neuen Generation rückt das Surface Pro aber ein Stück näher zum Ultrabook. So ist der Bildschirm von 10,6 auf 12 Zoll gewachsen und es nun rund zwei Zentimeter länger sowie drei Zentimeter breiter. Der Unterschied ist minimal, auch da der Bildschirm nun die Front des Surface besser ausnutzt. Der Rahmen ist mit 1,5 bis 2 Zentimeter sehr schmal und ermöglicht ein angenehmes Halten im Tablet-Modus. Trotz des größeren Bildschirms ist es Microsoft gelungen, das Gewicht des Surface Pro 3 im Vergleich zum Vorgänger deutlich zu reduzieren. Das Surface Pro 2 brachte noch 900 Gramm auf die Waage, beim Surface Pro 3 sind es lediglich 798 Gramm. Mit dem Type Cover beträgt das Gesamtgewicht des Surface Pro 3 knapp 1,1 Kilogramm.

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Die 800 Gramm machen sich auch bei der Nutzung als Tablet kaum bemerkbar. Im ersten Test fühlte es sich kaum schwerer an als das iPad 3, das aber zumindest auf der Waage mit 650 Gramm deutlich leichter ist. Microsoft hat das Gewicht gut verteilt, der Schwerpunkt ist im Querformat etwas tiefer angesetzt, wohl auch, um eine bessere Positionierung mit dem Standfuß zu ermöglichen. Schlagseite im Hochformat bekommt es dennoch nicht. Auffällig ist auch das deutlich schlankere Gehäuse. Statt 13,5 ist es lediglich 9,1 Millimeter dick. Damit ist das Surface Pro 3 mit Type Cover gleich dick wie der Vorgänger ohne Cover. Das Gehäuse besteht nach wie vor aus einer Magnesiumlegierung, die Gewicht sparen und sehr kratzfest sein soll. Das Material fühlt sich angenehm an, man könnte es schon fast mit Aluminium verwechseln. VaporMG wird laut Microsoft auch pulverbeschichtet, wodurch es eine leicht raue, griffige Oberfläche bekommt. Auch Dreck und Fettschmierer sind auf der Oberfläche kaum sichtbar.
Nach wie vor ist der Rand des Gehäuses leicht nach innen angeschrägt und lässt sich so angenehm in der Hand halten. An der rechten Seite finden sich ein Mini-Display-Port, ein USB 3.0-Port sowie der magnetische Anschluss für den Netzteil-Stecker. Der Power-Button ist oben links zu finden und gut zu ertasten. Ähnlich gut gelungen ist die Lautstärkewippe an der linken Seite, die durchaus länger ausfallen hätte dürfen. Diese ist nur etwas länger als der Power-Button. An der unteren Hälfte der rechten und linken Seite finden sich Einkerbungen, über die der Ständer ausgeklappt werden kann. Dieser hat im Übrigen eine bitter notwendige Überarbeitung bekommen.

Beim Vorgänger konnte dieser nur in zwei voreingestellten Positionen fixiert werden, nun ist er nahezu frei verstellbar. Das gibt deutlich mehr Freiheiten beim Arbeiten. So kann das Surface nun im Tablet-Modus sehr flach, aber dennoch leicht angewinkelt auf den Schoß gelegt werden. Nach zwei Generationen haben Surface-Nutzer endlich jene Freiheiten, die Laptop-Nutzer bereits seit zwei Jahrzehnten genießen. Das Ausklappen ist hin und wieder etwas mühsam, aber dennoch ohne großen Kraftaufwand möglich. Der Ständer lässt sich im ausgeklappten Zustand leicht verschieben, gibt aber dennoch ausreichend Widerstand, um einen sicheren Stand zu gewährleisten. Unter dem Ständer befindet sich gut versteckt ein microSD-Kartenleser.

Wer eine Kreditkarte besitzt, sollte diese am Besten von der unteren Hälfte des Surface Pro 3 fernhalten. Diese ist magnetisch, einerseits für den Netzstecker, aber auch das Type Cover wird per Magneten angebracht. Das Type Cover wurde überarbeitet und ist nun ebenfalls etwas gewachsen. Dadurch konnten auch die Tasten etwas breiter gestaltet werden, wodurch das Tippen deutlich angenehmer ist. Das Tippen ist ungemein angenehm, vor allem wenn man bedenkt, dass das Cover lediglich 4,8 Millimeter dünn ist. Spürbar macht sich die geringe Tiefe jedoch beim Druckpunkt, der sehr früh daherkommt und das weiche Tippen recht abrupt unterbricht.

