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Interview

Xerox: Mit Forschung gegen die Papierflaute

Technologische Entwicklungen wie der Aufstieg mobiler Endgeräte setzen Drucker-Herstellern zu, da der Weg zunehmend weg vom traditionellen Druck auf Papier hin zum elektronischen Multi-Channel-Dokumenten-Management geht.  Das betrifft auch Xerox, einen Pionier der Druckertechnologie. Xerox-Manager Armando Zagalo de Lima erzählt der futurezone, wie das Unternehmen diese Herausforderungen zu meistern gedenkt und welche neuen Technologien derzeit in den berühmten Forschungsabteilungen von Xerox entwickelt werden.

Ist das klassische Druckgeschäft tot?
Schlagwörter wie "paperless office" schwirren schon eine Weile durch die Gegend, bislang haben sich die Prognosen aber nicht bewahrheitet. Mit Blick auf die Fakten erwarte ich nicht, dass Papier in absehbarer Zeit bedeutungslos wird. Wachstum wird es in dem Bereich aber nicht geben. Offensichtlich haben die technologischen Fortschritte in jüngerer Zeit einige Hürden, die dem papierlosen Alltag im Weg standen, ausgeräumt. Das gilt aber vor allem für Privatanwender. Im Business-Bereich sind viele Abläufe noch immer Papier-basiert.

Wie reagiert Xerox auf das rückläufige Papiergschäft?
Xerox betet nicht jede Nacht, dass die Welt weiterhin Papier nutzt. Das entspricht nicht unserer Philosophie. Der Trend zu weniger Papier ist einer der Gründe dafür, dass Xerox vor drei Jahren begonnen hat, sich zu diversifizieren. Damals haben wir ACS (Affiliated Computer Services) gekauft, eine Firma die sich auf Business-Prozess- und IT-Outsourcing spezialisiert hat. Es handelt sich um eine umsatzstarke, gut gemanagte Firma. Die Übernahme bietet die Möglichkeit ein breiteres Service-Angebot zu schaffen. Das erlaubt uns, besser auf zukünftige Herausforderungen reagieren zu können.

Alle ihre Mitbewerber im Drucker-Segment haben ähnliche Pläne und bieten IT- und Business-Services an. Ist der Markt nicht zu eng?
IT-Services sind ein hart umkämpfter Geschäftsbereich, keine Frage. Es ist aber auch ein riesiger Markt, global ungefähr 300 Milliarden Dollar schwer. Es gibt also Platz für mehrere Anbieter. Bei den Business-Services verhält es sich ähnlich. Hier beträgt das Marktvolumen ungefähr 200 Milliarden Dollar. Die Zahl der Konkurrenten ist zudem geringer, auch wenn die Firmen, die vertreten sind, außergewöhnlich stark sind. Wir wollen aber nicht weg gehen vom Drucker-Geschäft. Wir werden hier weiterhin investieren. Wenn der Markt in zehn Jahren um die Hälfte kleiner ist, werden wir uns den Gegebenheiten anpassen, aber wir fangen nicht jetzt damit an, unsere Investitionen zurückfahren.

Kommt Xerox in den neuen Geschäftsfeldern nicht zu spät zur Party?
Es gibt viele Beispiele für Menschen, die zu spät zur Party kommen und trotzdem das Zentrum der Aufmerksamkeit sind. Oft kann eine Firma, die spät in ein Geschäftsfeld kommt, in dem es einen klaren Marktführer gibt, es schaffen, diesen zu verdrängen. Wir vertrauen auf unsere Fähigkeit, revolutionäre Angebote zu entwickeln und ganz vorne mitzuspielen.

Das Xerox Palo Alto Research Center (PARC) hat eine ruhmreiche Vergangenheit. Muss Xerox noch mehr Geld in Forschung investieren, um heute mit Firmen wie Goolge oder Samsung schritthalten zu können?
Das Budget für Forschung und Entwicklung ist immer abhängig von der Größe des Unternehmens. Das ist eine Art Naturgesetz. Samsung etwa operiert in vielen verschiedenen Bereichen, viel breiter als Xerox. Ich glaube wir investieren ein ziemliches Sümmchen, vor allem wenn man die Größe des Unternehmens berücksichtigt und die Geschäftsfelder in denen wir uns bewegen. Ich glaube nicht, dass wir mehr ausgeben müssen, als wir jetzt tun. Wir haben sehr produktive Forschungszentren, aus deren Arbeit auch tatsächlich Innovationen für Produkte entstehen.

