APA6517432-2 - 18012012 - SALZBURG - ÖSTERREICH: THEMENBILD - Illustration zum Thema "Sparen, Anlage und Zahlungsverkehr". Im Bild: Eine Kundin steht mit Sparbuch und Geldscheinen am Schalter eines Geldinstituts am Freitag, 13. November 2009, in Salzburg (gestellte Szene). APA-FOTO: BARBARA GINDL
APA6517432-2 - 18012012 - SALZBURG - ÖSTERREICH: THEMENBILD - Illustration zum Thema "Sparen, Anlage und Zahlungsverkehr". Im Bild: Eine Kundin steht mit Sparbuch und Geldscheinen am Schalter eines Geldinstituts am Freitag, 13. November 2009, in Salzburg (gestellte Szene). APA-FOTO: BARBARA GINDL
© APA/BARBARA GINDL

Mobey Forum

„Mein Sohn war noch nie in einer Bankfiliale“

Wie Banken sich verändern müssen, um im digitalen Zeitalter nicht unter die Räder von Fintech-Start-ups und Konzernen wie Apple, Google oder PayPal zu kommen, diskutierten Branchenexperten auf dem von Erste Bank und BeeOne mitveranstalteten Mobey Forum in Wien. "Die kommenden fünf Jahre vorherzusagen, ist praktisch unmöglich. In Wahrheit ist es schockierend, wenn man nachrechnet, wie kurz es Facebook oder das iPhone und iPad erst gibt", sagt Nektarios Liolios vom Start-up-Accelerator Startbootcamp FinTech.

"Nicht Rad neu erfinden"

Egal ob Banken Start-ups aufkaufen oder eigene Abteilungen für innovative Entwicklungen ins Leben rufen - die größte Herausforderung ist Liolios zufolge, dass die internen Strukturen, vielmehr noch die Unternehmenskultur verändert werden. "Zu sehen, wie viele tolle Ideen an den internen Strukturen und Prozessen scheitern, ist frustrierend", sagt Liolios, der den Banken auch zu mehr Kollaborationen rät. "Jeder versucht derzeit, das Rad neu zu erfinden. Warum nicht Technologien teilen und sich auf das konzentrieren, was die jeweiligen Banken am besten können", so Liolios.

Dass die Banken dringenden Handlungsbedarf haben, bezweifelt auf dem Mobey Forum niemand. "Die Rolle der Banken hat sich dramatisch verändert. Mein Sohn etwa hat noch nie in seinem Leben eine Bankfiliale aufgesucht. Studien zeigen, dass die ganzen Youngsters selbst das klassische Netbanking überspringen und direkt alles über ihre mobilen Geräte und Apps machen", sagt Gertjan Rosken, Stratege der niederländischen RaboBank.

Umsatzeinbruch vorhergesagt

Der Wettbewerb komme von allen Seiten, Berechnungen des Marktforschungsinstituts Accenture zufolge könnten den Banken in den kommenden Jahren 30 Prozent des derzeitigen Geschäftes wegbrechen. Auf der einen Seite würden die Start-ups in den Markt drängen, die von ihrem Business-Ansatz manchmal etwas naiv seien, andererseits aber Finanz-Prozesse für Kunden wesentlich einfacher und intuitiver gestalten. Auf der anderen Seite würden Banken und ihre digitalen Services an den bestehenden Fixgrößen im Netz - Google, Apple und Facebook - gemessen.

"Banken müssen sich im Klaren sein, dass sie im digitalen Zeitalter nicht mehr und nicht weniger als eine Marke sind, auch wenn das Vertrauen immer noch vergleichsweise hoch ist", ist Rosken überzeugt. Dass Apple mit Apple Pay beim mobilen Bezahlen die Karten neu mischt und vermutlich auch NFC zum Durchbruch im Massenmarkt verhilft, sieht Rosken positiv. "Das Einrichten dauert zwei Minuten. Es ist eine gute Sache und wird Mobile Payment ankurbeln. Schon jetzt zeigt sich in den USA, dass im Zuge von Apple Pay auch Google Wallet populärer geworden ist", sagt Rosken.

