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Online-Banking

"Digitalisierung verändert das Bankgeschäft fundamental"

Mobiles Bezahlen per Smartwatch, Online-Banking per Handy oder kontaktloses Zahlen an der Supermarktkassa: Die futurezone sprach mit dem Generaldirektor der Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien, Klaus Buchleitner, und der Digitalchefin Patricia Kasandziev über die neuen Herausforderungen.

futurezone: Die Digitalisierung macht auch nicht vor der Bankenbranche halt. Was sind die größten Herausforderungen?
Klaus Buchleitner: Für Banken selbst wird es entscheidend sein, ob sie die Beweglichkeit haben, sich auf die Chancen der Digitalisierung umzustellen. Zusammen mit immer komplizierteren Regularien, Kostendruck, Negativzinsen ist das ein gewaltiger Veränderungsprozess für die Bankenbranche. So etwa die nahezu exponentiell steigende Geschwindigkeit neuer Entwicklungen und die daraus resultierenden notwendigen Anpassungen des Geschäftsmodells. Wie z.B. die Neugestaltung des Filialnetzes, die Modernisierung der Organisationsstruktur und IT. Darüber hinaus erfordert der Weg zur Digitalbank rasches Handeln. Fintechs sind hier mit ihrer Kreativität und Schnelligkeit Bahnbrecher dieser Veränderung. Ähnliches konnte man schon in anderen Branchen erleben. Aber das eigentliche Bankgeschäft selbst ist kapitalintensiv, hoch reguliert, komplex und sensibel: Genauso wie die analoge Welt, ist auch die digitale Welt nicht vor Verbrechern sicher. Banken haben eine lange Tradition im Umgang mit persönlichen Daten und investieren regelmäßig hohe Beträge in deren Sicherheit. Unsere Kunden werden von uns zum Thema Sicherheit permanent auf dem Laufenden gehalten. Wer die entsprechende Vorsicht walten lässt, braucht sich um sein Geld keine Sorgen zu machen. Jede Digitalisierung ist nicht zuletzt auch mit einer tiefgreifenden Veränderung für Menschen und Mitarbeiter verbunden. Ich bin aber überzeugt, dass ein modernes Internetangebot nur in Kombination mit einer qualitativ hochwertigen Beratung funktioniert. So wird auch im Internetzeitalter der Dialog mit der Bank für unsere Kunden wichtig sein.

Sehen Sie die Digitalisierung im Banken-Bereich eher als Chance oder als Hindernis?
Buchleitner: Es wird Gewinner und Verlierer geben. Das Kundenverhalten hat sich durch die Digitalisierung bereits in vielen Bereichen geändert und wird sich weiterhin zunehmend ändern – wir müssen uns als Dienstleister darauf einstellen. Ich bin davon überzeugt, dass wir die Chancen der Digitalisierung nutzen, diese aber auch bestmöglich mit bewährten Betreuungsansätzen kombinieren müssen. Derzeit arbeitet die Raiffeisen Bankengruppe intensiv an dem zu Jahresbeginn gestarteten Programm „Digitale Regionalbank“.

Wie verändert sich die Rolle einer Bank durch die Digitalisierung?
Buchleitner: Die Wege, auf denen Kunden mit ihrer Bank in Verbindung treten, haben sich in den letzten Jahren massiv verändert. Einfache Transaktionen wie Überweisungen, Umbuchungen oder Abfragen des Kontostands werden zunehmend online durchgeführt. Für die Banken heißt das, dass auch alle Produkte und Angebote für Kunden online verfügbar sein müssen. Auch wenn sich die Zahl der Bankfilialen doch deutlich über die Jahre reduzieren wird, sinkt die Bedeutung der der Filiale indes aus meiner Sicht nicht: Im Gegenzug wird es immer mehr sogenannte Kompetenz-Zentren für professionelle Fachberatung, etwa für Wohnraum-Finanzierung, für Unternehmer oder Private Banking, geben. Kurz zusammengefasst, Digitalisierung verändert das Bankgeschäft fundamental.

Mit welchen digitalen Produkten will Raiffeisen die Kunden von morgen überzeugen?
Patricia Kasandziev: Wir wollen den wichtigen Schritt in Richtung Omnikanalvertrieb gehen und den Kunden von morgen einen zeit- und ortsunabhängigen persönlichen Service anbieten. Unser Ziel ist es, dass Neu- und Bestandskunden österreichweit alle Raiffeisen Basisprodukte online abschließen können. Durch ein transparenteres Produkt- und Serviceangebot, werden wir das Vertrauen zu unseren Kunden stärken. Der Einsatz moderner Lösungen während des Online Produktabschlusses, wie z.B. Videolegitimierung und Digitale Signaturen, wird dem Kunden größtmögliche Sicherheit und Bequemlichkeit durch einen medienbruchfreien Prozess bieten. Zusätzlich wollen wir unser Mobile Banking als eigenständigen Vertriebskanal ausbauen.

