© VaryoStix

Österreich

Heimische Erfindung kann fehlende Hand teilweise ersetzen

VaryoStix ist das Ergebnis eines Entwicklungsprozesses, der 2010 von einer Familie aus Oberösterreich in Angriff genommen wurde. “Meine Tochter ist seit einem Schlaganfall rechtsseitig gelähmt. Danach war sie mit herkömmlichen Schneidebrettern überfordert”, beschreibt Waltraud Blöchl-Traxler ihre Motivation. Die Idee für das VaryoStix-Projekt hat sich dann aus der Stäbchenübung entwickelt, bei der Schlaganfall-Patienten wiederholt Holzstäbchen in ein passendes Loch stecken, um ihre Feinmotorik wiederaufzubauen. “Mit der Kombination mit dem Schneidbrett konnten wir die Übung kreativer machen und mit Belohnungen arbeiten. So werden erst die Stäbe gesteckt, dann ein Apfel fixiert und geschnitten und am Ende gibt es dann Saft”, erklärt Blöchl.

Die Therapeuten zeigten sich von der Idee begeistert. Die Fortschritte, die erzielt wurden, waren ungleich größer als mit der traditionellen Übung. Zudem können Nutzer Aufgaben, die mit einer Hand schwierig zu bewältigen sind, mit dem Brett problemlos meistern, egal ob es um das Öffnen eines Essiggurkenglases oder einer Milchpackung geht, das Schneiden von Brot und anderen Dingen oder das Schälen von Gemüse. “Wenn die Leute draufkommen, dass sie viele Sachen selbst machen können, ist das ein Aha-Erlebnis. Meine Tochter kann inzwischen wieder alleine leben”, so Blöchl. Die Bretter erfreuen sich mittlerweile aber auch außerhalb der Familie großer Beliebtheit. Seit 2012 hat Waltraud Blöchl nebenberuflich ein Gewerbe angemeldet und verkauft VaryoStix an Kunden im In- und Ausland.

Lokale Produktion

Die Nutzer finden dabei auch immer wieder kreative Einsatzmöglichkeiten für das Brett, von der Bedienung eines Tablets bis zum Einsatz im Modellbau. Produziert wird VaryoStix in geschützten Werkstätten in Oberösterreich, aus Bambus und Buchenholz. Die Stückzahlen sind dementsprechend relativ gering. Bei einem Preis ab 230 Euro pro Stück wird mit VaryoStix allerdings auch kein Gewinn angestrebt. “Uns geht es darum, dass die Leute eine Freude haben und mit dem Brett Erfolgserlebnisse bekommen”, sagt Blöchl. Besonders gut kommt VaryoStix bei Jugendlichen an, die mit kreativen Ideen auch diverse Spiele mit dem Brett erfinden. “Man braucht auch den Willen, den Umgang zu erlernen. Für Menschen, die sich daran gewöhnt haben, den Alltag mit nur einer Hand zu meistern, ist das eher schwierig”, sagt Blöchl.
Vor allem die Möglichkeit , Probleme auf verschiedene Arten zu lösen und einen kreativen Ansatz zu verfolgen, kann Nutzern dabei helfen, Fortschritte zu erzielen. “Bei meiner Tochter haben sich auch etwa auch Fortschritte bei den Sprachproblemen eingestellt”, erzählt Blöchl. Unterstützt wurde die Entwicklung von VaryoStix durch das Austria Wirtschaftsservice (AWS), den großteil des Aufwands haben Waltraud Blöchl Familie aber mit eigener Arbeit und ehrenamtlicher Hilfe bewältigt. “Wir haben verschiedenste Berufe in unserer großen Familie, vom Tischler bis zur Pädagogin. Das Projekt hat uns enger zusammengeschweißt”, sagt Blöchl.

Für Schulen

Derzeit arbeiten alle Beteiligten schon an einem neuen System, das die Vorteile von VaryoStix auf den Schulalltag ummünzen soll. In wenigen Monaten soll ein Brett auf den Markt kommen, das die Nutzung von UHU, Tixo oder Scheren ermöglicht. “Ich bin sonst nicht so mutig. Bei VaryoStix habe ich aber sofort gewusst, das ist das Richtige. Die Arbeit hat uns auch geholfen, den Schicksalsschlag zu überwinden und einen neuen Weg zu sehen”, erklärt Blöchl.

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Markus Keßler

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