V.l.n.r. Florien Drees, Helene Marie Gosselin, Nina Wöss, Katharina Brandl und Andie Katschthaler.
V.l.n.r. Florien Drees, Helene Marie Gosselin, Nina Wöss, Katharina Brandl und Andie Katschthaler.
© Barbara Wimmer

Weltfrauentag

Auf der Spurensuche nach mehr Gründerinnen

Laut einer jüngsten Studie des WU-Gründerzentrums im Rahmen des „European Start-up-Monitors“ ist der durchschnittliche österreichische Start-up-Gründer zu 84 Prozent männlich und 31 Jahre alt. Doch warum ist das so, dass Frauen weniger häufig ihr eigenes Unternehmen starten oder sich von Führungsfunktionen fern halten? Darüber wurde am Weltfrauentag im Co-Working-Space Sektor 5 unter der Leitung von Andie Katschthaler, die die Veranstaltung organisierte, diskutiert.

Bei der Risikokapital-Firma Speedinvest hat man derzeit kein einziges Start-up im Portfolio, das von einer Frau gestartet wurde, wie Nina Wöss von Speedinvest erzählt. "Shpock, eines unserer erfolgreichsten Unternehmen, inzwischen verkauft, wurde von einer Frau (Katharina Klausberger) co-gegründet", so Wöss.

An der WU gebe es beispielsweise auch ein Programm für Start-up-Gründerinnen und Gründer, bei dem die Mehrheit der Teilnehmer aus Frauen bestehen würde, heißt es im Zuge der Diskussion. Aber am Ende seien es erst recht wieder die Männer, die dann gründen würden.

Erklärungsversuche

Auf der Suche nach Erklärungsversuchen landet man bei den altbekannten Argumenten: „Es liegt an unserer Erziehung. Frauen werden gesellschaftlich dazu erzogen, sich um andere zu kümmern und keine hohen Risiken einzugehen, während Buben bereits früh mit riskanten Sportarten vertraut gemacht werden. Das führt dazu, dass Frauen am Ende weniger Unternehmen gründen“, sagt Katharina Brandl, Mitgründer in des Frauenvereins Sorority, der es sich zum Ziel gesetzt hat, Frauen dabei zu helfen, persönlich und beruflich weiterzukommen.

Auch eine werdende Unternehmerin meldet sich zu Wort: Es seien vor allem praktische Probleme, die sie vom Gründen abhalten würden, beklagt sie. Es gebe zu wenig finanzielle Unterstützung am Anfang der Projektphase, wo sich noch nicht alle „drum reißen“ würden, außerdem sei es enorm schwer, eine technische Fachkraft zu finden, die von Anfang an dabei sei.

"Partner-Suche kann frustierend sein"

Florien Drees, Managing Director von Sektor 5, empfiehlt ihr lokale „Meet-ups“ , bei denen sie nach geeigneten Personen suchen solle. „Das kann natürlich frustrierend sein, weil man seine Idee immer wieder und wieder pitchen muss, bis man jemand passenden gefunden hat“.

Hinter den Kulissen erzählt eine weitere Teilnehmerin der Diskussion, dass man sie als Frau oftmals belächeln würde, wenn sie ohne Technik-Teilhaber ihre Idee an Investoren herantragen würde. „Das ist fast so wie früher: Die Frau muss den Mann um Erlaubnis fragen, ob sie arbeiten gehen darf“, heißt es im anschließenden Gespräch mit der futurezone. "Eine Frau ohne IT-Guy als Partner wird nicht akzeptiert."

Keine Bewerberinnen

Auch Unternehmen tun sich oft schwer, qualifizierte Frauen als Bewerberinnen in der Start-up-Branche zu bekommen. Wöss berichtet etwa davon, dass bei Speedinvest immer wieder neue Stellen ausgeschrieben werden und sich großteils nur Männer bewerben würden, obwohl die Ausschreibungen über viele verschiedene Kanäle laufen. „Wir bemühen uns, nicht nur einen Kanal zu bedienen. Ich weiß es einfach nicht, woran das liegt“, sagt Wöss.

Laut Dress von Sektor 5 könnte das zum Teil daran liegen, dass die Bewerbungsausschreibungen zu „aggressiv“ formuliert sein könnten. „Wenn Start-ups damit werben, dass man hart arbeiten soll, hart Party machen kann und es einen Tischfußballtisch gibt, fühlen sich Frauen, die vielleicht auch noch Kinderbetreuungspflichten haben, nicht angesprochen“, so die Sektor 5-Managerin.

Bewusstseinsänderung und Debatte

Brandl habe etwa bei ihrer Tätigkeit an der Universität Wien erlebt, dass sich für Jobs, bei denen sich nur Männer beworben hatten, der Job immer neu ausgeschrieben werden musste, bevor er vergeben wurde und sich zumindest eine Frau beworben hatte. „Es wurde hinterfragt: Warum haben sich keine Frauen beworben? Diese Denke ist vielleicht in einer Institution wie bei Universitäten verankert, aber nicht so sehr in der Privatwirtschaft“, so Brandl.

Die frühere UN-Vertreterin Helene Marie Gosselin, die heute als selbstständige Beraterin tätig ist und das Austrian Chapter des International Womens Forum mitgegründet hat und in Wien lebt, glaubt, dass es bei Frauen oftmals an Selbstbewusstsein mangeln würde, sich für eine bestimmte Stelle zu bewerben oder sich eine Gründung zuzutrauen. „Es muss eine gesellschaftliche Diskussion darüber geben, nur dann keine eine Lösung gefunden werden. Die Bewusstseinsänderung ist ein erster, wichtiger Schritt“, sagt Gosselin.

Feminismus ist für alle gut

Katschthaler fügt hinzu: „Feminismus und die Gleichberechtigung von Frauen ist auch für Männer gut.“ Katschtaler erzählt zudem von einer erfolgreichen Gründerin, die gefragt wurde, auf einer Konferenz zu sprechen. Ihr wurde dann aber abgesagt, weil ihre Gagenforderung zu hoch gewesen sei. Wie sie später in Erfahrung bringen konnte, war der Talk an einen befreundeten Mann vergeben worden – zu einer dreifach höheren Gage, als sie für den Event gefordert hatte. „Unter diesen Umständen werden wir wohl noch länger einen Frauentag brauchen“, sagt die Selbstständige.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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