Wie wichtig wird Mobile Banking aus Ihrer Sicht in naher Zukunft?
Kasandziev: In der Raiffeisenlandesbank haben wir festgestellt, dass Mobile Banking besonders von unseren jüngeren Kunden sehr gut angenommen wird. Für die Generation Z ist das Smartphone ständiger Begleiter im Alltag und somit werden auch Bankgeschäfte zunehmend mobil getätigt. Laut einer Studie von Bain & Company wird sich Onlinebanking zukünftig verstärkt auf mobilen Geräten abspielen und sich weltweit zum entscheidenden Kanal für Bankgeschäfte entfalten. Mobile Banking wird von Bankkunden immer stärker als vollwertiger Vertriebskanal angenommen. Unser Fokus liegt in der Schaffung eines einzigartigen Kundenerlebnisses: Ein Wechsel des Mediums innerhalb eines Prozesses muss beim Abschluss eines Produktes in der App oder auf der Website vermieden werden. Wir wollen unseren Kunden einen herausragenden digitalen Vertriebs- und Beratungsprozess ermöglichen. Ab Februar 2017 können Raiffeisenkunden ihren Kontoumsatz über ihre Smartwatch abfragen. Wir legen verstärkt unseren Fokus darauf, innovative Funktionen in Wearables zu integrieren.

Welche Möglichkeiten bietet die Digitalisierung für Banken neben Mobile Banking noch?
Kasandziev: Durch die Digitalisierung hat insbesondere der Zahlungsverkehr in den letzten 15 Jahren zahlreiche Innovationen hervorgebracht. Mobile Payment ist in Vorreiternationen wie Schweden, Finnland oder Dänemark bereits weit verbreitet: In Dänemark haben zwei Drittel der Smartphone-Nutzer eine Mobile Payment App installiert. Bargeld spielt dort kaum noch eine Rolle, denn Überweisungen sind einfach über eine App auf dem Smartphone möglich. MobilePay zählt zu den meistgenutzten Apps in Dänemark und liegt vor Google Maps oder Snapchat auf Platz 3. In Österreich ist zwar eine völlige Abschaffung des Bargeldes in naher Zukunft kaum vorstellbar, Mobile Payment wird aber zunehmend eingesetzt.

Was halten Sie vom Einsatz neuer Technologien wie NFC?
Kasandziev: Das ist die Zukunft. Seit 2013 enthalten unsere neuen Bankomatenkarten eine Kontaktlos-Funktion (NFC). Die digitale Transformation bietet sowohl der Bank als auch dem Kunden viele Chancen: Bisherige Prozesse haben sich stark verändert und führen zu mehr Sicherheit und Nutzerfreundlichkeit. Digitalisierung verkürzt die Marktdurchdringungszeit enorm, daher müssen sich Banken stets nach neuen effizienten Lösungen umsehen, da sie sonst Marktanteile an die Konkurrenz verlieren könnten. Je intuitiver und einfacher ein Prozess funktioniert, desto eher wird der Kunde sich auf die neue Technologie einlassen. Unser Ziel ist es, Kundenbedürfnisse in der Tiefe zu verstehen und darauf zu reagieren, indem wir unseren Kunden die bestmöglichen Technologien in die Hand geben.

Wird sich das kontaktlose Zahlen durchsetzen?
Kasandziev: Das kontaktlose Zahlen hat sich in Österreich weitgehend durchgesetzt. Bis heute hat es noch keinen einzigen Schadensfall in Zusammenhang mit NFC gegeben. Im Dezember 2015 erfolgten zehn Prozent aller Transaktionen an Bankomatkassen kontaktlos und die Tendenz ist stark steigend. Kunden wünschen sich Komfort, immer und überall! Seit Juni 2016 gibt es die ELBA-payAPP, die das Bezahlen mit der Bankomatkarte und dem Handy österreichweit ermöglicht. Wo immer Kunden heute noch zur Geldbörse greifen, springt künftig das Smartphone ein. In England oder Spanien ist diese Art des Bezahlens längst Alltag. Laut dem Londoner Startup „Sthaler“ wird der Konsument zukünftig per Ader-Scan bezahlen können, indem er seinen Finger auf ein Lesegerät legt. Die Aderstruktur gilt als eines der sichersten biometrischen Authentifizierungsverfahren. Die Wahrscheinlichkeit, dass zwei Personen dasselbe Adermuster haben, ist geringer als bei Fingerabdrücken, die bei Bezahlsystemen wie Apple Pay genutzt werden.

Disclaimer: Das Interview entstand im Rahmen einer Kooperation mit Raiffeisen.

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