Screenshot einer Zwischensequenz
Screenshot einer Zwischensequenz
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Spieletest

Xbox One Spiel Ryse im Test: Kurz, brutal, eintönig

Neben populären Spieleserien wie Assassins Creed, Call of Duty, FIFA und Battlefield, die sowohl für Xbox One als auch PS4 erscheinen, braucht natürlich jede Konsole zum Start auch Exklusiv-Titel. Bei Microsofts Next-Gen-Konsole sind das Ryse, Dead Rising 3, Forza 5 und Zoo Tycoon. Letzteres wird wohl nur wenige Early Adoptor ansprechen, weshalb die Wahl der Xbox-One-only Games auf drei reduziert wird.

Ryse: Son of Rome (ab 18) und Forza 5 sind die Vorzeige-Projekte für die Spielkonsole und wurden von Microsoft im Vorfeld als solche präsentiert. Während Forza 5 ein First-Party-Titel ist, wurde Ryse von Crytek entwickelt. Das Studio ist für seine grafisch aufwendigen First-Person-Shooter bekannt, wie Far Cry 1 und die Crysis-Serie. Die futurezone hat getestet, ob ihr erstes Third-Person-Actionspiel gelungen ist.

Das ewige Rom

Der Spieler übernimmt die Rolle von Marius, einen römischen Legionär. Nach einem Barbaren-Überfall packt er Gladius und Scutum und macht sich auf das römische Reich zu retten – durch Kontern.

Ähnlich wie bei der Batman Arkham-Serie, basieren nämlich so gut wie alle Kämpfe auf Kontern – und das ganze Spiel wiederum aus fast immer den gleichen Kämpfen. Schlägt der Gegner zu, drückt man die A-Taste um zu Kontern, gefolgt von X für einen Angriff mit dem Schwert oder Y für einen Stoß mit dem Schild.

Neben Feinden die mit einfachen Drücken der A-Taste gekontert werden, gibt es noch Gegner die rot während einer Attacke aufleuchten Diese sollte man nicht kontern (was mit gutem Timing aber möglich ist), sondern ihnen mittels Tastendruck auf B ausweichen, bevor man sie mit X und Y bearbeitet. Da alle guten Dinge drei sind, gibt es noch eine Gegnerart, die drei Mal schnell in Folge mit A gekontert werden muss, bevor sie angegriffen werden kann.

Als Variation kommt hinzu, dass manche Feinde ein Schild tragen. Diese muss man nach dem Kontern erst mit Y, dann zwei Mal mit X, dann wieder Y und je nach Stärke eventuell noch einmal mit X angreifen, bevor ein Totenkopf-Symbol über ihren Schädel auftaucht.

Hauptsache blutig

Ab hier wird Ryse wirklich brutal. Drückt man die RT-Taste bei einem mit dem Symbol markierten Gegner, zoomt die Kamera heran und es wird ein Quicktime-Event gestartet. Leuchtet der Gegner blau, drückt man die X-Taste, leuchtet er Gelb, die Y-Taste. Daraufhin rammt Marius dem Feind seinen Gladius in den Hals, hackt ihm die Hand oder den Fuß ab, schleudert ihn gegen Stacheln, zerstampft ihm das Gesicht, rammt ihm das Schild in die Knie, oder malträtiert ihn mit einer Kombination aus den genannten Grausamkeiten.

Die Quicktime-Events können nicht verloren werden – man bekommt nur weniger Punkte, wenn man den Moment verpasst oder die falsche Taste drückt. Die Erfahrungspunkte für besiegte Gegner, gut getimte Konter und Attacken können in Upgrades wie mehr Gesundheit, Fokus oder neue „Hinrichtungen“ investiert werden. Der Fokus wird, bei ausreichend gefüllter Anzeige, mit RB aktiviert und versetzt die Feinde für ein paar Sekunden in Zeitlupe, damit sie Marius, ohne Gegenwehr befürchten zu müssen, mit dem Schwert bearbeiten kann.

Vier Gründe um zu töten

Welche Hinrichtungs-Sequenz zu sehen ist, hängt von mehreren Faktoren ab: Ist eine gefährliche Umgebung (Stacheln, Abgrund) in der Nähe, steht man hinter dem Feind, haben zwei Gegner das Todessymbol (Doppel-Hinrichtung = mehr Punkte) und welcher Bonus gewählt ist.

Über das Steuerkreuz wird der Bonus für die Hinrichtung gewählt: mehr Erfahrungspunkte, Gesundheitspunkte, Fokuspunkte oder Schaden im Nahkampf. Das ist auch gleichzeitig das Höchstmaß an Taktik in Ryse: Ist man bei guter Gesundheit, wird man den Erfahrungspunkte-Boost nehmen, um schneller Upgrades freizuschalten.

Ist die Gesundheit niedrig, nimmt man den Gesundheits-Bonus. Sind 3 oder 4 Gegner in der Nähe, wählt man den Fokus-Bonus. Wartet schon ein besonders zäher Feind geduldig darauf, dass Marius seine Hinrichtung beendet hat, wählt man den Schadens-Bonus, um diesen danach schneller zu besiegen. Der Bonus kann auch noch während der Hinrichtungs-Sequenz gewählt werden – man kann sich so noch recht kurzfristig entscheiden.

