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Secure Shopping

Bezahl-App aus Tirol: Strichcode verdrängt NFC

Michaela Z. zückt in der Warteschlange an der Supermarkt-Kassa ihr iPhone. Sie öffnet eine App, gibt einen von ihr selbst bestimmten vierstelligen PIN-Code ein und bekommt daraufhin einen Strichcode angezeigt. Dieser gilt insgesamt vier Minuten lang, bevor er aus Sicherheitsgründen deaktiviert wird. Doch an der Kassa geht es schneller voran. Z. ist die nächste Kundin. Ihre Milch, O-Saft und Kekse werden wie üblich von der Kassiererin mit einem Handscanner erfasst. Jetzt geht es ans Bezahlen. Z. hält ihr iPhone zum Scanner und das Bezahlen ist erledigt. Es folgt eine Quittung, auf der wird als Bezahl-Methode "Secure Shopping" ausgewiesen. Dort sieht Z. noch einmal den Betrag, den sie gerade für ihren Einkauf ausgegeben hat - denn dieser wird in der App selbst nicht gespeichert.

Pilotprojekt in Innsbruck
Seit Dienstag läuft in Innsbruck in fünf Filialen der Supermarktkette MPREIS das Pilotprojekt mit der Bezahl-App "Secure Shopping". Vorrausetzung zur Teilnahme ist ein Konto mit Online-Banking-Funktion bei der Hypo Tirol Bank sowie die Verfügbarkeit eines Android-Smartphones oder iPhones (später soll auch eine Version für Microsoft Windows Phone 8 folgen).

Das Technologie-Start-up "Secure Paymanent Technologies" hat diese beiden Tiroler Unternehmen als Partner ausgewählt, um seine Entwicklung flächendeckend im ganzen Bundesland auf den Markt zu bringen. Bis Ende November soll das Bezahlen mit dem Smartphone in "einem Großteil der Filialen" zur Verfügung stehen, so die MPREIS-Unternehmenssprecherin Ingrid Heinz. "Wir sehen uns als Bank-Service. Auch unser Business-Modell ist mit dem von Kreditkarten vergleichbar", erklärt Michael Suitner, der Erfinder und Geschäftsführer des Start-ups, beim Besuch der futurezone in Tirol.

Keine sensiblen Daten gespeichert
Das Besondere an der Tiroler Bezahl-App ist, dass darin keine sensiblen personenbezogenen Daten oder Bankdaten gespeichert werden. "Die App kann nur Bezahlcodes generieren, dies geschieht verschlüsselt nach neuesten technologischen Standards. Die Kontodaten selbst bleiben bei der Bank und die Kommunikation der App mit der Bank funktioniert nur über Unique Identifiers. Das heißt, wir wissen nicht, wer hinter der App steckt, was derjenige gerade gekauft hat oder wie seine Kontonummer lautet", erzählt Suitner.

"Die App ist völlig anonym, wir wollen keine Kundendaten." Das heißt, wenn Frau Z. im Supermarkt Stammkunden-Rabatte nutzen will, muss sie dies wie bisher zusätzlich über ihre Kundenkarte bekannt geben. "Der Kunde soll selbst entscheiden können, was mit seinen Kundendaten passiert", meint Suitner.

Sicherheit vor Bequemlichkeit
Der größte Vorteil der Bezahl-App "Secure Shopping" gegenüber anderer mobiler Bezahlmodelle wie NFC ist neben dem Datenschutz tatsächlich der Sicherheitsaspekt. Da keine Daten in der App gespeichert sind, können diese auch nicht gestohlen werden. Verliert Frau Z. ihr iPhone, lässt sich die App entweder per Telefon oder per Online-Banking-Funktion sofort sperren. Wenn Frau Z. beim Einkauf das Gefühl hat, dass ihr jemand bei der Eingabe des PIN-Codes über die Schulter schaut, kann sie diesen gleich nach dem Einkauf direkt über die App ändern.

Doch das Bezahlen mit einem NFC-Handy würde in der Regel rein vom Handling her für Kunden komfortabler sein als das Bezahlen mit der Tiroler App. Beim Bezahlen mit "Secure Shopping" muss man an der Kassa einerseits die App am Smartphone suchen und öffnen, andererseits einen PIN-Code eingeben. Beim Bezahlen mit NFC-Handy reicht bei Kleinstbeträgen, die bei den Testprojekten derzeit je nach Anbieter variieren, das bloße Hinhalten an den NFC-Terminal. So gesehen wäre der Bezahl-Vorgang bequemer. Doch das macht vorerst nichts, denn die Tiroler Lösung ist "upgradable".

"NFC ist noch nicht ausgereift genug"
"Unsere Technologie ist einfach um den NFC-Standard erweiterbar. Wir werden mittelfristig betrachtet zusätzlich zur Strichcode-Abnahme auch NFC anbieten", erklärt Suitner, der allerdings damit rechnet, dass sich Bezahlen mit NFC frühestens 2017 durchsetzen wird. Auch für Johann Kollreider, Vorstand der Hypo Tirol Bank, ist die NFC-Technologie interessant, aber noch nicht ganz ausgereift.

"Es ist eine Technologie, an der noch viel gearbeitet wird. Die Sicherheitsproblematik ist noch nicht gelöst, zudem benötigt man an den Kassen eine eigene Hardware", sagt Kollreider. Die Bezahl-App des Tiroler Unternehmens hingegen arbeitet mit herkömmlichen Strichcodes, eine Umrüstung an den Supermarkt-Kassen ist daher nicht erforderlich. Das ist ein großer Vorteil für die Händler - sie brauchen nicht auf NFC-Terminals umrüsten. Bei MPREIS sei man derzeit nicht an NFC interessiert, so die Unternehmenssprecherin.

"Smartphone wird Bankomatkarte ersetzen"
"Secure Shopping" werde nun erst einmal in Ruhe getestet, bevor es an Gespräche mit anderen Banken und Lebensmittelketten geht, so der Geschäftsführer des Tiroler Start-ups. Mit der Hypo Tirol Bank gibt es vorerst einen Exklusivvertrag. Bank-Vorstand Kollreider rechnet damit, dass bis Jahresende "einige hundert bis tausend" Kunden für den Bezahl-App-Test gewonnen werden können. "Gerade für junge Besucher ist das Smartphone wichtig. Ich glaube fest daran, dass man früher oder später sogar auf die Bankomatkarte verzichten wird, wenn man mit dem Handy bezahlen kann", gibt sich der Hypo Tirol-Vorstand optimistisch.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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