Daniel Kim hat mit seiner Firma Lit Motors das selbstbalancierende Motorrad C-1 entworfen
Daniel Kim hat mit seiner Firma Lit Motors das selbstbalancierende Motorrad C-1 entworfen
© Lit Motors

Interview

"Warum nicht einfach ein SUV halbieren?"

Der US-Amerikaner Daniel Kim hat mit seinem Unternehmen Lit Motors ein Motorrad mit geschlossener Kabine entwickelt, das selbst ohne Stützen aufrecht stehen kann. Grund dafür sind zwei Gyroskope im Inneren. Die beiden Kreisel verleihen dem Fahrzeug namens C-1 ein großes Maß an Stabilität. Angetrieben wird das C-1 durch Elektromotoren. 160 km/h können maximal erreicht werden. Die eingebauten Lithium-Ionen-Akkus sorgen für eine Reichweite von 320 Kilometer. Laut dem derzeitigen Entwicklungsstand ist das Fahrzeug 2,8 Meter lang, ein Meter breit, 1,4 Meter hoch und 360 Kilogramm schwer. Zwei Personen sollen darin hintereinander sitzen. Daniel Kim besuchte das Pioneers Festival 2016 in Wien. Während des Start-up-Festivals konnten wir den Elektromobil-Tüftler für ein Interview gewinnen.

Autobalancing Electric Vehicles

futurezone: Seit wann arbeiten Sie an der Entwicklung ihres Elektrofahrzeugs C-1?
Daniel Kim: An diesem lustigen Projekt arbeite ich seit 2004.

Welche Ausbildung ist für so etwas notwendig?
Ich war zunächst am Reed College, einer berühmten, kleinen Kunstschule, auf die auch Steve Jobs gegangen ist. Das habe ich dann eines Tages verlassen und wurde ein Mechaniker für Land Rover. Nach eineinhalb Jahren ging ich auf Reisen, vor allem durch Europa. Dann kam ich in die USA zurück, studierte eine Zeit lang Architektur in Berkeley, verließ die Uni wieder und gründete meine eigene Firma. Ich habe versucht, den perfekten Land Rover zu bauen, oder überhaupt ein perfektes SUV. Und dann hatte ich einen Unfall.

Sie wurden dabei beinahe von einem Land Rover erdrückt, nicht?
Ja, ich bin sehr unfallgefährdet. Alle zehn Jahre habe ich einen lebensgefährlichen Unfall. Mein letzter war erst vergangenes Jahr. Da bin ich mit dem Motorrad auf einer Rennstrecke verunglückt. (zeigt mir ein Video von dem Unfall auf seinem Smartphone) Ich war nicht schuld. Warum lagen da Sandsäcke neben der Strecke herum? Das ist doch ziemlich fragwürdig. Naja, also ich habe einige Sachen kaputt gemacht und wäre beinahe gestorben.

Was wurde aus dem perfekten SUV-Plan?
Ich habe ihn beendet. Aber ich habe mir gedacht, dass SUVs wirklich schwer sind und meist fährt nur eine Person damit. Also warum nicht einfach ein SUV halbieren?

Das C-1 sieht beinahe so aus wie die BMW C1, ein Motorrad mit Kabinendach.
Das ist nur eine Arbeitsbezeichnung, die wir wahrscheinlich noch ändern werden. Das C-1 begründet eine neue Kategorie von Fahrzeugen, die wir AEV nennen. Das steht für 'autobalancing electric vehicle'.

Ich habe Videos vom C-1 angeschaut und finde es unglaublich, dass man das Fahrzeug nicht umstoßen kann.
Es ist unglaublich robust. Man bräuchte ein Auto oder einen kleinen Elefanten, um das Ding umzuwerfen.

In einer Simulation sieht es so aus, als könnte das C-1 auch bei einem seitlichen Crash mit einem Auto nicht umgeworfen werden. Welche Geschwindigkeit oder Kraft würde man dafür benötigen?
Du bräuchtest einen Pick-up-Truck, der mit 56 km/h fährt und in einem 90-Grad-Winkel auf den C-1 trifft. Also bei so einem Unfall könnte das C-1 umfallen. Das ist noch kein wirklich schwerer Unfall. Aber bei einem gewöhnlichen Motorrad wären die Folgen bereits fatal. Im C-1 würdest du bei so etwas nicht sterben.

Wieviel Energie fließt in die Gyroskope?
Am Anfang etwas mehr, um sie in Schwung zu bringen, aber während der Fahrt verbrauchen sie weniger als eine Glühbirne.

Daniel Kim hat mit seiner Firma Lit Motors das selbstbalancierende Motorrad C-1 entworfen

Welchen Vorteil hat das C-1 im Vergleich mit kleinen vierrädrigen Autos, etwa einem Renault Twizy?
Der größte Unterschied ist wohl der Sicherheitsaspekt. Wir haben Sicherheitsgurte, Airbags, Türen mit Stahlstreben und die Gyroskope fügen eine ganze Sicherheitsebene hinzu. Sie absorbieren Energie, wenn das Fahrzeug getroffen wird. Der zweite große Unterschied ist die Reichweite und die Geschwindigkeit. Das C-1 fährt locker 160 km/h. Durch zwei Räder gibt es weniger Rollwiderstand. Außerdem ist es aerodynamischer gebaut. Der Luftwiderstand ist fast wie bei einem Flugzeug.

Haben Sie bei der Entwicklung mit größeren Fahrzeugherstellern zusammengearbeitet?
Wir haben mit einer Menge davon gesprochen, etwa Hyundai, BMW, General Motors, Tesla. Noch ist es ein wenig früh, um zusammenzuarbeiten, aber es besteht eine Kommunikationsbasis.

Könnten Sie sich vorstellen, ihre Technologie an einen Fahrzeughersteller zu verkaufen?
Mein Ziel ist es, die Technologie voranzubringen. Sie soll sich am Markt verbreiten. Die Technologie zu verkaufen, ist immer möglich. Wir könnten auch Lizenzen an lokale Partner vergeben, etwa BMW in Deutschland, KTM in Österreich etc.

Also es könnte in Zukunft AEVs von verschiedenen Herstellern geben?
Ja, dagegen hätte ich nichts. Mit Lizenzen. Natürlich gäbe es da wahrscheinlich auch Raubkopierer aus China. Hallo China! Wir lieben euch! Also Lizensieren wäre eine Möglichkeit, oder wir könnten einfach selbst den Weltmarkt erobern. Mir ist es egal, wie die Sache verläuft.

Wann soll die Serienproduktion beginnen?
Wir müssen erstmal die Finanzierung sicherstellen. Der Marktstart sollte dann etwa 24 Monate später erfolgen.

Wieviel wird das C-1 ungefähr kosten?
Am Anfang ungefähr 24.000 Dollar. Bei größerem Produktionsvolumen könnte es auch wesentlich weniger sein. Ich würde das C-1 gerne für viel weniger als 12.000 Dollar verkaufen, aber es kommt darauf an, wieviel Stück pro Jahr wir verkaufen können.

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