Auch sind die Funktionstasten meist wenig nützlich. Es mag lobenswert sein, wenn man eine Taste für die Suche oder das Teilen-Menü anbietet, doch Vorspulen oder Pause für den Musik-Player oder Lautstärke-Tasten wären wünschenswert gewesen. Das Type Cover verfügt nun auch über ein deutlich größeres Touch-Pad, das sich sehr präzise und mit geringer Reibung bedienen lässt. Zudem gibt es auch zum Klicken nach. Das Cover kann nun auch endlich zum Tippen am Schoß verwendet werden. Musste man zuvor das Cover zum Arbeiten platt vor sich liegen haben, kann es nun auch leicht angewinkelt montiert werden. Dazu wird es an einem zusätzlichen Magneten am unteren Bildschirmrand fixiert. Es mag etwas unbeholfen wirken, dennoch ist die Lösung ungemein stabil und federt zudem angenehm die Tasteneingaben beim Tippen ab. Im Test erwies sich diese Position als die angenehmste zum Arbeiten.

Um näher am Ultrabook zu sein, hat Microsoft das Display des Surface Pro 3 von 10,6 auf 12 Zoll vergrößert. Der Bildschirm löst nun mit 2160 mal 1440 Bildpunkten statt Full HD auf, die Pixeldichte ist lediglich minimal von 208 ppi auf 216 ppi gestiegen. Damit liegt man nur knapp unter den MacBook Pro-Modellen mit Retina-Display, das 13 Zoll-Modell hat 226 ppi. Wie auch Apple hat Microsoft hier aber mit einem Softwareproblem zu kämpfen. Viele Programme wurden immer noch nicht auf eine derart hohe Pixeldichte angepasst, selbst beliebte Programme wie Chrome oder Spotify stellen Icons und Schrift oftmals unscharf und grobkörnig dar.

Das Display kann aber auch auf anderen Ebenen überzeugen. Trotz der spiegelnden Oberfläche bleibt der Bildschirminhalt dank einer hohen Helligkeit stets gut erkennbar, auch die Blickwinkelabhängigkeit bereitete im Test keinerlei Probleme. Beim gemeinsamen Film schauen am Tablet können mehrere Personen aus verschiedenen Blickwinkeln den Bildschirminhalt gut erkennen, auch aus steilen Winkeln kommt es zu keinem starken Helligkeitsverlust. Positiv fällt auch die natürliche Farbdarstellung auf. Das IPS-LCD-Panel punktet durch einen hervorragenden Kontrast, Farbverfälschungen waren auch im direkten Vergleich mit anderen Displays nicht erkennbar.

Microsoft hat sich mit dem Surface Pro auch für einen Wechsel des Bildschirmverhältnisses entschieden. Statt 16:9 wird das Bild nun im 3:2-Format angezeigt. Damit gesteht auch Microsoft ein, dass das 16:9-Format für Tablets alles andere als optimal ist und positioniert sich so zwischen Apples iPad-Format 4:3 und dem unter Laptops gängigen 16:9. Das 3:2-Verhältnis sorgt dafür, dass das Bild nun etwas höher als zuvor ist. Das erwies sich im Test vor allem dann nützlich, wenn zwei Apps im Metro-Modus nebeneinander verwendet wurden. Zudem ist die Verwendung als Tablet im Hochformat so deutlich einfacher und sieht weniger absurd aus.

Wer auf der Suche nach einem Spiele-Laptop ist, wird im Surface Pro 3 nicht die optimale Lösung finden. Der integrierte Intel HD-Chipsatz ist für simple Spiele ausreichend, Crysis läuft aber nur als Daumenkino darauf. Sowohl die i3- als auch die i5-Variante setzen auf den HD4400-Chipsatz, in der i7-Version ist die etwas leistungsfähigere HD5000-GPU zu finden. Letztere macht sich in Kombination mit der flotteren CPU bezahlt, wenn man gerne Videoschnitt betreiben möchte, allzu hohe Ansprüche sollte man dennoch nicht daran stellen.

