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CES 2013: Das Smartphone als Hoffnungsträger

„Die Zeiten von Wachstumsraten im zweistelligen Prozentbereich sind vorbei. Die USA müssen sich darauf einstellen, dass die guten Jahre nicht mehr wieder kommen werden." Steve Koenig, Analyst der Consumer Electronics Association stimmte in der CES-Auftakt-Pressekonferenz am Sonntag in Las Vegas auf magere Zeiten ein. Sein Kollege Steve Bambridge vom Marktforschungsinstitut GfK steuert Zahlen und Prognosen für den Rest der Welt bei, die nicht minder düster waren. Entwickelte Regionen wie USA, Westeuropa oder Japan verbuchten gesamtwirtschaftlich sowie bei den Ausgaben für Consumer Electronic deutlich Rückgänge.

Trübe Aussichten
Für 2013 wird ein Plus von rund einem Prozent erwartet, was die beiden Experten aber eher unter Stagnation und nicht unter Wachstum verbuchen. „Die Märkte sind gesättigt. Jeder Haushalt hat mehrere Flat-TVs und mindestens einen Computer. Ein Großteil hat Smartphones und Tablets", sagt Bambridge. Gepaart mit der schwierigen wirtschaftlichen Lage und der Verunsicherung bei den Konsumenten ergebe dies einen Markt ohne Wachstumspotenzial.

Rechneten die Experten vor exakt einem Jahr noch mit einem ausgleichenden Effekt durch die Zuwächse in den Schwellenmärkten, fällt die Prognose heuer deutlich bescheidener aus. Die Hoffnungsträger China, Indien, Brasilien und Russland schwächeln und können die Rückgänge in den entwickelten Märkten nicht wett machen. Einzig Länder wie Indonesien oder die Philippinen weisen konstante Wachstumsraten auf.

Tablets und Smartphones als Rettungsanker
Jene Gerätekategorien die länderunabhängig zulegen sind – wenig überraschend – Smartphones und Tablets. Während im Westen die Zuwachsraten aufgrund der starken Durchdringung bereits kleiner sind, können in Märkten wie Indien oder China noch deutliche Sprünge registriert werden. Wobei laut Bambridge von GfK gerade in China lokale Hersteller davon profitieren und weniger Marken wie Apple oder Samsung. Weltweit rechnen die Experten, dass 2013 circa 40 Prozent der Ausgaben für Unterhaltungselektronik auf diese beiden Segmente entfallen wird.

TV-Geräte im Schatten
Flat-TVs hingegen stagnieren nicht nur in Europa und den USA, laut GfK war 2012 auch in China ein Einbruch zu verzeichnen. Der Markt stagniert. Auch um andere Gerätekategorien ist es schlecht bestellt. „Es ist ein Kannibalisierungseffekt durch Smartphones und Tablets zu erkennen", sagt Shawn DuBravac, Chefökonom der Consumer Electronics Association. Kleinere Flat-TVs, die man im Schlafzimmer oder der Küche aufgestellt hat, werden durch Tablets ersetzt. „Die TV-Stationen und Hollywood sprechen noch vom Second Screen, also dem Tablet als Ergänzung zum Flat-TV. Wie lange diese Hierarchie noch bestehen bleibt, ist offen", sagt DuBravac. Statt First- oder Second Screens werde es schlicht gleichrangige Multiple Screens geben, zwischen denen man nahtlos wechselt.

Apps statt Geräten
Viele Konsumenten verzichten auch auf den Kauf einer normalen Digicam und nützen stattdessen die Handy-Kamera. Auch Spielkonsolen leiden. 24 Prozent potenzieller Tablet-Käufer geben einer Umfrage zufolge an, die Geräte nur zum Spielen zu kaufen, so Koenig. „Seit der Digitalisierung wächst alles zusammen und ältere Produktkategorien beginnen zu kollabieren", so der Experte weiter. Nicht nur, dass ein Gerät jetzt mehrere Funktionen gleichzeitig beherrscht, werden viele analoge Gadgets einfach direkt in Apps oder Services verwandelt. „Künftig wird man deutlich weniger Geräte besitzen, die dann aber deutlich mehr können", ergänzt Bambrigde.

Die Post-Smartphone-Ära
DuBravac von der CEA bezeichnet dies als den Beginn der zweiten Digitalen Dekade und den Anbruch der Post-Smartphone-Ära. Es geht nicht mehr um die Hardware, sondern um die Services, die sich darum entwickeln. Jetzt, da eine kritische Masse an Smartphone-Besitzern erreicht ist, wird es deutlich mehr und unterschiedliche Anwendungen geben. Das Smartphone oder das Tablets sind DuBravac zufolge nur das Werkzeug und die Schnittstelle, mit der man die gebündelten Funktionen bedient. Ob Türöffner, eHealth-Anwendungen oder Unterhaltung – alles wird über diese Geräte abgewickelt werden.

Mehr Sensoren für mehr Daten
Unterstützt wird dies durch den Trend hin zur „Sensorisierung". Immer mehr Produkte haben diverse Sensoren und Messwerkzeuge integriert, um Kontext und Umgebung besser interpretieren zu können. Nach Bewegungssensoren und Mikrofonen sollen Thermal- oder etwa Feuchtigkeitsensoren weitere Anwendungsgebiete erschließen. „Es läuft alles darauf hinaus, dass Maschinen Menschen die Arbeit abnehmen", sagt DuBravac. Er nennt Googles selbstfahrendes Auto als ein Beispiel. Durch etliche Sensoren, Algorithmen und genügend Rechenleistung kann es ohne Probleme autonom fahren. Diese wird auch in anderen Lebensbereichen passieren, ist der Experte überzeugt.

Diese Digitalisierung des Alltäglichen soll den Experten zufolge mehr Kontextinformationen liefern. „Das Smartphone wird nun tatsächlich intelligent und verdient das Attribut Smart", sagt DuBravac. Meinte Smart bis dato lediglich online, sollen die gesammelten Daten – Stichwort Big Data – das Handy nun zu einem schlauen Helfer machen.

Gläsern und günstig
Durch konstante Überwachung des Körpers sollen so etwa Tagesabläufe optimiert werden, um Stress zu vermeiden. Das Thema Datenschutz und Privatsphäre streiften die Experten nur kurz. Sie zeigten sich aber überzeugt, dass Daten ganz klar die neue Währung sind. Private GPS-Bewegungsmuster im Gegenzug für günstigere Telefon-Tarife sei nur ein Beispiel, ähnliche Deals werden mit Sicherheit folgen.

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Benjamin Sterbenz

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