Fahrerlos

Auto der Zukunft entscheidet über Leben und Tod

Der Stein, der Google mit seinem fahrerlosen Auto-Prototypen ins Rollen brachte, hat längst die etablierten Hersteller mitgerissen. Vor wenigen Tagen reihte sich nun auch der bislang zurückhaltende amerikanische Autobauer Ford ein und kündigte eine eigene Forschungsabteilung an. Bis 2020 sollen alle Ford-Modelle mit Fahr-Assistenzprogrammen sowie Fußgänger-Erkennung ausgerüstet werden.

Schwierige ethische Fragen

Beim deutschen Konkurrenten Audi ist man schon einen Schritt weiter und macht sich bereits Gedanken über übermorgen. „In zehn bis fünfzehn Jahren werden Autos extrem schwierige Entscheidungen treffen müssen. Fährt das Auto in einer unvermeidlichen Unfallsituation in ein Kind, das auf die Straße rennt oder kracht es in ein anderes Auto?“, sinnierte Audi-Manager Andreas Reich kürzlich beim Huawei Innovation Day in München. Der chinesische Technologieanbieter stattet unter anderem Audi-Fahrzeuge mit entsprechenden Netzwerkkomponenten und Cloud-Lösungen aus.

Abgesehen von der ethisch problematischen Frage, ob das Leben eines Kindes mehr wert ist als die Gefährdung mehrerer anderer Personen oder gar des Fahrers selbst, müssen noch viele technische Hürden geklärt werden. Sensoren und Bildverarbeitungssysteme müssen verbessert werden, damit Objekte wie Personen oder andere Fahrzeuge sicher erkannt werden. Um in Bruchteilen einer Sekunde eine Entscheidung zu fällen, muss die Auswertung der gesammelten Daten in Echtzeit erfolgen. Dafür sind Computerchips mit enormer Rechenleistung notwendig, die im Auto verbaut werden.

Daniel Goehring of the AutoNOMOS research team of the Artificial Intelligence Group at the Freie Universitaet (Free University) demonstrates a hands-free driving of the research car named 'MadeInGermany' during a test in Berlin, February 28, 2011. The car, a modified Volkswagen Passat, is controlled by 'BrainDriver' software with a neuroheadset device which interprets electroencephalography signals with additional support from latest radar sensing technology and cameras. The 'BrainDriver' application is a demonstration and not roadworthy yet. REUTERS/Fabrizio Bensch (GERMANYTRANSPORT - Tags: TRANSPORT SCI TECH)
„Falls die technischen Hürden gelöst werden, müssen für solche Situationen rechtliche Grundlagen geschaffen werden. Dass eine Software eigenhändig ein Ausweichmanöver startet, das noch dazu ebenfalls zu einem Unfall führen würde, halte ich allerdings für riskant“, sagt Daniel Göhring, der an der Freien Universität Berlinzum Thema forscht, im Gespräch mit der futurezone.

Künstliche Intelligenz

Die Forschung gehe derzeit eher in Richtung Assistenzsysteme für Notbremsungen. Doch auch bei diesen Systemen spielt Computerintelligenz eine Rolle. „Wenn sich unmittelbar hinter dem Auto ein weiteres Fahrzeug befindet, muss der Bremsvorgang möglicherweise anders gestaltet sein, als wenn die Straße leer ist. Auch ist es ein Unterschied, ob ein Vogel in die Scheibe zu fliegen droht oder ein Unfall mit einem anderen Verkehrsteilnehmer vermieden werden soll“, meint Göhring.

Auf dem Weg zur fahrerlosen Zukunft werden zunächst aber ohnehin weniger brisante Themen abgearbeitet. Branchenexperten rechnen, dass Autos bereits in ein bis zwei Jahren selbstständig im Stau agieren werden. Auch das Fahren mit Geschwindigkeiten bis 130 km/h auf geraden Autobahnstrecken könnte in fünf Jahren marktreif sein.

Intelligente Parkplatzsuche

Dass Autos das Aus- und Einparken problemlos schaffen, haben sie längst bewiesen. In Zukunft könnten sie beim Parkplatzsuchen aber auch anderen Autos mittels Datenübertragung mitteilen, wo weitere freie Plätze zu finden sind. "Für flüssigere Verkehrsströme werden Autos künftig Grünphasen von Ampeln berücksichtigen und entsprechend ihre Geschwindigkeit anpassen. Nachfolgende Fahrzeuge werden automatisch gewarnt werden, wenn Wetterkapriolen, wie ein Platzregen oder Eis, auf der Fahrbahn auftreten", ist Audi-Manager Reich überzeugt.

Dass Autos im Stadtverkehr bald völlig lenkerlos unterwegs sein können, wie es Google mit seinem Lenkrad-losen Fahrzeug-Prototypen suggeriert, bezweifelt Computerwissenschaftler Göhring jedoch: „Die Stadt-Umgebung mit den vielen dynamischen Verkehrsteilnehmern ist für bestehende Systeme einfach noch zu komplex. Die Datenmengen, die allein für die genaue Erfassung der Umgebung anfallen, sind kaum bewältigbar.“

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Martin Jan Stepanek

martinjan

Technologieverliebt. Wissenschaftsverliebt. Alte-Musik-Sänger im Vienna Vocal Consort. Mag gute Serien. Und Wien.

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