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Neues Motocross Madness kommt aus Graz

Fast hätte es das neue Spiel aus Graz in die ganz großen Schlagzeilen geschafft, in der letzten Sekunde hat es dann doch nicht geklappt. Die Ankündigung von Motocross Madness im Zuge von Microsofts E3 Pressekonferenz wurde kurzfristig gestrichen. Sehr zum Leidwesen des Grazers Michael Putz, der die gesamte Messe vor Ort war. Am Stand von Microsoft präsentierte der Mitgründer von Bongfish und Creative Director sein neuestes Werk, eine Neuauflage des Motorrad-Hits aus den 1990er Jahren.

Geht man nach den Reaktionen der Besucher, scheint der Erfolg garantiert. Das Interesse war auf der Messe groß, viele wollten Probespielen. Meldungen wie „Das war damals mein Lieblingsspiel" waren oft zu hören. Putz, der Messen und Meetings sonst eher meidet, erklärte mit viel Leidenschaft Interessierten, wie das Spiel funktioniert und was daran besonders ist. Hilfreich war dabei sicherlich, dass er selbst Fan des Originals ist. „Es hat mich im Studium sicherlich ein Semester gekostet, so viel hab ich es gespielt", sagt Putz zur futurezone.

Österreicher unter sich
Als von Microsoft vor rund eineinhalb Jahren die Anfrage kam, ob Bongfish den neuen Titel umsetzen will, wurde nicht lang gezögert. Seitdem arbeitet das 25-köpfige Team von Graz aus an dem kostenpflichtigen Download-Arcade Titel, der in den nächsten Monaten auf den Markt kommen wird. Dass man beim Game mit dem österreichischen Motorrad-Hersteller, KTM, kooperiert, lag auf der Hand. „Sie waren ja bereits im Original dabei, die Überzeugungsarbeit fiel nicht schwer", sagt Putz. Die Firma hat dem Studio einen Lastwagen voller Maschinen sowie Testfahrer zur Verfügung gestellt. Auf der Magna-Teststrecke wurden die Sound-Aufnahmen abgewickelt. „Die Zusammenarbeit war unkompliziert. Sie haben viel Know-How beigesteuert", sagt Putz.

Viele Studenten im Team
Der Großteil des Spiels wurde im Grazer Studio erledigt, nur wenige Aufgaben wurden an Partner auf den Philippinen ausgelagert – was laut Putz jedoch weniger mit dem Preis, als mit deren guter Arbeit und Zuverlässigkeit zu tun hat. Im Grazer Team selbst finden sich viele Absolventen von heimischen FHs und Unis. „Wir haben vier Leute von der FH Joanneum, einige von der FH MultimediaArt in Salzburg sowie einen Leveldesigner von der Angewandten. Die Programmierer kommen vor allem von der TU Graz", sagt Putz. An letzterer Institution wurde auch der Grundstein für Bongfish gelegt. Michael Putz und Klaus Hufnagl inskribierten 1993 das Telematik-Studium und begannen 1995 nebenbei mit Multimedia-Projekten Geld zu verdienen. Als Diplomarbeit konzipierten sie dann ihr erstes Spiel. Daraus entwickelte sich 1999 ein Gratis-Game für einen Snowboard-Hersteller, das 500.000 Mal geladen wurde. Der Erfolg veranlasste sie 2001 Bongfish zu gründen.

Apple entdeckt Bongfish
Ihre Leistung weckte auch das Interesse von Apple. 2007 wurden sie nach Cupertino eingeladen, um ihr Snowboard-Game Stoked Rider für Mac zu portieren. Apple half auch bei den Connections zu Microsoft. Was sich gut traf, da für Putz die USA immer Zielmarkt Nummer Eins waren. „Ich wollte nie mit deutschen Publishern arbeiten. Einerseits weil ich keine Strategiespiele mag, andererseits weil sie viel kaputt gemacht haben", sagt Putz. Mehr als ein Jahrzehnt später ist die Firma gewachsen und engagiert erfahrene Game Designer aus dem Ausland. Aktuell arbeitet unter anderen ein Game Designer aus Kanada mit, der vorher bei Ubisoft und EA war.

