© Cox-Orange.at/Roland Unger

Fachkräftemangel

Österreich gehen die Techniker aus

Drei Viertel der heimischen Unternehmen haben, wie eine Umfrage der Industriellenvereinigung aufzeigt, Probleme, die passenden Fachkräfte für Produktion und Technik zu finden. Zwei Drittel der befragten Firmen gab an, auch im Bereich Forschung und Entwicklung Schwierigkeiten zu haben, die geeigneten Mitarbeiter zu rekrutieren. Techniker bzw. Technikerinnen sind nicht nur „Mangelware“ in Österreich, sondern die Situation scheint noch schlimmer zu werden; eine Microsoft-Studie geht davon aus, dass bis ins Jahr 2013 mehr als 10.000 neue Jobs in der IT-Branche entstehen. Aber mit wem man diese Positionen besetzen wird, stellt Unternehmer vor eine Herausforderung. Denn Österreich ist im EU-Vergleich in der Reihung der innovationsfähigsten Länder von Platz sechs auf den siebenten Platz zurück gefallen. Tendenz weiter fallend, wenn nicht dagegen gesteuert wird, waren sich die Diskutanten bei der Informationsveranstaltung YO!tech einig.

Gute IT-Jobs
„Wir haben derzeit insgesamt 60 technische Posten ausgeschrieben“, sagt Friederikos Kariotis, Personalchef von Frequentis, einem der heimischen Vorzeige-IT-Unternehmen. „Es dauert mitunter bis zu sechs Monate, um einen Mitarbeiter zu finden.“ Es gebe zu viele Stellen für zu wenige Fachkräfte. Kariotis: „Zudem müssen wir mit Großkonzernen konkurrieren.“ Dass Handlungsbedarf besteht, war auch der Bereichsleiterin Informationstechnologien im Unterrichtsministerium, Heidrun Strohmeyer, klar: „Wir brauchen ein aktives Ausbildungsangebot und wir brauchen kompetente Lehrer.“ Der Einsatz von IT im Unterricht müsse genauso selbstverständlich werden wir das Vermitteln von Technologie und Naturwissenschaft. Es gebe im heimischen Schulsystem mehr als 30 verschiedene technische Ausbildungszweige. „Es hapert ein bisschen am Schulsystem“, kritisierte der Vizepräsident der Wiener Wirtschaftskammer, Pauls Stuller. „Technik kommt zu kurz. Man muss den Schülern durch Praxis und spannende Experimente Lust auf Technik machen.“ Dann würden mehr technische Berufe wählen, denn Jobs gibt’s zur Genüge. Sowohl für Männer, als auch für Frauen.

Abbau der Rollenbilder
Stuller ist so wie Strohmeyer für den Abbau der klassischen Rollenbilder. „Frauen sind in der Technik genauso gefragt wie Männer und nicht weniger talentiert.“ Beispiele aus Österreich gebe es genug. IBM werde von einer Frau - Tatjana Oppitz - geleitet, Microsoft habe mit

eine Frau an der Spitze und der TU Wien stehe mit
ebenfalls eine Frau vor. Vorbilder gebe es genug. Doch der Schule allein die Schuld zu geben, sei zu leicht. „Die Jugendlichen bekommen das technische Verständnis, die Neugier von den Eltern auch nicht mehr mit“, kritisiert Stuller. „Zum Glück gibt es Selbstbaumöbel-Hersteller, damit manche den Umgang mit dem Schraubenzieher erlernen.“

Die Mechatronikerin
Ein Beispiel, dass auch eine Frau in einem „typischen“ Männerberuf punkten kann, ist Laura Zacharias. Die 17-Jährige macht bei der steirischen Knapp AG seit September 2009 eine Ausbildung zur Mechatronikerin, „für einen Mechatroniker verbindet sich der mechanische, der elektronische und den IT-Bereich“, sagt Zacharias, für die die Entscheidung, einen technischen Beruf zu ergreifen, sehr früh gefallen ist. „Ich habe mit meinem Vater daheim Haushaltsgeräte repariert und in der Schule wurde ich gefördert. Es gab Schnuppertage und die habe ich genutzt.“ Schnuppertage, Schnupperwochen – „da hat man schon eine Fuß in der Tür“, sagt Stuller und Frequentis-Personalchef Kariotis ergänzt: „Zehn Prozent der Praktikanten bleiben bei uns.“ Abgesehen von den (Ferial)Praktika, müsse die Kooperation zwischen Unternehmen und Schulen ausgebaut werden. Zwar gebe es diese hie und da, „aber wichtig ist, dass auch im außerschulischen System die Möglichkeit geboten wird, Forschung zu machen“, so Stuller. In die Nachmittagsbetreuung müsse Technik einfließen.

Geld verdienen
„Technik muss man spürbar machen“, sagt Daniel Ruckser. Er ist Schulsprecher der HTL-Rennweg und weiß, welchen Berufsweg er künftig einschlagen wird: Er will in die Raum- und Luftfahrt gehen. „Technik macht Spaß, Technik ist sinnvoll und man verdient noch dazu gutes Geld.“

YO!tech ist eine seit zehn Jahren jährlich stattfindende Informationsveranstaltung, die SchülerInnen für technische und naturwissenschaftliche Berufe interessieren möchte. Die Aussteller sind einerseits HTLs für die Unterstufe und andererseits Unternehmen, die Lehrlinge ausbilden. Kooperationspartner sind – neben futurezone.at als Medienpartner – etwa Kapsch, Festo, die Industriellenvereinigung, der ORF, die Wiener Stadtwerke oder die Wirtschaftskammer Wien – auf den Infoständen der Unternehmen konnten die SchülerInnen selbst probieren, welches Gespür sie für die Technik und/oder Naturwissenschaft haben. Am 3. November findet YO!tech für die Oberstufe im Haus der Natur in Salzburg statt. Dort präsentieren sich technische Fachhochschule und Universitäten. Organisiert wird YO!tech von der Agentur Cox Orange.

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