Aber auch Xerox forscht breit. Vom Gesundheits- über das Verkehrswesen bis zu Druckern. Andere sind nicht wesentlich breiter aufgestellt.
Wir sind natürlich auch in neuen Bereichen involviert, da wir dauernd versuchen, zukünftige interessante Geschäftsfelder zu identifizieren. Es gibt also Diversifizierung, das ist aber nicht einfach mit anderen Firmen zu vergleichen. In der Vergangenheit haben andere leider oft mehr von unseren Erfindungen profitiert als wir. Xerox war damals enorm erfolgreich mit Kopierern und hat es verpasst, sich zu verbreitern. Die Gesellschaft hat auf jeden Fall von den Entwicklungen profitiert und das freut uns. Ethernet, das grafische User Interface, die Maus, das Konzept des Personal Computers, das alles hatte seinen Ursprung im PARC.

Auf welche Bereiche konzentriert das Unternehmen seine Forschungsbemühungen heute?
Wir habe sehr viele Forschungsprojekte. In seiner Geschichte hat Xerox rund 60.000 Patente angemeldet, von denen viele noch aktiv sind. Wir investieren zusammen mit unserer Partnerfirma Fuji Xerox 1,5 Mrd. Dollar pro Jahr in Forschung und Entwicklung. Wir arbeiten derzeit beispielsweise am Drucken elektronischer Schaltkreise auf flexiblen Medien. Auf starren Materialien wird das schon gemacht, wir wollen es auf verschiedensten biegsamen Stoffen schaffen. Für Roboter könnte dereinst eine flexible Haut mit Sensoren bedruckt werden, die eine Art Tastsinn konstituieren.

Wie weit ist die Technologie schon fortgeschritten?
Wir haben schon einige Patente angemeldet. Es gibt auch schon eine Partnerschaft mit einer Firma namens Thinfilm, die Produkte mit unserer Technologie verkauft. Es handelt sich um Verpackungsmaterial für die Industrie. Für Waren, die immer innerhalb eines bestimmten Temperaturbereichs gehalten werden müssen. Die flexible Folie ist mit Sensoren bedruckt, welche die Temperatur messen und das überschreiten definierter Grenzen anzeigen. So kann beschädigte Ware reklamiert werden.

Welche praktischen Anwendungen sind noch denkbar?
Wir arbeiten unter anderem an druckbaren Batterien und Solarzellen.  Unsere Forschungsabteilung soll so effizienten leichte und kostengünstige Solarzellen kreieren. Es wäre wundervoll, wenn es eines Tages Solarautos gäbe, die nicht mehr aufgeladen werden müssen und nur mit Sonnenenergie versorgt werden können. Wenn wir die Effizienz auf ein entsprechendes Niveau heben können, wäre das vielleicht sogar bei bewölktem Himmel möglich.

Der Hauptvorteil bei gedruckten Batterien und Solarzellen wäre wohl der geringe Preis.
Das stimmt. Wir sind heute alle abhängig von Batterien, vor allem im wachsenden Segment der mobilen Devices. Die Akkus sind hier ein Flaschenhals. Es geht um Gewicht, die Kosten und die Effizienz. Für Solarzellen gilt ähnliches.

Gibt es über die Forschung an druckbaren Schaltkreisen hinaus Interesse an 3D-Druck?
Wir liefern wir Druckköpfe an Hersteller. Das Konzept ist faszinierend und könnte die produzierende Industrie revolutionieren. Die Technologie gibt es seit 20 Jahren, die Industrie ist aber noch klein, vielleicht zwei bis drei Milliarden Dollar Umsatz pro Jahr. Wir sind interessiert, aber nicht mehr. Sollte das Geschäft explodieren, wollen wir aber dabeisein. Die Herstellung von entsprechenden Geräten ist derzeit kein Thema.

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Markus Keßler

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