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Genetik

Wiener Forscher: Untätige Jung-Gene gehen rasch verloren

Im Erbgut können aus nichtssagenden DNA-Basen-Abfolgen zwischen alteingesessenen Genen neue, ausdrucksstarke Gene entstehen. Sie helfen Lebewesen, sich schnell an veränderte Umweltbedingungen anzupassen und fördern ihre Weiterentwicklung. Weil aber viele davon rasch wieder verschwinden, sammeln sich dabei nicht unzählige Gene an, berichten Wiener Forscher in der Fachzeitschrift „eLife“.

Höhere Gen-Überlebenswahrscheinlichkeit bei Männchen

Christian Schlötterer vom Institut für Populationsgenetik der Veterinärmedizinischen Universität Wien (Vetmeduni) untersuchte mit seinem Team bei Drosophila-Fliegen das Schicksal von neu entstandenen Genen, die jeweils nur in einzelnen Arten vorkommen, nicht aber bei ihren nahen Verwandten - die Wissenschafter sprechen von sogenannte Orphan-Genen. Sie fanden heraus, dass das Leben der jungen Gene oft nur kurz währt, und konnten verschiedene Umstände erkennen, die ihr Schicksal beeinflussen.

So ist die „Kindersterblichkeit“ bei den Junggenen vor allem am Anfang sehr hoch. Gerade die jüngsten Orphan-Gene verschwinden rasch wieder, während jene, die schon länger auf dem Erbgut währen, eher weiter bestehen können, so die Forscher in einer Aussendung der Vetmeduni. Sie zeigten auch, dass Junggene, die oft abgelesen werden, größere Chancen auf ein langes Leben haben als ihre weniger beachteten Altersgenossen.

Außerdem seien Gene, die in Männchen aktiver sind als in Weibchen, länger intakt. „Man glaubte bisher, dass Orphan-Gene bei Männchen stärker exprimiert (öfter abgelesen, Anm.) werden. Der Unterschied wird aber erst dadurch ausgeprägt, dass die in Männchen aktiveren Orphan-Gene eine höhere Überlebenswahrscheinlichkeit haben“, erklärte Schlötterer der APA.

Funktion bedingt nicht Überleben

Auch der Ort, an dem sich ein Orphan-Gen befindet, entscheidet über sein Fortbestehen, so die Forscher. Solche, die auf einem Geschlechtschromosom liegen (dem X-Chromosom, von denen Fliegenmännchen eines und Weibchen zwei besitzen), verlieren viel schneller ihre Funktion als jene auf anderen Chromosomen, schrieben sie.

Selbst wenn die Junggene eine Rolle im Organismus finden und Funktionen übernehmen, muss dies nicht unbedingt zu ihrem Überleben beitragen, erklärte Schlötterer. „Es kann sein, dass sie in einer Art sehr schnell eine Funktion bekommen und bestehen bleiben, in verwandten Arten aber gar nicht benötigt werden und verschwinden“, sagte er.

Drei von vier Verlustfälle entstehen durch Fehler in der Gensequenz, die ihre Funktion zerstören, so Schlötterer. Seltener geht ein Junggen komplett abhanden.
Von kaum einem Nachwuchs-Gen sei die Funktion bekannt, weil sie in der Regel nur in einer Art vorkommen und man dadurch nichts aus Vergleichen lernen kann, erklärte er. Doch sie seien vermutlich für die Evolution wichtig. „Gerade für kurzfristige Anpassungen einer Art, wenn die Organismen etwas Neues und Innovatives brauchen, sind Orphan-Gene wahrscheinlich von großer Bedeutung“, so der Zoologe und Bioinformatiker.

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