Jan Trionow
Jan Trionow
© Drei

Interview

"Nicht wichtig, ob wir Handys oder VR-Brillen verkaufen"

Der Mobilfunksektor steht derzeit vor großen Veränderungen. Der Smartphone-Markt ist gesättigt, die EU-Kommission verändert die Regeln für Unternehmen und der nächste Netz-Standard, inklusive großer Investitionen, soll bald Realität werden. Der österreichische Mobilfunker Drei ist trotzdem optimistisch, wie CEO Jan Trionow im Gespräch mit der futurezone betont.

Drei hat beim futurezone-Award die Patronanz für den “Smart Invention”-Preis übernommen. Welche Verbindung gibt es zum Thema?
Die besten Lösungsideen sind wichtig für uns. Drei hat im Mobilfunk stets stark auf Innovation gesetzt und ist deshalb einer von drei übriggebliebenen Betreibern - gestartet waren ja fünf. In der digitalen Welt bleibt das Thema wichtig.

Wie steht es um Innovation in Österreich?
Ich sehe eine Reihe von innovativen Ideen und Ansätzen, auch im Alltag. Wir haben auch gute Start-ups. An Ideen mangelt es also nicht, der Forschungsstandort ist gut, aber es fehlt noch an der Umsetzung in Firmen.

Die TU hat den Award in Ihrer Kategorie gewonnen. Was zeichnet den Beitrag aus?
Die TU hat den Sieg mit ihrer tragbaren Virtual Reality Lösung verdient. Wir setzen ja auch stark auch Virtual Reality (VR). Seit dem Mobile World Congress in Barcelona hat das Thema abgehoben, die Technik ist jetzt soweit, von den Displays bis zu den Chips kommt alles zusammen. Die Anwendungen werden mehr und professioneller. Wir sehen die Technologie in schon in vielen Bereichen und setzen mit unserer eigenen VR-Plattform stark darauf.

Was macht Drei in diesem Bereich?
In unserem Shop im Donauzentrum machen wir VR erlebbar, mit den neusten VR-Anwendungen, von HTC Vive bis Sony. Gute Geräte nehmen wir in unser Portfolio auf. Wir haben vor kurzem auch einen HoloLens-Hackathon gemacht, für die Entwickler zum Ausprobieren. Es ist uns wichtig, die Entwicklung voranzutreiben.

Welche Technik wird sich durchsetzen? Mobiles VR oder die High-End-Variante mit PC und Brille?
Es wird stationäre und mobile Lösungen geben. Für uns ist das nicht so wichtig, wir sind ja nicht nur Mobilbetreiber sondern bieten auch Breitband für zuhause. Am Ende denke ich aber, dass der mobile Usecase mehr Bedeutung haben wird.

Was könnte die Killer-App werden?
Ich denke, Spiele werden wichtig, genau wie Anwendungen für das professionelle Umfeld. Denken Sie etwa an Berufe, in denen Informationen für Experten eingeblendet werden können oder die Produktpräsentation. Damit kann man DInge erlebbar machen und Produkte individualisieren.

Auch die Pornografie wird immer wieder als Technologietreiber erwähnt.
Wir werden selber keine Pornografie-Angebote starten. Aber wenn die Pornobranche eine Triebfeder sein kann - das Geld ist ja da - dann soll uns das recht sein.

Sind die hohen Anschaffungskosten, vor allem im High-End-Bereich, ein Problem?
Ich denke, die wesentlichen Dinge funktionieren schon. Mit der Masse wird auch der Preis sinken.

Der Mobiltelefon-Markt gilt mittlerweile als gesättigt. Was kommt nach dem Smartphone?
Ich kann nicht hellsehen, aber es zeichnen sich einige Trends ab. Die digitale Interaktion wird zunehmend allgegenwärtig, nicht nur mit dem Handy sondern direkt mit dem Internet der Dinge. Die Interfaces werden besser, mit Sprachsteuerung, VR und künstlicher Intelligenz. Das erlaubt neue Interaktionen mit Technik und Internet. Ich glaube, die Usecases gehen weg vom Smartphone. Statt dem Internet der Personen bekommen wir ein Internet der Dinge, mit dem die digitale Welt überall verfügbar ist. Dazu müssen aber die Kosten niedriger werden. Diese Vision eines allgegenwärtigen Zugangs zur digitalen Welt, wie sie vor 50 Jahren schon die ersten Star Trek Filme aufgezeigt haben, wird jetzt langsam Realität.

