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Digitaler Zugfunk

GSM-R: Kapsch macht Millionen auf der Schiene

Diese drei Buchstaben kennt jeder, steht GSM ja für das Global System for Mobile Communication, also jene Technologie, die in Österreich dem C- und D-Netz folgte und Anfang der 90er Jahre dem Handy zum Durchbruch verhalf. Obwohl wir Handy-Kunden heute längst schon von 3G- und 4G-Netzen sprechen, ist GSM nach wie vor in einem Bereich die führende Technologie: Die digitale Zug-Kommunikation basiert auf GSM-R (Global System for Mobile Communications - Railway) und ersetzt die analogen Netze, die in verschiedenen Ländern nach wie vor verbreitet sind.

Standard GSM-R
„GSM-R hat sich zum internationalen Standard in der digitalen Zug-Kommunikation etabliert“, sagt der Verkaufsleiter für Zentral- und Ost-Europa bei Kapsch CarrierCom (KCC), Horst Kaufmann im futurezone-Interview. Das österreichische Unternehmen ist Weltmarktführer beim digitalen Zugfunk und hat in den vergangenen Jahren nicht nur in Tschechien, in der Slowakei, in Polen oder in Deutschland seine Systeme installiert, sondern auch in Österreich. Ab Juli ist der gesamte Westen Österreichs, 1200 Bahnkilometer, mit GSM-R abgedeckt. „Weltweit haben wir etwa 70.000 Bahnkilometer mit dem digitalen Zugfunk ausgestattet“, sagt Kaufmann. Im Nachsatz: „Ohne uns geht es nicht.“ In den kommenden Jahren will Kapsch CarrierCom weiterhin das Tempo vorgeben und einige Länder Osteuropas mit GSM-R ausstatten. In Slowenien fällt ebenso demnächst die Entscheidung wie in Rumänien oder Ungarn, wo die Ausschreibung schon seit vier Jahren läuft.

GSM-R-Markt Russland
Ein großer Brocken ist Russland, „dort sind wir seit gut einem Jahr dran“, sagt Kaufmann. In Russland, wo das Streckennetz 86.000 Kilometer umfasst, wird derzeit analysiert, ob der europäische GSM-R-Standard realisiert wird. Russland ist auch deshalb ein so interessanter Markt, da hier die Weichen für jene Technologie gestellt werden, die künftig in den benachbarten Staaten wie Ukraine oder Kasachstan zum Einsatz kommt. Spannend ist aber auch der chinesische Markt mit seinen 80.000 Schienenkilometern; obwohl es mit Huawei einen starken chinesischen Mitbewerber gibt, ist man bei Kapsch CarrierCom überzeugt, auch in China punkten zu können. Auch Südamerika mit Brasilien, vor allem aber Nordafrika und der Arabische Raum seien sehr interessant.

Die Zukunft
Obwohl GSM im Bereich des „zivilen“ Mobilfunks eine Auslauftechnologie ist, glaubt Kaufmann, dass es GSM-R noch lange geben werde. „Die Service-Verträge laufen bis zu 20 Jahre, also wird es auch diese Technologie so lange geben“, so Kaufmann. Für Technologien wie LTE (Long Term Evolution), mit denen heute Smartphone-User geködert werden, weil sie einen noch schnelleren Datentransfer möglich machen, sieht der Experte derzeit keinen Bedarf. KCC ist jedoch in allen internationalen Gremien vertreten und strebt eine gemeinsame, technologisch zukunftsorientierte Lösung, basierend auf den Vorgaben der Bahnverwaltungen, an.

„GSM-R darf nur von der Bahn genutzt werden, die Bahn kann auch Infos in die Züge senden oder GSM-R für das Ticketing verwenden“, so Kaufmann. „Aber es ist nicht erlaubt, die Frequenzen den Fahrgästen zur Verfügung zu stellen.“ Allerdings könnte die Bahn so etwas wie ein "privater Netzbetreiber" werden, und den Kunden Telefonie- und folglich auch Internet-Dienste anbieten. „Österreich ist in diesem Bereich jedenfalls weiter als Deutschland“, sagt Kaufmann.

Bahn gegen Flugzeug
GSM-R hat aber sehr wohl auch Auswirkungen auf Fahrgäste, die diese zu schätzen wissen: Mit Hilfe von GSM-R kann die Bahn zumindest auf Kurzstrecken zu einer echten Alternative zum Flugzeug werden, da erstens das Lok-System in Europa vereinheitlich wurde und zweitens die Züge durch das einheitliches Zugfunksystem rascher durch Europa geleitet werden können. Die Intervalle werden kürzer, die Verbindungen schneller. In Frankreich hat der Hochgeschwindigkeitszug TGV (train à grande vitesse, Anm.) bei Destinationen im Umkreis eines 4-Stunden-Radius von Paris den Airlines kräftig zugesetzt. Wenn Züge von einer Destination zur anderen fahren, wird bei einer analogen Lösung die Strecke in Teilabschnitte eingeteilt. Erst wenn ein vorangehender Zug aus dem jeweiligen Block gefahren ist, darf der nachgehende in diesen Block einfahren. Mittels GSM-R werden diese Abschnitte aber mobil. Das digitale System im Zusammenhang mit dem Sicherungssystem ETCS (European Train Control System) errechnet immer den Idealabstand zum vorderen und hinteren Zug, ähnlich wie auch in der Luftfahrt die Flugzeuge gestaffelt werden.

Weltmarktführer Kapsch
Kapsch CarrierCom ist im vergangenen Jahr zum Weltmarktführer beim Zugfunk aufgestiegen. Kapsch hat im Frühjahr 2010 für etwa 23 Millionen Euro die GSM-R-Sparte des Telekom-Ausrüsters Nortel gekauft, die gesamte KCC-Mannschaft umfasst mehr als 700 Angestellte. Kapsch  versorgt 52 Prozent des Weltmarkts, Nokia Siemens Networks 44 Prozent und Huawei 4 Prozent, und das in China. Kapsch CarrierCom rechnet im kommenden Geschäftsjahr mit etwa 250 Millionen Gesamtumsatz. Weltweit werden etwa 138.000 Bahnkilometer mit GSM-R ausgestattet. Kapsch CarrierCom beliefert derzeit die größten Bahnverwaltungen Europas, wie z.B. Deutschland, Frankreich, Polen, Italien, Spanien, Großbritannien, Tschechien und Bulgarien oder Algerien in Nordafrika mit GSM-R-Technologie made in Austria. Nach dem Kauf der Nortel GSM-R Sparte wurden eine Reihe von Wartungs- und Instandhaltungsverträgen mit Großkunden übernommen.

GSM-R: Bei GSM-R werden entlang der Strecke Funkstationen errichtet, mit denen das gesamte Streckennetz abgedeckt wird. Über das GSM-R-Netz – es werden für das Bahnnetz eigene Frequenzen bereitgestellt - werden sämtliche Zug- und Betriebsdaten zwischen Zugpersonal, den Bahnhöfen und den zentralen Schaltstellen des europäischen Schienenverkehrs ausgetauscht. Anrufe können bei GSM-R auch nach Priorität gestuft werden: ein interner Notruf würde dann alle anderen Funkrufe zurückstellen und direkt betroffene Stellen sofort erreichen.

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