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Innovation

Post-Chef: "Ich kann ein Paket nicht beamen"

Sie lassen einen Briefkasten mit strammen Waden durch Österreich marschieren. Kritiker meinen, dass das nicht unbedingt Innovation symbolisiert?
Unser Kerngeschäft ist eben die Zustellung eines physischen Produkts, ob Brief oder Paket, wir sind die Schnittstelle zwischen virtueller und physischer Welt. Überall dort, wo ich etwas geliefert haben möchte – abgesehen von digitalen Produkten wie etwa Musik -, sei es ein Paket, einen Brief, ein Prospekt oder ein Medium, das noch nicht hundertprozentig elektronisch ist, dort finden sie die Post oder den Postler. Ich kann ein Paket nicht beamen. So lange man nicht beamen kann, wird ein Zusteller wohin gehen müssen.

Auch wenn die Post physisch Dinge zustellt, muss sie innovativ sein.
Wir setzen im hohen Maß Technologie ein. Waren Sie schon einmal im Briefverteilerzentrum in Inzersdorf? Gehen Sie einmal um 17 bis 18 Uhr hin, wenn die Post verteilt wird. Wir liefern über 96 Prozent der Briefe am nächsten Tag aus. Das ist eine Dienstleistung, die zur Selbstverständlichkeit geworden ist, weil es funktioniert. Die Post ist in den vergangenen zehn, 15 Jahren, um vieles effizienter geworden. Ein Volumen, das wir heute mit 20.000 Mitarbeitern bewältigen, haben wir früher nur mit 30.000 Mitarbeitern schaffen können. Diese Effizienzsteigerung ist auf Technologie zurückzuführen - Sortier-Technologie, IT, Routenplanung, Routenoptimierung und nicht zu vergessen die Optimierung an den Schaltern. Natürlich sind wir hier noch nicht dort, wo wir hin wollen.

Was fehlt?
Wir arbeiten intensiv an der Verbesserung der Kundenschnittstelle. Wir haben vor allem in den Ballungszentren damit zu kämpfen, dass es auch immer wieder Warteschlangen gibt. Wir haben auch das Problem bei der Zustellung, dass wir tagsüber die Menschen zu Hause nicht antreffen, wenn wir ihnen einen eingeschriebenen Brief oder ein Paket bringen wollen; obwohl über 80 Prozent der Pakete im Erstzustellversuch auch übergeben werden. Verbesserungen haben fast immer etwas mit einem Technologieeinsatz zu tun. Entweder wir werden Kommunikationstechnologie wie SMS-Benachrichtigung nutzen oder wir werden Selbstbedienungsautomaten einsetzen. Im Herbst wollen wir mit den Pilotversuchen starten.

Im Sommer wird die Gesetzesnovelle, wonach Kunden von Mobilfunk-und Web-Firmen weiterhin kostenlos Papierrechnung erhalten dürfen, den Ministerrat passieren. Ein Glück für die Post, die diese Rechnungen zuschickt.
Auch ich bevorzuge die Papierrechnung. Aus zwei Gründen: Erstens, weil ich eine Rechnung noch immer am liebsten physisch ablege. Zweitens, und das ist der wichtigere Grund: Ich habe so die Aufmerksamkeit, wann die Rechnung kommt, ich habe viel mehr Transparenz. Bei meinen Telefonkosten habe ich keine Transparenz mehr, weil ich schon lange keine physische Rechnung mehr erhalte.

Die Telekombetreiber führen als Grund an, dass die Zustellung Ressourcen verschlingt.
Natürlich ist es ein Argument, dass der Druck und die Zustellung Ressourcen verschlingt. Aber wir wissen, dass 60 Prozent der Rechnungen ohnehin ausgedruckt werden. Der Telekombetreiber druckt die Rechnungen wesentlich effizienter aus, als wenn sich jemand die Rechnung daheim am Inkjet-Drucker ausdruckt. Da lachen ja die Hühner. Damit habe ich in Summe eine höheren Ressourcenbedarf als wenn das vollautomatisiert in unserem Druckzentrum in Inzersdorf ausgedruckt und den Kunden zugestellt wird. Damit ist diese ganze grüne Masche, dieses grüne Mäntelchen, das man sich überstülpt, in Wahrheit ein Etikettenschwindel.

Kein Wunder, dass die Post nichts gegen Papierrechnungen hat, immerhin verdient sie am Porto.
Ja. Das ist richtig. Aber es zählt nicht das Argument, dass die Post das Porto verdient, sondern das Argument, dass der Kunde die Transparenz über die Rechnung haben will und man die Papierrechnung effizienter produzieren kann.

Wie geht das Match aus?
Ich hoffe, dass der Gesetzgeber den Kunden aufs Maul schaut und nicht den Telekommunikationsunternehmen. Das Thema wurde im übrigen nicht von uns, sondern von den Konsumentenschützern zur Sprache gebracht.

Papierrechung für alle?
Ja, absolut. Und jene, die sagen, ich will es nicht haben, ich druck es mir lieber selber aus, die sollen die Möglichkeit eines Opt-out haben. Das gehört auch gesetzlich verpflichtet, denn es gibt Kunden, die einen vollelektronischen Workflow haben. Dem eine Rechnung zuzuschicken, ist Unsinn.

Aber es gibt dennoch Menschen, die die Rechnung digital ablegen?
Wir tun freilich auch etwas in Richtung elektronischer Workflow. Wir werden noch im Herbst eine Endkundenlösung bringen, die das unterstützt. Wir sind mit den Telekommunikationsunternehmen diesbezüglich auch im Gespräch, um die elektronische Rechnung hier mit einzubinden.

