Investor Martin Egger
Investor Martin Egger
© Trend Consulting/Martin Egger

Investor

“Nicht jeder Gründer ist ein guter CEO”

Der Unternehmer und Business Angel Martin Egger spricht im futurezone-Interview über die heimische Start-up-Szene und worauf er bei Investments besonders achtet. Der CEO von Trend Consulting verrät, warum ihm besonders viel an einem funktionierenden Team liegt, wie er mit “überzogenen Vorstellungen” umgeht und was er sich künftig von der Politik in Österreich erwartet. In der Vergangenheit hat er etwa in bekannte Start-ups wie Eversport oder Crowd-o-Moto investiert.

futurezone: Wonach fällt bei Ihnen die Entscheidung, in ein Start-up zu investieren?
Martin Egger: Wir haben immer sehr viel in der Frühphase gemacht, also Start-ups in Pre-Seed- und Seed-Stadium. Da ist oft das Einzige, worauf man sich verlassen kann, das Gefühl, ob man mit dem Team arbeiten möchte. Also, traut man den Menschen hinter dem Projekt etwas zu. Ich habe selbst die Erfahrung gemacht, in coole Produkte zu investieren, wo ich aber beim Team von Anfang an Bauchweh hatte. Ich habe gelernt, dass das beste Produkt nicht funktioniert, wenn das Team es nicht umsetzen kann. Umgekehrt: Leute, die wirklich gut sind, haben die Möglichkeit, an einem Produkt so lange zu feilen, bis sie marktreif sind. Wichtig ist für mich auch, ob ich den Business-Case verstehe - ob etwas einen Nutzen hat, ein Problem löst. Und natürlich schaue ich darauf, ob ich mir selbst vorstellen kann, dass sich etwas monetarisieren lässt.

Gibt es prinzipiell Themen oder Bereiche, von denen Sie von vornherein lieber die Finger lassen?
Grundsätzlich verfolge ich immer das Ziel, mit Mehrwert helfen zu können: Ist es mir mit meiner Erfahrung, meinem Netzwerk, dem Kerngeschäft unserer Agentur möglich, einem Start-up wirklich weiterzuhelfen? Reine Cash-Investments haben wir bis dato nie gemacht. Ich habe auch schon spannende Dinge nicht gemacht, weil ich der Idee treu bleiben wollte, eben diesen Mehrwert zu liefern. Prinzipiell ist Österreich super für die Frühphase, da ist auch das Ecosystem gut. Wo ich Grenzen sehe, ist die Thematik der Wachstumsfinanzierung. Es gibt kaum institutionelle Investoren, die in Start-ups investieren. Abgesehen von SpeedInvest, Gründerfonds und ein paar andere gibt es da nicht viel. Das heißt, wenn ich weiß, dass die Anschlussfinanzierung schwierig ist, dann lass ich die Finger davon.

Wie beurteilen Sie die heimische Start-up-Szene im Vergleich zum Nachbarland Deutschland?
In Deutschland gibt es mehrere Ökosysteme - München, Hamburg, Frankfurt, Berlin. In Österreich konzentriert sich noch immer alles hauptsächlich in Wien. Innerhalb der unterschiedlichen Zirkel in Deutschland ist es dann aber eigentlich auch ziemlich abgeschlossen. Wenn ein Münchener dann mal etwas in Hamburg braucht, steht er auch bei Null. Ich habe mal gedacht, dass es in Deutschland leichter sein muss, weil es zehn Mal so viele Angels gibt - ist es aber nicht. Der große Vorteil aber ist: Es gibt mehr institutionelles Geld. Es gibt auch viel mehr erfolgreiche Exits, wo man dann Gründer hat, die wieder anfangen zu investieren. Es ist generell viel Erfahrung und viel Wissen da. Was das Thema betrifft, gutes Personal zu kriegen, ist das gefühlt auch nochmal einen Tick einfacher.

Was sind aus Ihrer Sicht No-Gos, die Start-ups unbedingt vermeiden sollten?
Als Investor hat man erstmal gern das Gefühl, dass diejenigen, die auf der gegenüberliegenden Seite sitzen, auf das Geld schauen, als wäre es ihr eigenes. Wenn man sehr früh drüber diskutieren muss, wie groß die Firmenautos oder Geschäftsführerentschädigungen sind, dann hat das einen komischen Beigeschmack. Und fast immer, wenn wir sowas hatten, ist das später zum gröberen Thema geworden. Man muss als Start-up realistisch einschätzen können, wie weit man ist, und nicht gleich, wenn man ein Funding bekommt, nur über eigene Autos oder Honorare nachdenken. Ich schaue inzwischen auch mehr darauf, wie groß das Investment der Gründer selbst ist. Was ebenfalls auffällt: Es gibt kaum ein Team, dass frühphasig perfekt aufgestellt ist. Es gibt aber auch immer wieder Leute, die leider nicht reflektiert genug sind, das zu erkennen. Nicht jeder Gründer ist ein guter CEO.