Personen als Dinosaurier

Für Maria José Jordá, Innovationsleiterin bei der spanischen Bankengruppe BBVA müsse man sich auch bei leitenden Personen genau ansehen, ob sie überhaupt willig seien, den Weg in das neue Zeitalter zu gehen. "Die Dinosaurier sind mittlerweile weniger Institute als ganzes, sondern einzelne Personen. Nur weil jemand vor 10 Jahren eine leitende Position bekommen hat, bedeutet das nicht, dass diese Person das hier und heute auch drauf hat bzw. versteht, was auf die Banken zukommt", ist Jordá überzeugt.

Um mit agilen Start-ups und den sich schnell ändernden Voraussetzungen mithalten zu können, müssten Banken viel stärker auf die Zusammenarbeit der Mitarbeiter und das kollektive Wissen im Unternehmen, aber auch in der gesamten Branche setzen. Abteilungs-Silos mit strengen Hierarchien seien überholt, wenn man flexibel sein und innovative Services auf den Markt bringen wolle. "Die im digitalen Umfeld operierenden Konkurrenten sind nicht reguliert, allein deshalb sollte die Branche als ganzes besser zusammenarbeiten", so Jordá.

Mobey Forum seit 2000

Das Mobey Forum, das vier Mal im Jahr an wechselnden Standorten stattfindet, und dieses Jahr von der Erste Bank nach Wien geholt wurde, will diesbezüglich einen Beitrag leisten. Es wurde 2000 von Banken und Mobiltelefonherstellern ins Leben gerufen, um das Thema mobile Finanzservices voranzutreiben. Die Geschichte des Forums ist irgendwo auch symptomatisch für die Branche. Die Gründungsmitglieder Ericsson, Motorola und Nokia existieren in ihrer damaligen Form nicht mehr bzw. wurden deren Mobilfunksparten verkauft.

"Mobil ist mittlerweile längst Mainstream geworden und umfasst natürlich nicht nur Handys, sondern auch Tablets, Notebooks, aber auch neue Formen wie Smartwatches und andere Wearables. So geht es heute auch beim Mobey Forum weniger um die mobilen Geräte, sondern mehr um vernetzte Services und Anwendungen, die Kunden im Alltag helfen", sagt Sirpa Nordlund, Executive Director des Mobey Forum zur futurezone. "Apple kann nicht die Lösung für alle Probleme sein, es liegt auch an der Finanzbranche selber, hier wichtige Inputs zu geben und tolle Services zu entwickeln", so Nordlund.

Biometrische Authentifizierung

Neben den Konferenzen werden in Arbeitsgruppen, die über das ganze Jahr hindurch bestehen, auch Zukunftsthemen wie Authentifizierungsmethoden mittels Biometrie bzw. cloudbasierte, virtuelle Bankkarten aufgearbeitet. "Banken müssen definitiv aufpassen, dass sie nicht zu einer reinen Pipeline für die Googles und Apples dieser Welt werden, indem die Infrastruktur zwar noch genutzt wird, Service und Kontakt zum Kunden aber bei diesen Anbietern außerhalb der Bank stattfindet", sagt auch Jordi Guaus, Vorsitzender des Mobey Forum, im futurezone-Interview.

Auch heute noch würden Konsumenten einer Bank mehr vertrauen als einer App. Wenn allerdings das Service im Vergleich zu neuen digitalen Angeboten nicht mehr stimme, werde das für Banken über kurz oder lang auch zum Problem. "Viele Millenials, also die zwischen 1980 bis 2000 Geborenen, sagen heute schon, dass sie eigentlich keine Bank benötigen. Da man Geld aber immer irgendwohin tun muss und sich Banken damit auskennen, werden sie auch in Zukunft ihre Berechtigung haben. Die Branche darf nur nicht den Fehler machen, in festgefahrenen traditionellen Bahnen zu denken", so Guaus.

Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation mit Erste Bank und Sparkassen.

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