Robot nurse helps supermarket-goers keep minimum distance amid coronavirus pandemic
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Standards für das Internet der Dinge und Industrie 4.0

Für technische Entwicklungen braucht es Standards. Das gilt auch für das Internet der Dinge und Industrie 4.0. „Standards schaffen Vertrauen und Sicherheit am Markt. Es sind Good-Pratice-Empfehlungen“, sagt Karl Grün, Director Standardization bei Austrian Standards, im Gespräch mit der futurezone. Am 4. November 2020 wird Grün durch den digitalen IoT-Fachkongress von Austrian Standards führen.

Bei Austrian Standards würden etwa 4.500 fachkundige Personen in den Gremien mitwirken, die von rund 2.100 Organisationen entsendet werden. Im Bereich IoT und Industrie 4.0 geht es vor allem um Standards für die Interoperabilität, also darum, ob Maschinen miteinander kommunizieren können, weil sie eine „gemeinsame Sprache“ sprechen und es entsprechende Schnittstellen gibt. Zudem geht es um die Vertrauenswürdigkeit.

Vertrauenswürdigkeit

„Bei der M2M-Kommunikation kommunizieren zwei Maschinen miteinander. Das ist in beide Richtungen möglich und da stellt sich die Frage, welche Daten und welchen Bedingungen weitergegeben werden“, erklärt Grün. Man möchte als Unternehmen schließlich nicht, dass Betriebsgeheimnisse über Fertigungsprozesse mit Firmen geteilt werden, die beispielsweise nur deshalb Fernzugriff bekommen, weil sie die Maschinen warten. „In diesen Bereichen bringen sich die österreichischen Stakeholder gut in die Normungsprozesse ein“, erklärt Grün.

Standardisierung sei nichts Anderes als ein „Co-Creation“-Prozess mit Open Innovation, so Grün, denn auch Stellungnahmen und Meinungen von externen Personen werden nach einem ersten Entwurf berücksichtigt. Mit einem Rahmenwerk für einen Standard für die Vertrauenswürdigkeit von Maschinen habe man bereits begonnen, so Karl Grün.  

Gefahr von Cyberangriffen

Im Bereich Security können Standards herangezogen werden, um Systeme gegen Angriffe von außen abzusichern. „Security ist ein wichtiges Thema. Denn die Industrie-4.0-Anlagen sind alle vernetzt und bieten zahlreiche neue Angriffsszenarien für Hacker. Bei der Plattform Industrie 4.0 gibt es eine eigene Arbeitsgruppe, die sich damit beschäftigt“, erzählt Jens Gayko, Geschäftsführer im Standardisation Council Industrie 4.0 von der Deutschen Kommission.

Den Bereich Informationssicherheit müsse man allerdings als Prozess definieren, da sich ständig neue Bedrohungen entwickeln. „Ende der 1980er hat man noch mit einer Diskette Virensignaturen eingespielt. Jetzt gibt es ein ständiges Katz-und-Maus-Spiel mit Angreifern und Verteidigern. Wie man ein gutes Security-Management aufbaut, dafür kann es Beschreibungen und Standards geben“, so Gayko.

Gefährlich sei es, wenn man vernetzte Anlagen aus den 1980er-Jahren plötzlich mit dem Internet verbindet. „Diese Systeme hatten meist eine Vernetzung innerhalb einer spezifischen Ebene, aber nicht zum gesamten Netzwerk und dem Internet. Bei den Systemen, bei denen man eine Fernwartungsfunktion nachträglich hinzugefügt hat, ist viel schiefgegangen. Siehe Stuxnet“, sagt der Standardisierungsexperte. Stuxnet war ein Computerwurm, der speziell zum Angriff auf ein SCADA-System zur Steuerung und Überwachung von Siemens-Maschinen entwickelt wurde. Diese wurden in Industrieanlagen wie Wasserwerken, bei Pipelines und Klimatechnik eingesetzt. „Dafür braucht man andere Konzepte und Standards“, sagt Gayko.

Cobots als Neuheit

Doch auch das Thema „Safety“ sei relevant für Standardisierungsgremien im Bereich Industrie 4.0. Ein besonders heikles Thema sind hier sogenannte „Cobots“ (Collaborative Robots), also Maschinen, die mit Menschen zusammenarbeiten. „Bisher sah die Sicherheitsphilosophie so aus, dass man Mensch und Maschine trennt. Das geschah mit physischen Metallgittern oder unsichtbare Gittern, die mit Laserstrahlen erzeugt werden. Bei kollaborativen Robotern gibt es Zusammenarbeit, da funktionieren diese Konzepte nicht mehr“, so Gayko.

Spannend werde dieser Bereich vor allem auch deshalb, weil viele der Maschinen mit künstlicher Intelligenz (KI) ausgestattet sein werden. „Das wird eine Herausforderung, wie man hier eine Absicherung gewährleisten kann“, sagt der Experte. Es gebe KI-Logiken, die man gut analysieren könne, und welche, bei denen es nicht so gut funktioniere, so Gayko. „KI-Systeme sind nicht immer die berühmte Blackbox. Aber es gibt auch komplizierte Verfahren, in die man nicht so gut reinschauen kann.“

Cobots würden zudem unter „menschlicher Führung“ lernen, sagt Grün von Austrian Standards. „Arbeitnehmer steuern die Roboter und leiten sie an, wie sie bestimmte Aufgaben erfüllen, in dem sie Menschen nachahmen. Die Maschinen müssen dabei darauf achten, mit welcher Geschwindigkeit sie sich bewegen, damit ein Mensch nicht verletzt wird. Da gibt es schon Standards, die vorschlagen, wie man das Thema lösen kann“, erklärt Grün.

Lösungsmöglichkeiten

Die Roboter werden mit entsprechenden Sensoren ausgestattet, die der Maschine sagen, wo und wann sie sich mit welcher Geschwindigkeit bewegen dürfen, ohne dass es zur Kollision mit Menschen kommen kann. „Die Sensortechnologie ist angewandte IoT“, so Grün. „Man scannt das Umfeld, und stellt fest, in welcher Umgebung man sich bewegen darf.“

Dabei stößt klassischer Maschinenbau zusammen mit dem Einsatz von IT. „Genau dafür braucht es eine gemeinsame Sprache, die der Standardisierung“, erklärt Grün. „Verschiedene Akteure und Ökosysteme werden miteinander vernetzt, um das Optimum für alle dabei rauszuholen.“ In allen Bereichen müsse man mit „offenem Auge an Standards herangehen“, so Grün. „Nur so kann man das Potenzial der Standardisierung in innovativen Bereichen nutzen.“

IoT-Fachkongress

Der 4. IoT-Fachkongress „Mit Standards in die Zukunft“ findet am 4. November 2020 online statt. Nach der Keynote von Hilda Tellioğlu, Studiendekanin für Informatik an der TU Wien, und einem Vortrag von Jens Gayko stehen Live-Best Practices auf dem Programm, unter anderem zu Security by Design, Artificial Intelligence, Industrie 4.0, IoT und IIoT, Predictive Maintenance, Open Innovation, Tracking und vielen weiteren Themen.

Mehr Information und Anmeldung unter: www.austrian-standards.at/iot

Disclaimer: Die futurezone ist Medienpartner des IoT-Fachkongresses.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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