Wird das System stark belastet, läuft der Lüfter auf ein hörbares Niveau an. Ansonsten könnte man schon fast meinen, dass das Surface Pro 3 passiv gekühlt werde, denn an einem typischen Arbeitstag war der Lüfter keine zehn Minuten zu hören. Selbst bei der Wiedergabe von HD-Videos lief der Lüfter nicht an. Wenn er denn einmal unter Volllast steht, wurde das Lüftergeräusch meist problemlos von den integrierten Lautsprechern überdeckt, beispielsweise beim Spielen.

Microsoft bietet das Surface Pro 3 mit einer SSD an, die zwischen 64 und 512 Gigabyte groß sein kann. Leider saugen das Betriebssystem und die vorinstallierte Software bereits einen Großteil des vorhandenen Speicherplatzes auf. Auf der 64 Gigabyte-SSD stehen dem Benutzer beispielsweise lediglich 36 Gigabyte Speicher zur freien Verfügung, auf dem 128 Gigabyte-Modell stehen noch 96 Gigabyte zur Verfügung. Wer sich Surface Pro 3 kauft, sollte damit bedenken, dass je nach Ausstattungs-Variante zwischen 30 und 40 Gigabyte des Speichers bereits belegt sind. Hinter dem Klappständer ist ein microSD-Kartenleser zu finden, mit dem man den verfügbaren Speicher zumindest temporär erweitern kann.

Auf einem Gerät wie dem Surface Pro beginnen auch die Windows-Apps deutlich mehr Sinn zu machen. Denn während man auf jedem Ultrabook wohl eher die ORF TVThek direkt ansurfen würde, anstatt diese als App zu installieren, erleichtern derartige Apps die Touch-Bedienung im Tablet-Modus ungemein. Das gleiche gilt auch für Apps wie Netflix, Comixology oder Facebook, die am Desktop nicht mehr als ein kleines Gimmick sind.

Apropos Gimmick: Microsoft hat dem Surface Pro 3, wie auch den Vorgängern, einen Stift mit Digitizer verpasst. Statt wie bei den Vorgängern auf Wacom zu setzen, kommt die Technologie nun von N-trig. Das sorgte unter Profis für Diskussionen, denn der Stift von N-trig kann lediglich 256 statt der bislang 1024 Druckstufen erkennen. Zudem muss der Stift mit einer AAAA-Batterie sowie Knopfzellen mit Energie versorgt werden, die Wacom-Technologie kam noch ohne Batterien aus. Doch die neue Technologie hat auch ihre Vorteile. So soll sie eine deutlich geringere Latenz ermöglichen und das “Gefühl von Papier” vermitteln.

Zumindest das haptische Gefühl von Papier konnte Microsoft mit dem Surface Pro 3 nicht imitieren. Dank Handballenerkennung kann man auf dem Bildschirm zumindest genauso wie auf Papier zeichnen. Im Test mit OneNote gab es eine kaum spürbare Latenz, Notizen lassen sich so recht angenehm verfassen. Der Stift lässt sich angenehm halten und wiegt 18 Gramm. Vorne sind zwei Tasten für Rechtsklick und die Radiergummi-Funktion in Griffreichweite für den Daumen, der große Knopf auf der Rückseite öffnet OneNote oder kann das Surface Pro 3 aus dem Tiefschlaf aufwecken. Der Stift kann zudem nicht mehr magnetisch an der Seite angebracht werden, es gibt jedoch eine anklebbare Halterung. die mit dem Touch Cover mitgeliefert wird.

Während der Stift sich als sinnvolles Werkzeug entpuppte, sind die beiden fünf Megapixel-Kameras auf Vorder- und Rückseite eine eher sinnlose Dreingabe. Eine Full HD-Kamera hätte den Job ebenso gut bei Videotelefonie verrichtet, mehr als Notizen und Schnappschüsse lassen sich mit den beiden Kameras nicht anfertigen. Ein deutlich besseres Ergebnis lieferten die neuen Lautsprecher ab, Microsoft zufolge 40 Prozent lauter sein sollen. Beim Film schauen machten sie jedoch eine gute Figur, Gespräche im Film waren gut verständlich, bei lauten Szenen schepperten sie nicht. Auch bei der Musik-Wiedergabe war der Klang gut.