Alles schon gesehen

Da die Wahl der Hinrichtungs-Sequenz vom gewählten Bonus abhängig ist (6 mögliche Sequenzen pro Bonus), hat man recht bald den Eindruck, dass man so ziemlich jede schon mal gesehen hat – vor allem wenn man nicht durch die Boni wechselt, sondern nur ein oder zwei Favoriten hat, die man je nach Situation alterniert. Und üblicherweise wird jeder Feind hingerichtet, „normales“ töten bringt keine Bonus-Punkte, deshalb macht man es auch nicht.

Erschwerend kommt hinzu, dass jeder Gegnertyp dieselben Hinrichtungs-Sequenzen hat – ein Hüne mit riesigem Streithammer wird genauso getötet wie ein drahtiger Bogenschütze. Nicht nur bei der Wahl der Tötungstechnik, auch bei den Waffen bleibt Marius stur: Es wird immer mit Schild und Schwert gekämpft. Hat man vorher Speere gefunden, darf man diese auch werfen, bzw. muss, wenn das Spiel vorsieht, so Bogenschützen auszuschalten.

Abwechslung bitte

Abgesehen vom Bewerfen der Gegner gibt es noch zwei Spielelemente, die das Dauer-Kontern und Hinrichten auflockern sollen. Bei einem bedient man ein Geschütz, beim anderen befehligt man eine Schildformation. Schießt der Gegner Pfeile ab, lässt man A gedrückt. Dann lässt man RT gedrückt um Speere zu werfen. Dann wieder A, usw., bis man am Ziel angelangt ist und wieder solo auf Barbaren-Jagd geht.

Abgesehen von den Barbaren wird man in den fünfeinhalb Stunden der Einzelspieler-Kampagne (Schwierigkeitsgrad 2 von 4) auf zwei weitere Feindarten treffen – beide sind allerdings nur auf jeweils ein Kapitel beschränkt.

Immerhin ist die Umgebung der acht Kapitel einigermaßen abwechslungsreich gestaltet (bis auf das Backtracking-Kapitel). Dennoch fühlt es sich nicht wirklich anders an, da das streng-gescriptete Gameplay immer dasselbe Schema hat: Durch den engen Gang auf einen Platz oder eine Lichtung laufen, Feinde töten, enger Gang, Platz, Feinde töten…

Dazu kommt, dass sich Crytek offensichtlich von einigen Szenarien aus Filmen und Spielen inspirieren hat lassen. So gibt es etwa eine Stranderstürmung, inklusive Artilleriebeschuss und Zeitlupen-Sequenz des Hauptdarstellers mit Gehörverlust, der um sich verstümmelte Soldaten sieht und ein explodierendes Landungsboot: „Saving Private Ryse“.

Screenshot einer Zwischensequenz

Tolle Grafik

Das eigentliche Highlight von Ryse ist die Grafik. In den Zwischensequenzen in Spielegrafik kann man fanstatisch detaillierte Gesichter sehen, sanft im Wind schaukelnde Fellhaare und aufwendig modellierte Frisuren, die so aussehen, als würden sie wirklich aus einzelnen Haaren bestehen.

In den Kämpfen gibt es so einen Detailreichtum nicht zu sehen, dafür kann man hier in den Hinrichtungs-Zeitlupen die hervorragenden Animationen bestaunen. Bei Schild- und Knaufschlägen wird sehr gut die Wucht der Attacken gezeigt - besonders wenn es einen der Barbaren mit langen Haaren trifft, die physikalisch korrekt mitschwingen.

Licht- und Spiegeleffekte sind ebenfalls gelungen. Am besten sieht man dies bei den Rüstungen in den Zwischensequenzen und Blutlachen, die in manchen Levels zu finden sind.

Fazit

Auch wenn Ryse: Son of Rome toll aussieht, kann das nicht über die Spielzeit von lediglich fünfeinhalb Stunden hinwegtrösten, in denen noch dazu nicht allzu viel Abwechslung geboten wird. Wer es blutig will und keinen Unterschied zwischen Barbaren und Zombies macht, bekommt mit Dead Rising 3 deutlich mehr Spielzeit geboten.

Immerhin wurde in Ryse noch Alibi-halber ein Arena-Online-Multiplayer-Modus eingebaut, bei dem man, zusammen mit einem menschlichen Mitspieler, Wellen von Gegnern besiegt und kleine Aufgaben, wie das Verteidigen eines bestimmten Punktes, erfüllt.

Schade ist, dass selbst so ein kurzes Spiel wie Ryse nicht ohne „Pay to Win“-Funktion auskommt. Anstatt mit Erfahrungspunkten kann man Upgrades für den Single- und Multiplayer-Modus mit Gold bezahlen, das wiederum mit echtem Geld gekauft werden muss.

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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Gregor Gruber

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