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Microsoft forscht am Privatsphären-Schutz der Zukunft

Microsoft forscht am Privatsphären-Schutz der Zukunft

"Wir sehen uns als eine Art Immunsystem für Microsoft. Wir haben die Freiheit, uns unbelastet vom Tagesgeschäft des Konzerns mit interessanten Forschungsfragen zu beschäftigen. Das erlaubt Microsoft, im Bedarfsfall die Richtung ändern zu können. Bei uns gibt es beispielsweise Forscher, die sich schon seit Jahren mit mobilen Geräten beschäftigen", sagt Ken Woodberry, Vizedirektor der Forschungseinrichtung. Microsoft finanziert das Labor, das mitten im Zentrum der britischen Studentenstadt Cambridge liegt, zentral, die Aufteilung der Gelder obliegt den Verantwortlichen vor Ort. Einnahmen aus Patenten oder Lizenzgebühren generiert Microsoft Research Cambridge nicht. Wenn eine Entwicklung für Microsoft verwertbar ist, fließt das Wissen in die entsprechenden Abteilungen, hat Microsoft keine Verwendung für eine Entwicklung, wird zwar lizensiert, die Einnahmen gehen aber an den Konzern. Grundsätzlich forscht der Konzern im Labor aber sehr Produktbezogen, wie sich vor Ort zeigt: Nicht die großen Probleme der Menschheit, sondern die kleinen der eigenen Software werden untersucht.

Sensoren für Tierschutz

Die sehr freie Themenwahl ist etwas, was vor allem die zahlreich anwesenden Jung-Wissenschaftler als großen Vorteil der Arbeit für Microsoft betrachten. Das Hauptaugenmerk der Forschungseinrichtung liegt auf der Entwicklung neuer IT-Anwendungen, die Möglichkeiten in diesem Bereich sind groß. Gerade an den Schnittstellen zu Biologie, Pädagogik oder Ökologie wird in Cambrige gerne gearbeitet. Ein Team untersucht zum Beispiel die Möglichkeit, Wildtiere mit Sensoren auszustatten, die untereinander oder mit überfliegenden Drohnen kommunizieren können. So soll künftig der Bestand bedrohter Arten einfacher erfasst und Wilderei eingedämmt werden.

Biologie als Information

Eine andere Forschungsgruppe beschäftigt sich mit dem Einsatz von Modellen aus der Informationstechnologie in der Biologie. "Man kann die Biologie als System zur Informationsverarbeitung begreifen. Die reprogrammierbare DNA ist demnach eine Turing-Maschine, analog zu Silizium-Chips. Das ermöglicht eine neue Sicht auf die Biologie", so Woodberry. Konkret erforscht Microsoft den Einsatz von Modellen zum Testen von technischen Systemen in der Biologie. Auf diese Weise können die Forscher etwa Modelle für die komplexen Gen-Schaltmuster kreieren, die steuern, wie embryonale Stammzellen sich entwickeln. Die Methode ist akkurat und erlaubt Biologen, Rückschlüsse über die Entstehung und die Verwandlungen von Stammzellen.

Kontrolle über persönliche Daten

Auch im Bereich Privatsphären-Schutz ist Microsoft aktiv. Ein Team in Cambridge hat mit der ZQL eine neue Form der Datenabfrage entwickelt, die sensible Informationen schützen kann. So können Versicherungen, die günstiger werden, wenn die Inhaber einen GPS-Tracker zur Kontrolle des Fahrverhaltens mit sich führen, ohne Verletzung der Privatsphäre funktionieren. ZQL könnte den Anbietern in diesem Fall erlauben, die Prämienhöhe aus Daten wie Geschwindigkeit und zurückgelegten Kilometern zu errechnen, ohne dass Einblick in die Rohdaten genommen wird. Starke Verschlüsselung hilft, die Daten zu schützen und Betrugsversuche des Versicherungsnehmers zu unterbinden. Die Versicherung erhält so lediglich die Prämienhöhe als Information, der Inhaber kann ohne Datenschutzbedenken auf die billigere Polizze zugreifen.

"Das selbe Prinzip könnte bei Abfragen von Smart-Metern eingesetzt werden. Es ist aber immer notwendig, dass beide beteiligten Parteien einverstanden sind. Das heißt, dass Strombetreiber oder Versicherungen einen Teil der Kontrolle abgeben müssen. Die Bedienung ist einfach", sagt Microsoft-Wissenschaftler Cedric Fournet gegenüber der futurezone. Auch der Datenschutz im Netz könnte mit ZQL verbessert werden, also ein Bereich, in dem auch Microsoft noch Defizite hat.

Gesten und Empfehlungen

Weniger überraschend ist, dass Microsoft auch an neuen Arten der Mensch-Maschine-Kommunikation arbeitet. Nicht nur die Gestensteuerung der Kinect wird weiter verfeinert, sondern auch neue Systeme zur Interaktion an Arbeits-PCs sind in Arbeit. Mit verschiedenen Gesten kann eine Maus oder ein Touchpad im aufgebauten Demo-System bereits komplett ersetzt werden. Weiterentwickelt wird auch der Algorithmus, der Xbox-Nutzern Spiele und Filme empfielt. Er erkennt mittlerweile verschiedene Nutzer anhand ihres Geschmacks und der Zeit, zu der sie am häufigsten konsumieren. Andere aktuelle Forschungsprojekte beschäftigen sich mit der Analyse und Auswertung großer Datenmengen.

Verbessertes Word

Auch klassische Microsoft-Themen wie die Formatierung von Dokumenten in Word werden immer noch beforscht. So schaffen es neue, intelligente Algorithmen anhand weniger Beispiele zu verstehen, was der Nutzer will und die entsprechenden Änderungen auf das gesamte Dokument anzuwenden. Soll etwa ein vorhandener Text in Tabellenform gebracht werden, reicht es, anhand eines Beispiels vorzuzeigen, wie das Endergebnis strukturiert werden soll, und der Algorithmus erledigt den Rest.

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Markus Keßler

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