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Springer könnte Scout24-Gruppe übernehmen

Springer könnte Scout24-Gruppe übernehmen

Eine neue Wohnung, das nächste Auto und sogar einen neuen Partner suchen viele zuerst im Netz. Eine der größten Plattformen dafür ist Scout24 - die Anzeigen-Gruppe gehört der Deutschen Telekom. Der Bonner Konzern geht nun selbst auf Partnersuche für Scout24, um frisches Geld für den teuren Netzausbau in die Kassen zu bekommen. Experten zufolge könnten die Bonner mit einem Verkauf 1,5 Milliarden Euro erlösen. Möglichkeiten für den Ausstieg gibt es viele: Scout24 könnte für Finanzinvestoren oder andere Medienkonzerne infrage kommen - auch ein Sprung an die Börse ist möglich. Als einer der aussichtsreichsten Bewerber gilt aber der Axel-Springer -Verlag, der seit Jahren groß in Internetplattformen investiert.

Die Berliner wollen ihre Einnahmen aus dem digitalen Geschäft in die Höhe treiben. Deswegen hat Springer-Chef Mathias Döpfner mehr als nur ein Auge auf die Marktplätze geworfen, die von der Telekom zur Disposition gestellt worden sind. Jüngst signalisierte Döpfner in einem Interview bereits Interesse, sollte Scout24 auf den Markt kommen. "Es ist sehr wahrscheinlich, dass Springer in den Verkaufsprozess der Scout-Gruppe einsteigt", sagte Commerzbank-Analystin Sonia Rabussier.

Größte Übernahme der Springer-GeschichteWann und wie die Telekom die Scout-Gruppe verkauft, zu der neben Immoscout24 und Autoscout24 auch TravelScout24 sowie Friendscout24 gehören, ist noch unklar. Sollte Springer das gesamte Paket kaufen, dürfte es bei weitem die größte Übernahme der Unternehmensgeschichte werden. Frankfurter Analysten rechnen mit einem Kaufpreis zwischen 1,5 und 1,6 Milliarden Euro für die gesamte Scout24-Gruppe. Größter Zukauf der Firmengeschichte war bisher 2011 der Erwerb des französischen Immobilienanzeigen-Anbieters Seloger.com für 630 Millionen Euro. Eine Transaktion würde wohl über das Joint-Venture mit dem US-Finanzinvestor General Atlantic abgewickelt werden, die Amerikaner trügen damit 30 Prozent der Kosten.

Besonders interessant ist nach Einschätzung von Stefan Wimmer vom Bankhaus Metzler für Springer Immoscout24. Springer besitze bisher mit Immonet nur die Nummer zwei in diesem Segment, strebe aber die Marktführerschaft an. Mit der französischen Seloger und der belgischen Immoweb, die bereits Branchenprimus in ihren Ländern sind, wäre Springer dann ganz stark bei den Immobilienportalen. Dies könnte allerdings auch das Kartellamt auf den Plan rufen: Analysten zufolge würde der Marktanteil in Deutschland bei etwa 80 Prozent liegen.

Autoscout wiederum könnte nach Einschätzung mehrerer Fachleute ebenfalls gut ins Springer-Portfolio passen, schließlich hat der "Bild"- und "Welt"-Herausgeber bereits die "Autobild". Bei anderen Portalen wie der Partnervermittlung Friendscout sind sich die Analysten nicht einig. Bisher ist Springer im Bereich der Online-Kontaktbörsen kaum aktiv - im Gegensatz zu anderen Medienkonzernen: Burda ("Focus") betreibt das Portal Elitepartner und übernahm jüngst die Mehrheit am Karriere-Netzwerk Xing. Europas Marktführer unter den Partnerbörsen im Internet ist nach eigenen Angaben das Portal Parship, das zur Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck ("Die Zeit", Rowohlt) gehört.

Börsengang könnte am lukrativsten seinDie Telekom spielt ihre Optionen für den Ausstieg bei Scout24 offiziell seit Dezember durch. Für den Konzern ist das eine Kehrtwende - zuvor waren die Portale stets als Teil des wichtigen Zukunftsgeschäft bezeichnet worden, mit dem die Umsatzrückgänge im Telefongeschäft abgefedert werden sollten. "Man kann sich die Frage stellen, ob der Verkauf die richtige Strategie ist", sagte Warburg-Analyst Jochen Reichert. Die Scout-Seiten hätten gute Marktpositionen. Und wenn die Telekom sich schon unbedingt verabschiedet, sollte das am besten auf einem anderen Weg geschehen. "Ein IPO könnte am lukrativsten sein - die Telekom könnte einen Teil von Scout noch behalten und so an der Wertsteigerung des Geschäfts partizipieren." Auch Private-Equity-Häuser könnten die Fühler nach der Scout-Gruppe mit monatlich rund 13 Millionen Internetnutzern ausstrecken.

Die Telekom sucht derzeit an allen Ecken und Enden nach Geldquellen. Seinen krisengeplagten Aktionären kürzte der rosa Riese bereits die Dividenden für die nächsten beiden Jahre, und beim Großbritannien-Geschäft ist zumindest ein Teilausstieg vorstellbar. Finanzieren wollen die Bonner damit einen milliardenteuren Netzausbau. Allein für vier Milliarden Euro will die Telekom ihr Mobilfunknetz in den USA modernisieren, weitere sechs Milliarden Euro sollen in den Breitband-Ausbau in Deutschland fließen.

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