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Forschung

Technik aus Hagenberg digitalisiert Skizzen in Echtzeit

Unter dem Titel "Paper4Everyone" können sich Unterstützer ab sofort an einer Crowdfunding-Kampagne beteiligen, die einen Stift auf den Markt bringen will, der alles, was geschrieben oder gezeichnet wird, in Echtzeit in digitaler Form als Datei abspeichert. Das funktioniert über das Anoto-System. Papier mit einem speziellen, mit dem Auge kaum wahrnehmbaren Muster, erlaubt es dem Stift über eine kleine Kamera in der Spitze jederzeit seine Position einem Blatt zu bestimmen. So kann das Gezeichnete problemlos und ohne Zeitverzögerung in ein digitales Bild überführt werden. "Paper4Everyone" ist eine Initiative des Hagenberger Campus der FH Oberösterreich, wo zehn Forscher seit Februar daran arbeiten, die Software für den Stift zu entwickeln. Die Hardware wird von einem externen Anbieter beigesteuert.

"Wir möchten über Kickstarter mindestens 50.000 Euro sammeln, um die Markteinführung unseres Gesamtpakets aus Stift, Software und kompatiblen Blöcke bzw. Post-Its zu finanzieren", sagt Michael Haller, Leiter des "Media Interaction Lab" in Hagenberg. Wer sich mit 149 Euro an der Kampagne beteiligt, erhält einen Stift samt Block und ein Post-It Package mit dem notwendigen Anoto-Muster, 389 Euro bringen drei Stifte mit drei Blöcke und drei PostIt Packages und um 599 Euro gibt es fünf Hightech-Schreibgeräte. Für Nachschub an kompatiblem Papier können Stift-Besitzer selber sorgen, indem sie einfach selbst Blätter mit der entsprechenden Musterung bedrucken. Das wird durch eine enge Kooperation zwischen Anoto und der FH ermöglicht, die einen für die gesamte Lösung "unschlagbaren Preis" erlaubt, wie Haller versichert. Post-It-Blöcke, die nur schwer mit Haushaltswerkzeugen herstellbar sind, will Paper4Everyone selber online vertreiben. "Der Preis soll sich dabei im Bereich von normalen Post-Its bewegen. Im Vergleich zu anderen Anbietern wollen wir uns nicht über das Papier finanzieren", sagt Haller.

Business-Lösung

Konzipiert ist der Stift aus Hagenberg vorrangig für den Gebrauch im beruflichen Umfeld. "Unser Stift ist ein Business-Gerät, das in Besprechungszimmern zuhause sein wird. Damit wird es einfach in Meetings kollaborativ an Skizzen oder Notizen zu arbeiten", sagt Haller. Entstanden ist das Projekt an der FH aus früheren Arbeiten mit der Anoto-Technologie, bei denen etwa ein digitales Whiteboard entwickelt wurde, das seinen Inhalt automatisch digital spiegelt. "Wir haben gesehen, dass im Business-Umfeld noch viele Leute Papier verwenden, gerade wenn es um das Erstellen von Skizzen geht. Unser Stift erlaubt eine Digitalisierung ohne Zeitverzögerung, mit allen Vorteilen", so Haller.

Der Stift spielt das Gezeichnete über einen Bluetooth-Dongle in Echtzeit an einen Rechner. Ist der Nutzer außer Reichweite, werden die Inhalte in einem acht Megabyte großen Speicher zwischengelagert und übertragen, sobald wieder eine Verbindung zum Rechner besteht. "Somit können beispielsweise auch Kleingruppen-Diskussionsrunden im Freien abgehalten werden. Der Speicher reicht für 20 komplett vollgeschriebene A4-Seiten", erklärt Haller. Ein eingebauter Akku versorgt den Stift mit genug Energie, um sieben Stunden lang unterbrechungsfrei durchzuschreiben. "Wir haben in unseren Versuchen bei intensiver Nutzung locker zwei Wochen damit gearbeitet, bevor der Akku wieder über den USB-Anschluss geladen werden musste", sagt Haller.

Kickstarter bis Ende August

Die Software, die auf einem Rechner installiert werden muss, damit der Stift verwendet werden kann, wurde an der FH entwickelt und ist vorerst für Windows verfügbar. "Das System ist auf optimale Performance ausgelegt und erlaubt alle Funktionen, die in einem kollaborativen Business-Umfeld gefragt sind. Zudem werden wir eine API entwickeln, die es Drittanbietern erlaubt, unser System in ihre Apps einzubinden", sagt Haller. Mobile Systeme und Rechner ohne Windows können auf die mit dem Stift produzierten Skizzen über eine Web-Plattform zugreifen, über die Vektordaten per Weblink mit beliebigen Systemen und Partnern geteilt werden können. Das Arbeiten mit dem Stift ist vorerst aber nur mit Windows möglich. "Wir haben auch das Design der Software ganz auf Windows 10 abgestimmt", sagt Haller.

Eine Mac-Version der Software ist angedacht, wird aber nur umgesetzt, wenn die Kickstarter-Kampagne ein durchschlagender Erfolg wird. "Ab 300.000 Euro wollen wir eine OSX-Version entwickeln", sagt Haller. Mit Beträgen, die darunter liegen soll vor allem die Weiterentwicklung der bestehenden Software und die Produktion finanziert werden. Derzeit arbeiten die Beteiligten am letzten Feinschliff. Die Kickstarter-Kampagne wird bis Ende August laufen, danach wird mit der Markteinführung begonnen. Der Preis der Stifte soll sich im Handel "nicht weit über dem Niveau für Kickstarter-Unterstützer" bewegen.

Dieser Artikel ist im Rahmen einer Kooperation zwischen futurezone und FH Hagenberg entstanden.

Das Media Interaction Lab (MiL) ist auf dem Gebiet der Mensch-Computer-Interaktion eines der führenden Forschungslabors in Österreich. Als Teil der Fakultät für Informatik, Kommunikation und Medien der FH Oberösterreich ist es an deren Campus in Hagenberg beheimatet.

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Markus Keßler

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