Netzpolitik

Der Kampf gegen das Zwei-Klassen-Internet

Derzeit gibt es sie noch, die Netzneutralität. Alle Daten, d.h. sowohl jene kleiner, als auch die großer Unternehmen werden in demselben Tempo übertragen. Doch in Zeiten, in denen das Datenverkehrsvolumen immer mehr ansteigt und somit der Wettbewerb um die Datenverbindungsraten immer größer wird, werden auch die Forderungen nach Regelungen immer lauter. Doch wie würde es sich auf die Gestaltung des Internets auswirken, wenn Unternehmen gegen Bezahlung dafür sorgen könnten, dass ihre Daten schneller übertragen werden würden? Wäre dies der Fall, so würde ein Zwei-Klassen-Internet geschaffen, indem sich die zahlungskräftigsten Unternehmen die schnellsten Datenverbindungsraten sichern könnten. Dies hätte zur Folge, dass manche Seiten deutlich schneller geladen würden als andere, wodurch besonders kleinere Unternehmen nicht länger konkurrenzfähig wären. Dass es sich bei solchen Entwicklungen nicht um ferne Zukunftsmusik handelt, zeigte sich erst jüngst bei der Kooperation zwischen dem Suchmaschinenbetreiber Google und dem amerikanischen Telekommunikationsunternehmen Verizon. Die engere Zusammenarbeit der beiden Unternehmen sieht vor, dass gewisse Datendienste schneller transportiert werden sollen, als andere. Noch bevor dieses umstrittene Vorhaben in die Tat umgesetzt wurde, gab die US-Regulierungsbehörde FCC bekannt, dass an Regeln rechtlich verbindlichen Regelungen gearbeitet würde, die willkürliche Bevorzugungen bei der Datenübertragung verhindere.

Internationale Diskussionen

Während in den USA die Debatte darum, wie man den immer größer werdenden Datenmengen Herr werden kann und welche Datenpakte Vorrang gegenüber anderen haben könnten, seit längerem geführt wird, ist dies in Europa erst seit relativ kurzer Zeit der Fall. In Deutschland kämpft etwa die Initiative "Pro Netzneutralität", die unter anderem von Markus Beckedahl und Annette Mühlberg gegründet wurde, für "ein freies Internet ohne staatliche oder wirtschaftliche Eingriffe". Dieser Forderung scheint man von Seiten der Politik nicht nachkommen zu wollen. Zumindest, wenn es nach dem Willen des deutschen Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) gehen soll. Er will, dass künftig die Bundesnetzagentur über Fragen der Netzneutralität entscheidet. Diese solle dann "Mindestanforderungen an die Dienstqualität festlegen, um eine Verschlechterung von Diensten und eine Behinderung oder Verlangsamung des Datenverkehrs in den Netzen zu verhindern". Damit wäre es dann zum Beispiel der Deutschen Telekom untersagt, bestimmte Dienstanbieter bei der Übertragung gegen Bezahlung zu bevorzugen. Der Vorschlag, die Bundesnetzagentur zum "Wächter" über das Internet zu ernennen, sorgt bereits für wenig Gegenliebe. So weist etwa die Wirtschaftswoche darauf hin, dass die Bundesnetzagentur derzeit im Rahmen des NGA-Forum zwar mit hochrangigen Vertretern der Telefonkonzerne darüber verhandelt, wie das Internet künftig aussehen könnte, Anbieter von Web-Inhalten werden bei diesen Diskussionen aber außen vor gelassen, da es "um Netze, nicht um Inhalte" gehe, so ein Sprecher der Netzagentur.
Der Europarat hatte sich erst Anfang Oktober zu einem offenen Internet bekannt, aber gleichzeitig in einer Erklärung zur Netzneutralität ( darauf hingewiesen, dass ob des "exponentiellen Wachstums" des Datenverkehrs Formen von Netzwerkmanagements, zum Beispiel in den Bereichen Servicequalität, Netzstabilität, nötig werden könnte. Die Erklärung zur Netzneutralität sieht vor, dass Nutzer, unabhängig von der Infrastruktur des genutzten Netzwerks, den größtmöglichen Zugang zu Anwendungen und Diensten ihrer Wahl im Internet haben sollen.

Die Lage in Österreich

Während es etwa in Chile bereits ein Gesetz gibt, das die Gleichbehandlung von Daten vorsieht, ist dies in Österreich noch nicht der Fall. Die Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH, kurz RTR, will jedoch in Zusammenarbeit mit Internetprovidern an Regelungen, welche der Erhaltung der Netzneutralität dienen sollen, arbeiten. Wichtig ist bei diesen Verhandlungen darauf zu achten, dass es nach wie vor den Usern überlassen wird, ob ein Dienst für sie nützlich und damit erfolgreich wird. Würden Unternehmen, die datenintensive Dienste anbieten, wie zum Beispiel YouTube dafür bezahlen, dass ihre Angebote schneller übertragen werden würden, so würde es zu einem Zwei-Klassen-Internet kommen. Zahlungskräftige Unternehmen wären in einem derartigen System langfristig klar im Vorteil sein. Dies wäre auch der Fall, wenn den Forderungen von Providern und Unterhaltungsindustrie nachgekommen werden würde, die vorsehen, dass es nicht nur zwei Übertragungsgeschwindigkeiten, sondern auch zwei Tarife für die Datenübertragung geben soll. Dies würde das Ende des freien Wettbewerbs im Internet bedeuten.

(Irene Olorode)

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Irene Olorode

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