Lästiges Standby

Microsoft setzt beim Surface Pro 3 auf die stromsparenden Haswell-Modelle, die im Vergleich zu ihren Desktop-Pendants etwas an Leistung einbüßen. Der 42 Wh-Akku soll laut Microsoft genügend Leistung für einen Tag bieten. Das bestätigte sich auch im Test, zumindest wenn man von einem typischen Arbeitstag ausging. Nach rund acht Stunden Dauernutzung bei reduzierter Bildschirmhelligkeit und aktiver WLAN-Verbindung war Schluss. Das ist ein guter Wert, wenn man das Gerät nur sporadisch nutzt, hält es auch locker mehr als einen Tag durch.

Lediglich der Standby-Modus bereitet hin und wieder Probleme und weckte das Gerät unerwünschterweise auf, wenn es gerade in der Tasche transportiert wurde. So heizte sich das Gerät unnötig auf und entleerte in kürzester Zeit den gerade erst geladenen Akku. Dabei soll es sich jedoch um ein Software-Problem handeln, das schon bald behoben wird. Das Problem ließ sich meist vermeiden, wenn das Surface Pro manuell in den Tiefschlaf versetzt wurde anstatt einfach das Cover zuzuklappen.

Das Surface Pro 3 ist die präzise Umsetzung jener Geräteklasse, die sich Microsoft seit der Vorstellung von Windows 8 von den Herstellern wünscht. Leider dauerte es zwei Jahre und zwei misslungene Generationen, um endlich an diesen Punkt zu gelangen. Das Warten hat sich jedoch gelohnt, das Surface Pro 3 ist ein perfekter Kompromiss für all jene, die gerne die Flexibilität eines Tablets hätten, dabei aber dennoch vollwertiges Windows verwenden wollen. Vor allem für den Business-Einsatz ist das Tablet im Zusammenspiel mit dem Type Cover ideal, die lange Akkulaufzeit reicht jedoch nicht an die aktuellen MacBook Air-Modelle heran.

Das Surface Pro 3 ist ab sofort ab 800 Euro mit Intel Core i3-Prozessor, 4 Gigabyte RAM sowie 64 Gigabyte an internem Speicher (36 Gigabyte davon frei). Je nach Ausstattung kann der Preis auf bis zu 1950 Euro (Intel Core i7, 8 Gigabyte RAM, 512 Gigabyte interner Speicher). Das Type Cover kostet 130 Euro und ist in den Farben Rot, Lila, Dunkelblau, Hellblau und Schwarz verfügbar. Wer mehr Anschlüsse benötigt, kann die Docking-Station für 200 Euro erwerben, die schon bald verfügbar sein soll. Neben DisplayPort- und Lautsprecheranschluss sind auf dem Dock drei USB 2.0- und zwei USB 3.0-Anschlüsse vorhanden.

Modell:
Microsoft Surface Pro 3
Maße und Gewicht:
292,1 x 201,4 x 9,1 mm; 798 g
CPU:
Intel Core i5-4300U (Dual-Core 1,9 GHz)
GPU:
Intel HD 4400
RAM:
8 Gigabyte
Bildschirm:
12 Zoll IPS-Bildschirm (spiegelnd, 2160 x 1440 Bildpunkte, 3:2, 216 ppi)
Speicher:
128 GB SSD (davon 96 GB nutzbar)
Akku:
42 Wh
Sonstiges:
1 x Mini-DisplayPort, 1 x USB 3.0, WLAN (801.11 a/b/g/n), Bluetooth 4.0, Front- und Rückkamera (5 Megapixel), Speicherkartenleser (microSD)
Preis:
1000 Euro (getestete Variante)

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Michael Leitner

derfleck

Liebt Technik, die Möglichkeiten für mehr bietet - von Android bis zur Z-Achse des 3D-Druckers. Begeistert sich aber auch für Windows Phone, iOS, BlackBerry und Co. Immer auf der Suche nach "the next big thing". Lieblingsthemen: 3D-Druck, Programmieren, Smartphones, Tablets, Open Hardware, Videospiele

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