Wie wird das funktionieren?
Das kann ich noch nicht sagen, aber das wird eine Supersache. Der Post wird man vertrauen können, dass sie eine solide vertrauenswürdige Lösung für elektronische Rechnungen entwickelt.

Sie waren zwei Jahrzehnte als max-mobil- und dann T-Mobile-Manager ein Vertreter der digitalen Welt und sind jetzt in der analogen Welt daheim. Wie lebt es sich als „Diener zweier Herren“?
Natürlich bin ich Techniker und ich liebe Technologie. Ich laufe mit dem Blackberry und dem iPhone herum und habe zwei Computer am Schreibtisch. Aber mein Zugang zum Geschäft war nie über die Technologie, sondern war immer über den Kunden. Die Technologie ist nur ein Mittel  zum Zweck.

Aber es gibt ja - theoretisch - 3-D-Drucker?
Aber mit denen kann ich nicht das ausdrucken, was ich bestelle. Das letzte, was ich als begeisterter Segler im Web bestellt habe, war eine Schwimmweste und ein Klapprad. Das kann ich mir nicht beamen lassen.

Sind Sie überzeugt, dass ein Georg Pölzl die Digitalisierung der Post besser vorantreibt als ein anderer Manager, weil sie digital denken?
So hoch würde ich nicht greifen. Es ist mir ein Anliegen. In den vergangenen zwei Jahren haben wir in der elektronischen Postwelt viel bewegt. Und damit meine ich drei Dinge. Erstens, muss die klassische Post über das Internet gesteuert werden können, wie wir es mit unseren Online-Services tun. Zweitens sprechen wir von der Online-Post, das gibt es bei uns wie etwa meinbrief.at, die elektronische Rechnung – das Übermitteln elektronischer Post ist viel sicherer als ein E-Mail. Das dritte ist, dass wir einen immer besseren Online-Shop wollen, wir wollen ein Marktplatz werden. Ein anderer hätte das vielleicht auch so gemacht, deshalb ist ihre Formulierung etwas überzogen.

Hat es der Brief in der digitalen Zeit nicht ein wenig schwer? Mit der Ansichtskarte in Zeiten von MMS oder E-Mail sieht es auch nicht so viel besser aus? Sie bieten das Produkt der E-Postkarte an. Nutzen Sie es?
Die E-Postkarte war nie wirklich als kommerzielles Breitenprodukt gedacht. Die, die es nutzen, haben Spaß daran. Ich verschicke es mit dem iPhone. Ich verschicke immer E-Postkarten und MMS, aber ich verschicke auch Postkarten – ich genieße das. Gestern habe ich zehn Briefe und Postkarten geschrieben. Das hat einen Charme.

Die Post hat nach wie vor ein analoges Image, wie wollen Sie ein innovativeres Image?
Ich hätte gerne das Image, dass die Post eine moderne und gewünschte Dienstleistung erbringt. Die Kernwerte der Österreichischen Post sind Zuverlässigkeit, Vertraulichkeit und Effizienz. Wir wollen den Menschen das Zustellen in einer hohen Servicequalität, was sie gerne – oder weniger gerne (Strafzettel) kriegen. Innovation heißt, ich verbessere das Leben meiner Kunden.

Sie arbeiten viel mit Universitäten zusammen.
Wir sind ein Vorreiter bei Routenoptimierungssoftware. Wir haben 10.000 Mitarbeiter, die zu Fuß, im Auto, am Moped unterwegs sind. Da setzen wir intensiv Technologie ein. Wir haben in der vergangenen Woche

gelaunched. Da ist ein Teil der Antwort der Technologie. Wir wollen sechs Milliarden Post- und Briefsendungen CO2-neutral zustellen.

Wie soll die Post im Jahr 2015 aussehen?
Die Richtung ist eh klar, wir wollen an der Kundenschnittstelle über Innovation bessere Services anbieten. Wir werden die Selbstbedienungsfähigkeit von Post-Produkten verbessern und erhöhen. Wir werden am Thema Wartenschlagen mit dem Einsatz von Technologie begegnen.

Zum Beispiel?
Durch Abgabe- und Hinterlegungsautomaten. In zwei Jahren werden Sie einen eingeschriebenen Brief bei einem Automaten abgeben können. Man registriert sich im Internet, druckt sich eine Internet-Briefmarke aus, klebt sie auf den Brief, geht zur Abgabestelle, scannt sie ein und bekommt einen Beleg.

Und wie hole ich mir einen eingeschriebenen Brief?
Beispiel: Ich wohne in einem 10-Parteien-Haus. Ich bin nicht zu Hause. Der Postler schreibt keinen gelben Zettel, sondern hinterlegt den Brief in einer Box, die es im Haus oder beim Postamt gibt. Und ich erhalte ein SMS oder in meinem Postkasten finde ich einen Beleg, mit dem ich hingehen kann und diese Postbox  aufmachen kann.

Wo hängt diese Postbox?
Beim Postamt, es kann aber auch bei Ihnen zu Hause hängen. Über den Preis und die Partner denken wir gerade nach. Solche "Postboxen" wollen wir in Ballungszentren in die Häuser bringen.

Post-Generaldirektor Georg Pölzl hat in seiner früheren Funktion als T-Mobile-Manager für T-Mobile Deutschland das erste Google-Phone gelaunched

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