© Elisabeth Schuh

Interview

Sind wir allein im Universum?

Eisgiganten, Mini-Neptune, Steppenwolf-Planeten, Supererden. Astronomen finden in anderen Sonnensysteme ungewöhnliche Planeten. Es ist nicht auszuschließen, dass auf einem davon Leben existiert. Die Astrophysikerin Lisa Kaltenegger erzählt in ihrem ersten Buch von der aufregenden Suche nach Exoplanten und wie man eines Tages Leben im All finden könnte.

futurezone: Bei vielen Astrophysikern ist es so: Wenn sie Bücher schreiben, hat man am besten Wikipedia daneben offen. Ihr Buch ist ganz anders: Da wird viel erklärt, es gibt Zeichnungen. Was war die Idee dahinter?
Lisa Kaltenegger:
Ich kenne so viele Menschen, die vom Universum fasziniert sind. Sie würden gerne mehr darüber wissen, aber sie glauben, die Materie sei viel zu mathematisch, zu sperrig, zu schwierig. Ich wollte das Universum sowie die tollen Planetenentdeckungen und die verwendeten Technologien so erklären, dass jeder es versteht.

Wie schwierig ist es, Astrophysik so zu vereinfachen?
Für mich persönlich gar nicht. Ich halte auf Cornell University die Einführungsvorlesung zur Astrophysik. Da muss ich voraussetzungslos unterrichten. Ich erkläre zum Beispiel den Unterschied zwischen einem Felsplaneten wie der Erde und einem Gasgiganten wie dem Saturn so, indem ich sage: Wenn wir die Erde und den Saturn in die Badwanne schmeißen, dann schwimmt der Saturn als Gasplanet an der Oberfläche, aber die Erde sinkt. Dieses Bild kommt bei den Studenten immer gut an. Das kapiert jeder.

Aber was ist mit schwierigeren Konzepten? Wie erklärt man, dass Sie oft Planeten, die Sie eigentlich nicht sehen, finden. Und den Stern, denn ein solcher Planet umkreist, sehen Sie auch nicht.
Das sind Planeten, die wir nur deshalb finden, weil der Stern, um den sie kreisen, wackelt. Das liegt an der Gravitation, die vom Planeten ausgeht. Ich beschreibe das so: Der Planet ist ein Hund, der an der Leine zieht, und der Stern ist wie Herrchen bzw. Frauchen. Angenommen, der Hund ist hinter einer Hecke versteckt. Dann erkennt man daraus, wie sehr sich der Spaziergänger gegen den Zug stemmen muss, ob es sich um einen großen oder um einen kleinen Hund handelt.

Die Frage, „Sind wir allein“, brachte Sie ja zur Astrophysik. Was hat Sie daran fasziniert?
Dass wir in einer Zeit leben, in der wir dank der uns zur Verfügung stehenden Technologie andere Welten aufzuspüren können. Das war ja früher nicht der Fall. Und bei dem Gedanken, dass ich da vielleicht bei der Suche nach Leben mitmachen könnte, hat mich dann nicht mehr losgelassen. Es wurde mein Wunschtraum.

Und Sie sind ja an vorderster Front dabei. Denn die US-Weltraumbehörde NASA holte 2012 Ihre Meinung über die ersten Felsplaneten in einer habitablen Zone ein.
Das war sehr aufregend. Ein Jahr durfte ich darüber aber nicht reden, bis alle Berechnungen abgeschlossen waren. Die Planeten, Kepler-62e und Kepler 62f, befinden im Sternbild der Leier. Sie umkreisen tatsächlich ihren Stern im gerade richtigen Abstand, sodass es flüssiges Wasser auf der Oberfläche geben könnte. Das wäre an sich die Voraussetzung für Leben. Aber natürlich kommt es auch auf die Atmosphäre an.

Und wie bestimmten Sie die? Die beiden Kepler-Planeten sind ja an die 1200 Lichtjahre entfernt?
Wir haben dazu eine eigene Methode entwickelt. Wir suchen zunächst nach dem Licht des Planeten, - also entweder das reflektierte Sternenlicht oder dessen Hitzestrahlung. Und dann bricht man es, so ähnlich wie bei einem Regenbogen, in die Farben auf. Wir wissen von der Erde, welche Lichtsignatur für welche Zusammensetzung der Luft steht. Nach solchen Signaturen für Leben suchen wir im All.

Es ist zweifellos spannend, neue Erden mit interessanten Atmosphären in anderen Sonnensystem zu entdecken. Aber: Inwiefern nützt das uns und unserer Erde?
Wir wissen zwar, wie Sterne geboren werden, wie sie sich entwickeln, wie sie sterben. Aber den Lebenslauf von Felsplaneten kennen wir eigentlich nicht. Ich möchte Erden finden, die, sagen wir 300 oder 500.000 oder eine Million Jahre älter sind als unsere. Wenn wir in der Atmosphäre von alten Erden beispielsweise viel Schwefel finden, heißt das nicht unbedingt, dass das auch bei uns passieren wird. Aber wir könnten dennoch Technologien entwickeln, wie man Schwefel aus der Atmosphäre entfernt. Einfach sicherheitshalber.

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Madeleine Amberger

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