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eGovernment

Die Bürgerkarte hat ein Henne-Ei-Problem

Österreich ist zwar seit dem Jahr 2006 Europameister, was die Implementierung von eGovernment-Lösungen angeht; von der erhofften 50-Prozent-Nutzung im Jahr 2015 ist man aber noch weit entfernt. Die Bürgerkarte als Vorraussetzung, im Internet amtliche Formulare digital zu unterschreiben, schreckt Bürger eher ab, als sie zu locken. Ganz ohne Software und Lesegerät kommt die elektronische Signatur per Handy aus, die in der Bevölkerung großteils unbekannt ist. Um die Handy-Signatur unter das Volk zu bringen, sind mehrere Maßnahmen angedacht.


Die Plattform Digitales Österreich, das Gremium der Bundesregierung für eGovernment, ist derzeit in Verhandlungen mit den Mobilfunk-Betreibern, um eine Freischaltung der Handy-Signaturen mit dem Abschluss eines Mobilfunk-Vertrages zu koppeln. "Beim Anmelden eines Handys besteht ohnehin Ausweispflicht. Für den Verkäufer wäre das nur ein zusätzliches Häkchen in seinem Computer-System", sagt Roland Ledinger, Präsident der ADV (Arbeitsgemeinschaft für Datenverarbeitung) und im Bundeskanzleramt für den Bereich "Strategie für Informations- und Kommunikationstechnologie" zuständig. Erste Verhandlungen sind jedoch nicht wie gewünscht verlaufen: "Die Zurückhaltung ist wohl auf das Prämien-System der Mobilfunk-Betreiber zurückzuführen. Jedes Zusatzpaket, dass der Angestellte dem Kunden verkauft, bringt ihm einen Euro- bzw. Cent-Betrag ein. Wenn er für das Häkchen bei der digitalen Signatur nichts bekommt, wird er es den Kunden auch nicht anbieten und erklären", so Ledinger.

Henne-Ei-Problem


Es liegt aber nicht nur an der Anmeldung: "Wie soll ich den Kunden im Geschäft zur Handy-Signatur überreden, wenn ich keine Services dazu anbiete?", sagt Johann Mittheisz, Vizepräsident der ADV. "Es ist ein Henne-Ei-Problem", ergänzt Ledinger. Um Unternehmen von den Vorzügen der elektronischen Signatur zu überzeugen, braucht es viele Kunden, die das System nutzen. Die Kunden kann man aber nur für die Bürgerkarte gewinnen, wenn Unternehmen entsprechende Services anbieten, etwa das An- oder Ummelden von Verträgen online oder sichere Web-Bestellvorgänge. "Denn nur wegen den durchschnittlichen 1,5 Amtswegen pro Jahr sind nicht viele motiviert, die Bürgerkarte anzumelden", so Ledinger.

One-Stop-Shop
Eines der Angebote, die schon jetzt Bürgern Zeitersparnis bringen, ist die duale Zustellung. Sie erspart den Weg zur Post, da eingeschriebene Sendungen (HSa/b) in ein Online-Postfach zugestellt werden, das mit der Bürgerkarte oder Handy-Signatur gesichert ist. Aber auch hier gilt: Der Bürger hat nur etwas davon, wenn möglichst viele Behörden, Ämter und Unternehmen dieses System nutzen.

Um die Unternehmen zur elektronischen Signatur zu bringen, wird im Herbst 2011 eine neue Service-Offensive und ein Unternehmer-Portal gestartet. Dann soll es etwa durch eine Verknüpfung der Ämter möglich sein, "One-Stop-Shop"-Funktionen bereizustellen. Unternehmer könnte etwa für die Gewerbeanmeldung alle Formulare gebündelt online unterschreiben, anstatt verschiedene Webseiten ansurfen zu müssen. Derzeit dauert eine Gewerbeanmeldung bis zu drei Wochen, in der Vision der Plattform Digitales Österreich könnte dieser Prozess in einigen Stunden erledigt sein.

Die Verknüpfung der Ämter könnte auch zukünftig zur Verbreitung der elektronischen Signatur bei Bürgern führen. Erledigt man einen Amtsweg, könnte der Beamte danach fragen, ob man zukünftig die Formulare online ausfüllen will und gleich die Handy-Signatur aktivieren. Dazu müssten die Beamten natürlich entsprechend geschult werden.

Schlechtes Image
Ein weiteres Problem, mit dem die Bürgerkarte zu kämpfen hat, ist ihr Image: "Wer einmal schlechte Erfahrungen mit der Bürgerkarte, der Software oder dem Lesegerät gemacht hat, neigt dazu, die Handy-Signatur erst gar nicht auszuprobieren. Und wenn dieser bei seinen Freunden als Computer-Kenner gilt, sind auch die abgeschreckt", sagt Ledinger. Viele wissen erst gar nicht, dass es so etwas wie die Handy-Signatur überhaupt gibt: "Im Nachhinein betrachtet war es nicht glücklich, dass wir die Bürgerkarte-Funktion so genannt haben. Damit wird oft nur die eCard und das Lesegerät assoziiert, anstatt der Handy-Signatur", so Mittheisz.

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Hoffnung für die Bürgerkarte

(Gregor Gruber)

Die Bürgenkarte-Funktion kann
auf zwei Arten genutzt werden,
nachdem sie von einer Anmelde-
Stelle aktiviert wurde:
- //eCard als Bürgerkarte//: Zur Nutzung
ist ein Lesegerät nötig, das am Computer
angeschlossen wird. Zudem muss ein Programm installiert werden
- //Das Handy als Bürgerkarte//: Ähnlich
wie beim Online-Banking erhält man
einen TAN-Code per SMS aufs Handy
geschickt

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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Gregor Gruber

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