Harte Arbeit und langer Weg
Dass sie mit Motocross Madness beauftragt wurden, ist kein Zufall, sondern jahrelange, harte Arbeit. Kein anderer Entwickler in Österreich hat eine so enge Beziehung zu Microsoft und Xbox aufgebaut wie Bongfish. Schon das erste Spiel, das Snowboard-Game StokEd, war bei Kritikern ein Erfolg und sorgte für gute Rezensionen. Der große Durchbruch scheiterte alleine am Publisher, der knapp nach der Veröffentlichung in Konkurs ging und Bongfish fast mit sich riss. Laut Putz war Microsoft aber von der Leistung so beeindruckt, dass sie dem Grazer Studio zu einer zweiten Chance verhalfen. Für den Gewinner eines Design-Wettbewerbs, bei dem Gamer Spielideen einreichen und von einer Community bewerten lassen konnte, suchte Microsoft ein Studio. Die Wahl fiel auf Bongfish. Aus dem Projekt entstand der Gratis-Download Titel Harms Way: ein Racing-Shooter-Hybrid, der drei Millionen Mal geladen wurde und immer noch in den Top 15 rangiert.

Kaum Chancen am mobilen Markt
Ohne das Projekt, dessen Erfolg und die daraus resultierenden Aufträge würde es Bongfish nicht mehr geben, glaubt der Firmengründer. Hilfreich war sicherlich auch, dass das Förderprogramm Impuls jenen Prototypen mitfinanziert hat, auf dem Motorcross Madness nun basiert. Die enge Zusammenarbeit mit Microsoft – laut Putz der einzige Publisher, der noch ernsthaft Geld investiert – hat jedenfalls geholfen, die erste Umbruchsphase in der Branche zu überstehen. „Da wir mit den Xbox-Projekten ausgelastet waren, haben wir die Schließungswelle und den mobilen Hype durchtaucht", sagt Putz, der darüber nicht unglücklich ist. Laut dem Designer hatten nur wenige wirklich Erfolg am Handy, viele haben sich verschätzt. Entsprechend nüchtern steht er dem Sektor gegenüber. „Wer jetzt ein iOS-Spiel ohne einen fundierten Plan auf den Markt bringt, geht unter. Und bei Android kann man einfach kein Geld verdienen", so Putz.

Neue Geschäftsfelder und die Rückkehr des PCs
Der Firmenchef ist sich aber bewusst, dass der Microsoft-Fokus langfristig zu Problemen führen kann. „Wir setzen derzeit alles auf ein Pferd, das ist immer ein Risiko. Aber es funktioniert und wir sind zufrieden." Natürlich werden andere Märkte analysiert, festlegen will er sich nicht. Bongfish werde weiterhin mit Microsoft kooperieren, parallel könnte er sich auch Produkte für den PC vorstellen. Der Gründer unterstreicht, dass er dabei keine Browser- und Social Games meint, sondern richtige Computer-Games. Steam als Vertriebsplattform sei laut Putz sehr spannend, auch von Streaming-Diensten wie Gaikai oder OnLive ist er begeistert.

Zweiter Bildschirm attraktiv
Auch der Trend zur Einbeziehung von Tablets und Smartphones als zweiten Bildschirm stößt bei Putz auf Interesse. Bei Harms Way konnten sie bereits Erfahrungen zu asymmetrischem Gameplay sammeln, weshalb er etwa Smartglass von Microsoft durchaus etwas abgewinnen kann. „Es gibt spannende Möglichkeiten, etwa um zwei Genres neu zu kombinieren. Es wird sicher schwierig, aber nicht unmöglich." Über die neue Konsolen-Generation will er hingegen nicht sprechen, nur soviel gibt er Preis: Wenn Bongfish wieder zum Start der neuen Konsole dabei wären, ist dies das beste, was passieren kann. „Bei StokEd waren wir damals das erste Studio aus Europa mit einem Game. Davon haben wir profitiert. Man hat ja auch bei iOS gesehen, wie erfolgreich jene geworden sind, die von Anfang an dabei waren."

Eigenständig werden
Unabhängig von der Plattform ist das langfristige Ziel von Bongfish jedoch, eine eigene Marke aufzubauen, die einen konstanten Einkommensstrom und Unabhängigkeit von Publishern ermöglicht. Das zweite Spiel, das heuer noch auf den Markt kommen wird, zählt da noch nicht dazu. Worum es sich dabei handelt, will Putz nicht verraten. Es habe aber sehr großes Hitpotenzial, da es zusammen mit einer weltweit extrem bekannten Firma entsteht.

Am Donnerstag, den 21.6.2012, sprechen Thomas Richter-Trummer und Oliver Reischl  im Zuge der Vortragsreihe Subotron Pro Games über die Entstehung von Bongfish. Der Technical Director und Art Director thematisieren auch das kommende Spiel Motocross Madness und Trends in der Branche. Der Vortrag, der von der WKW gefördert wird, startet um 19 Uhr im Wiener Museumsquartier, im Raum D der Electric Avenue. Der Eintritt ist gratis.

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Benjamin Sterbenz

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