Wie lange wird es noch Smartphones geben?
Da wage ich keine Prognose. Ob wir VR-Brillen oder Smartphones verkaufen, ist für uns auch nicht so wichtig. Wir müssen das nicht entscheiden sondern können die Situation beobachten.

Die Abschaffung des Roamings in Europa sorgt unter den Betreibern für Unmut. Wie sehen Sie die Pläne der EU-Kommission?
Die Abschaffung des Roamings soll ja Teil des europäischen Binnenmarktes sein. Mit der Regulierung von Einzelhandelspreisen fängt man aber an der falschen Stelle an. Für die Betreiber ist das schwierig. Man müsste das Problem von einer anderen Seite anpacken und etwa gemeinsame Konditionen für die Frequenzvergaben finden. In Österreich verkaufen wir teilweise Leistungen unter dem Preis zu dem wir die Roamingvorleistung im Ausland einkaufen. Man wird sehen, was im Wettbewerb passiert, aber diese Kosten könnten am Ende auf die Kunden umgelegt werden.

Wird das Roaming nächstes Jahr wie geplant abgeschafft?
Ich gehe davon aus, dass Roaming im kommenden Sommer abgeschafft wird.

Die EU-Kommission will noch Vorschläge präsentieren, um Missbrauch zu verhindern und überlegt etwa, Mobilfunkverträge an den Wohnsitz zu binden und das durch die nationalen Regulatoren stichprobenhaft prüfen zu lassen. Was halten Sie davon?
Bei permanentem Roaming werden derzeit die Möglichkeiten diskutiert. Die Wohnsitzbindung wäre nicht schlecht, das erlaubt Flexibilität.

Viele Kritiker werfen den Mobilfunkern vor, viel zu jammern. Es heißt, die Branche verdiene seit Jahren gut und könne auch in Zukunft auf enorme Nachfrage bauen. Sind Mobilfunker wehleidig?
Das nicht schlecht verdient wird, muss man in Österreich relativieren. Wir mussten hier enorme Summen investieren. Die Zukunft ist natürlich interessanter, aber hier müssen wir sehen, unter welchen Bedingungen wir investieren können. Wir wollen schauen, was noch gestaltet werden muss. Wenn die Branche durch unausgegorene Regulierung und Auktionen gemolken wird, ist das jedenfalls schlecht.

Werden die Betreiber für die nächste Netzgeneration gemeinsame Infrastruktur errichten?
Ohne intensivere Kooperation wird es 5G nicht geben. Wir wissen noch nicht genau, wie das Netz aussehen wird, aber es wird neue Antennen brauchen. Schon aus praktischen Gründen würden wir etwa Kleinzellennetze in Städten lieber in Kooperation mit anderen Betreibern aufbauen. Mobilfunkern, Kommunen und Energieversorgern müssen hier an einem Strang ziehen.

Wenn alle dasselbe Netz verwenden, wie grenzen sich die Provider dann voneinander ab?
Es gibt andere Abgrenzungsmöglichkeiten, in Form von Innovationen, Dienstleistungen und Produkten. Da müssen wir eine neue Balance finden. Vor zehn Jahren haben sich noch fünf Netze gerechnet, jetzt sind es nur noch drei. 5G wird wieder etwas ganz anderes. Das Netz wird als Faktor aber nicht komplett verschwinden, aber es wird andere Differenzierungsmöglichkeiten brauchen.

Wie wollen die Mobilfunker verhindern, dass sie bloße Infrastrukturanbieter werden?
Ich bin nicht pessimistisch, denn das digitale Spielfeld ist riesig. Das Internet der Dinge gibt uns Raum zur Entfaltung. Wir sind mittlerweile groß in Österreich, sind lokaler als andere aufgestellt und haben zudem Bezug zu Innovationen. So wollen wir relevant bleiben. Dazu brauchen wir aber faire Bedingungen, vor allem gleiche Regulierung für alle Anbieter, auch die großen Tech-Unternehmen aus den USA. Derzeit gibt es zu viel sektorspezifische Telekom-Regulierung.

Dieses Interview ist anlässlich des futurezone-Awards im Rahmen einer Kooperation zwischen Drei und futurezone entstanden.

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