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Technologiegespräche Alpbach

MIT Media Lab: "Wir suchen die Rebellen"

Jährlich werden am Media Lab des MIT (Massachusetts Institute of Technology) rund 800 neue Erfindungen vorgestellt, 20 bis 30 Start-ups gehen aus der vor 30 Jahren von Nicholas Negroponte in Cambridge gegründeten Innovationsschmiede hervor. Der Grund für den Erfolg sei die von Neugier getriebene Forschung, sagte der am MIT tätige Molekularbiologe Shuguang Zhang (futurezone-Interview), am Samstag bei den Alpbacher Technologiegesprächen. Man ermutige junge Leute anders zu denken und Hindernisse, die sich ihnen in den Weg stellen, zu überwinden. Das MIT Media Lab ziehe unangepasste Leute an und liebe es Risiken einzugehen, sagte Zhang: "Wir suchen die Rebellen."

"Wer nichts baut ist kein Intellektueller"

Am Media Lab gehe es nicht um Publikationen, sondern um Demonstrationen der Forschungsergbnisse, sagte der Ökonom Michael Schrage, der einen Einblick in die Innovationskultur des Media Lab gab. Wer am MIT nichts baue, sei kein Intellektueller. Nicht umsonst laute das Motto der Tech-Uni "Mind and Hand" ("Geist und Hand").

Studenten würden dazu angehalten, die Ergebnisse ihrer Arbeit zu demonstrieren und mit Prototypen andere dazu zu animieren, neue Möglichkeiten zu erkunden, so Schrage. Die Kultur des MIT sei vom spielerischen Umgang mit Fragestellungen geprägt, die Devise laute das Spielen zu lernen und auch aus dem Spielen zu lernen ("Learning to Play, Playing to Learn"). Im Vordergrund stehe nicht die Lösung von Problemen, sondern das spielerische Erkunden von Lösungsmöglichkeiten. Märkte nehme man zwar ernst, sagte Schrage, Geldverdienen stehe aber nicht im Vordergrund: "Geld wird überschätzt."

Spin-Offs und Lizenzen

Dafür dass die Forschung der MIT-Wissenschaftler marktreif wird, sorgt das Technology Licensing Office (TLO) der Universität. "Um unsere Erfindungen weiterzuentwickeln, sind hohe Investitionen erforderlich", sagte TLO-Leiterin Lita Nelsen. Das könne bis zu 15 Jahre dauern und erfordere eine hohe Risikobereitschaft.

Die Grundlage dafür seien Patente. Alleine im vergangenen Jahr habe das Media Lab in den USA rund 300 Patente angemeldet und über 100 Lizenzen vergeben. 28 davon gingen an sogenannte Spin-Offs - Start-ups, die von Wissenschaftlern und Studenten der Universität gegründet wurden.

"Faire Deals"

Dem TLO gehe es bei der Lizenzvergabe nicht um das schnelle Geld, sondern um die gesellschaftlichen Auswirkungen der Erfindungen, so Nelsen. "Es geht um einen fairen Deal und nicht um den besten Deal." Für große, auf schnellen Profit bedachte Unternehmen sei die Technologie auch noch nicht ausgereift genug. Spin-Offs und kleine Unternehmen könnten sie aber mit der Unterstützung von Risikokapitalgebern zur Produktreife bringen.

Aus dem MIT Media Lab ging unter anderem die Initiative "One Laptop Per Child" hervor, die Kinder in Entwicklungsländern mit Computer versorgen will.

An Kapitalgebern gibt es keinen Mangel. Dafür sorgt ein robustes unternehmerisches Ökosystem, dass sich um die Universität gebildet hat. Dazu zählen auch rund 150 Freiwillige aus der Business-Community , die Spin-offs aus der Universität mit ihrem Know-how unterstützen und als Mentoren unter ihre Fittiche nehmen. Wissenschaftler können viel von den Unternehmern lernen, sagt Nelsen: "Entrepreneurship liegt am MIT in der Luft."

Die Spin-offs würden für die Studenten auch als Vorbilder dienen, so die Media-Lab-Managerin. "Sie zeigen, dass man nicht Superman oder Bill Gates sein muss, um ein Unternehmen zu gründen."

Scheitern als Lernerfahrung

Nelsen betonte während ihres Vortrags mehrmals die Notwendigkeit des Scheiterns. "Wenn ein Fünfjähriger einen Turm baut und der fällt zusammen, dann macht er weiter, auch wenn der Turm 20 Mal umfällt", sagt die Media-Lab-Managerin. Es sei wichtig eine Toleranz für das Scheitern zu entwickeln. "Wir sehen das als Lernerfahrung und nicht als Makel."

Einen Grund für den Erfolg der Tech-Uni sieht die Leiterin der Lizenzabetilung des Media Lab auch in der fächerübergreifenden Zusammenarbeit der Forscher. "Unsere Forschungen finden nicht innerhalb der Mauern einzelner Institute, sondern in großen Laboren statt, in denen Wissenschafter aus allen Abteilungen zusammenarbeiten. Das würde anders auch gar nicht gehen, erläutert Nelsen an einem Beispiel. "In der Biotechnologie brauchen sie heute auch gute Software-Entwickler, sonst könnten Sie die Menge an Daten gar nicht bewältigen."

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Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

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