Passiert es oft, dass Leute sich selbst überschätzen?
Ich glaube, dass es auch gut ist, dass Gründer sich selbst überschätzen. Ich mag den Spirit zu sagen: Es gibt keine Limits. Ich werde zum Mond fliegen, egal wie das geht, ich werde das schaffen. Das kann man nicht, wenn man nur rational ist. Da gehört Selbstvertrauen dazu, und vielleicht auch ein Tick mangelnder Selbstzweifel.

Wie beurteilen Sie die heimische Investorenlandschaft? Es wird ja oft bemängelt, es gebe zu wenige bzw. stehen eigentlich immer nur eine Handvoll Leute im Rampenlicht.
Es gibt viele, die man nicht kennt. Es gibt Leute, die im Hintergrund viel machen, die man nicht auf den typischen Events sieht. In Summe glaube ich trotzdem, dass es nicht genug sind. Ich glaube auch, dass grundsätzlich genug Geld da ist. Allerdings hat es das institutionelle Geld noch nicht geschafft, Start-up-affin zu werden. Es ist wichtig, dass es die Rolle der Lead-Investoren gibt, wo eine gewisse Sichtbarkeit dazu gehört, um dieses Geld auch anzuziehen. Also, wo sich Leute dranhängen können, die sagen, sie wollen jemanden, der sich damit auskennt. Ich sehe aber auch, dass bei den Leuten, die in den letzten Jahren viel gemacht haben, eine gewisse Sättigung da ist.

Ist das Thema Start-ups - trotz Hype - in Österreich vielleicht immer noch zu wenig präsent, um mehr Geldgeber zu überzeugen?
Wir haben schon ein paar Jahre Rückstand. Die erfolgreichen Exits, die es international gibt, die haben alle früher gegründet. Ich habe 2011 begonnen zu investieren. Die ersten drei Jahre haben Leute mich gefragt, was ich sonst noch mache, wenn ich gesagt habe, ich investiere in Start-ups. Das hat sich erst die letzten zwei Jahre umgekehrt. Jetzt ist auch eine andere Stimmung da. Daher kann ich mir schon vorstellen, dass das jetzt auch in Österreich besser wird.

Haben Sie konkrete Forderungen oder Wünsche an die Politik?
Um ehrlich zu sein: Ich habe es mir abgewöhnt, darüber nachzudenken, was die Politik für mich tun kann. Was ich zum Beispiel aus Erfahrungen in den USA sagen kann, ist, dass es dort eine extrem positive Haltung zum Unternehmer-Sein gibt. Was also schon helfen würde, wäre die öffentliche Stimmung dahin zu bringen, dass es cool ist zu gründen. In Österreich habe ich manchmal das Gefühl, dass man sich rechtfertigen muss, weil man Unternehmer ist und damit Geld verdienen muss. Es gibt laufend Unterstellungen, man würde sein Geld in Steueroasen parken oder seine Mitarbeiter nur ausnutzen.

Immerhin gab es zum Amtsantritt von Bundeskanzler Kern ein neues Zugehen auf Start-ups. Was erwarten Sie sich davon?
Schwer zu sagen, was wirklich dabei herauskommt. Aber Kern macht zumindest den Anschein, dass es hier nicht nur um leere Worthülsen geht. Auch das Maschinensteuerthema ist zum Beispiel eine Sache, der man sich nunmal stellen wird müssen, da braucht man sich nichts vorzumachen. Ich finde gut, dass er Dinge angeht, auch wenn er weiß, dass das nicht einfach ist. Zweifel habe ich natürlich daran, ob die österreichische Struktur politisch in der Lage ist, jemandem so etwas überhaupt zuzulassen.

Was war das außergewöhnlichste Projekt, in das Sie je investiert haben?
Ich habe eigentlich keins, das ich hervorstreichen will. Es gibt aber ein paar, wo ich das Gefühl habe, hätte ich damals nicht investiert und mich darum gekümmert, dann würde es die Projekte vielleicht gar nicht geben. Weil sie an der Kippe standen oder es Frustration aufgrund von fehlender Investition gab, etc. Ich weiß auch gar nicht, ob die selbst das so sehen. Aber es gibt welche, wo man mit einem guten Gefühl hingeht, weil es jetzt funktioniert und man weiß: Es war so knapp.

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Claudia Zettel

ClaudiaZettel

futurezone-Chefredakteurin, Feministin, Musik-Liebhaberin und Katzen-Verehrerin. Im Zweifel für den Zweifel.

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