Analyse

Ist die Apple Watch ein Flop? - "Kein Mensch weiß das"

Am Anfang war das Wort einer Marktforschungsfirma. Die Apple-Watch-Verkäufe sind um über 90 Prozent eingebrochen, von 200.000 am Einführungstag auf unter 20.000. Nach der ersten Welle von Medienberichten, in denen auch andere Zahlen aus dem Bericht der Marktforschungsfirma Slice Intelligence zitiert wurden (auch die futurezone berichtete), folgten in den vergangenen Tagen nun zahllose Artikel in US-Medien, warum die Apple Watch ein Flop ist und wie groß der Schaden für Apple wirklich ist.

Eine Quelle für alle Berichte

Apple-Experte Horace Dediu, der sich mit faktenorientierten Analysen abseits der Mainstream-Marktforscher einen Namen gemacht hat, kritisiert auf Anfrage der futurezone die veröffentlichten Zahlen und die Erhebungsmethode von Slice Intelligence. "Es gibt schlichtweg keine verlässlichen Informationen über die Apple-Watch-Verkäufe. Kein Mensch hat Einblicke, da Apple keine Daten herausgegeben hat. Dass sich jetzt eine unbekannte Firma mit einer nicht erprobten Marktforschungsmethode einen Namen macht, sollte zumindest einige Warnsignale aufleuchten lassen", sagt Dediu.

Die recht genauen Schätzungen von Slice basieren der Firma zufolge auf E-Mail-Samples von aufgegeben Online-Bestellungen am US-Markt. Diese sind laut Slice stark rückläufig, das auf Basis der Daten die Verkaufszahlen hochgerechnet hat. Neuesten Informationen zufolge soll Apple die Uhr am US-Markt bislang über drei Millionen Mal verkauft haben, davon allein eine Million als Vorbestellungen noch vor dem offiziellen Launch.

Schwindlige Methode

Laut Dediu sei die dahinterliegende Methode des E-Mail-Sampling unklar, zumal kein anderes Marktforschungsinstitut diese Vorgangsweise bisher berücksichtigt habe. Auch sei verwunderlich, warum genau diese Methode, also E-Mail-Benachrichtigungen für Online-Bestellungen, nur bei der neuen Apple-Kategorie verwendet werde und nicht für die genaue Analyse und Vorhersage anderen Produktkategorien eingesetzt werde.

Eine Berechnung allein auf Basis von US-Online-Verkäufen sei irreführend, zumal der Konzern die Uhr nun auch in anderen Ländern anbiete und mittlerweile begonnen habe, die Smartwatch in den Apple Stores direkt zu verkaufen. "Dass US-Online-Verkäufe sinken, ist eine uninteressante Information, wenn Käufer, die zunächst nur über den US Store bestellen konnten, nun auf ihren eigenen Online-Store ausweichen oder die Watch lieber vor Ort im Geschäft kaufen", sagt Dediu.

Spannung vor Quartalszahlen

Ungeachtet der Frage, ob die erste Apple Watch sich nun besser oder schlechter verkauft, als es der Konzern selber erwartet hat, könne man das Thema Smartwatches und Wearables nur im größeren Kontext sinnvoll diskutieren, ist Dediu überzeugt. "Wir erleben gerade einen Wandel im mobilen Computing und einen Wendepunkt in der Interaktion zwischen Menschen und Computern, der mindestens so signifikant ist wie der ursprüngliche iPhone-Launch", will der Apple-Experte die neue Kategorie nicht sofort wieder zu Grabe tragen.

Mit Spannung wird folglich auch die Präsentation der jüngsten Quartalszahlen kommenden Dienstag erwartet. Zwar wird Apple wohl weiterhin keine Zahlen zu den verkauften Apple Watches bekanntgeben, zwischen den Zeilen und aus den Antworten an Journalisten und Analysten unmittelbar danach könnte sich allerdings herauslesen lassen, wie die Stimmung bei den Apple-Verantwortlichen hinsichtlich der Uhrenverkäufe tatsächlich ist.

Bis dahin darf natürlich weiterhin kräftig diskutiert werden. Deshalb der Aufruf an die futurezone-Leserschaft: Ist die Apple Watch ein Flop oder nicht? Was denkt ihr über die Kategorie der Smartwatches und Wearables. Postet Eure Meinung im Forum!

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Martin Jan Stepanek

martinjan

Technologieverliebt. Wissenschaftsverliebt. Alte-Musik-Sänger im Vienna Vocal Consort. Mag gute Serien. Und Wien.

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