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Literatur-Community

Figment: Startrampe für Jungliteraten

Das Konzept ist einfach: Wer jung ist und ein Händchen fürs Geschichtenschreiben hat, kann auf der US-Website Figment Textschnipsel und fertige Romane, Kurzgeschichten und Gedichte veröffentlichen. Die Leserschaft hinterlässt Lob oder Kritik und folgt, ähnlich wie auf Twitter, ihren Lieblingsautoren und deren literarischem Output. Es gibt ein Blog und Wettbewerbe, Foren und Buchempfehlungen.

Trotz einer überbordenden Auswahl an elektronischen Publikationsmöglichkeiten im Web kommt die jugendgerechte Aufmachung von Figment beim Publikum gut an. Die Community eint ein gemeinsamer Traum: eines Tages einen Verleger zu finden und ein Buch herausbringen - so richtig auf Papier, versteht sich. „Ich will es zumindest zu einem Buch bringen, das die Leute mögen“, schreibt ein Jungautor namens Matthew. „Wenn ich das schaffe, dann habe ich meinen Job erledigt.“

Anleihen bei Facebook und Twitter
Figment nimmt unter anderem Anleihen bei Facebook und Twitter. Wem gefällt, was ein Autor schreibt, kann zum „Follower“ werden, anstelle von „Likes“ werden Herzen vergeben. Zusätzlich können einer Story Attribute wie gruselig, lustig oder schlicht „wow“ verpasst werden. Die Meinung zu einem Text lässt sich in Kommentaren oder etwas umfangreicher in Rezensionen (reviews) unterbringen.

Ein Autor (Mindestalter 13 Jahre) kann Storys für jedermann (public) oder nur für bestimmte Benutzer zugänglich machen. Wer sich dazu entschließt, einen Early Access Code an seine Stammleser zu verteilen, gewährt damit auch Zugriff auf Texte, die als Entwurf gespeichert sind. Anders als bei Facebook, ist die rechtliche Situation rund um den publizierten Content rasch durchschaubar: das Urheberrecht sämtlicher Storys und Gedichte liegt bei den Autoren.

Die Beiträge auf Figment sind zwar fast ausschließlich auf Englisch verfasst. Die Betreiber begrüßen jedoch Texte in verschiedensten Sprachen, lateinisches Alphabet vorausgesetzt. Die Anzahl der deutschen Texte auf der Site: bescheidene zwei Stück.

Talentpool und Zielgruppe
Mitbegründet wurde Figment von zwei Schreibern des „New Yorker“, der Redakteurin Dana Goodyear und dem ehemaligen leitenden Redakteur, Jacob Lewis. „Ein ziemliches smartes Team, oder?“, steht in den FAQs der Website zu lesen. In Zusammenarbeit mit Schulen und Büchereien rekrutierten Goodyear und Lewis im letzten Jahr mehrere hundert Jugendliche für einen sechsmonatigen Betatest. Im Dezember 2010 ging die Site in ihrer endgültigen Version ans Netz.

Dass sich auf Figment auch Verlage tummeln, liegt einerseits am Talentpool. Zudem wollen die Herausgeber dem Lesegeschmack der Jungen genauer auf die Spur zu kommen. Entsprechend werden Auszüge neuer Bücher an der Community ausprobiert - ein Service, den sich die Figment-Betreiber von den Unternehmen bezahlen lassen.  

Wie bei allen Social Networking-Sites, wird bei Figment Engagement belohnt. Wer beispielsweise Texte rezensiert, verdient Plaketten (badges). Dennoch unterscheiden sich Stimmung und Dynamik von Yelp oder foursquare. Dies zeigt sich etwa, wenn die Betreiber für das hauseigene Rezensionsmagazin „The Figment Review“ nach jungen Literaturkritikern suchen: „Du träumst davon berühmt zu sein? Dass dein Name kursiv unten auf einer Website aufscheint?“, steht da zu lesen. Die Möglichkeit zur unentgeltlichen Mitarbeit wird begeistert aufgenommen. „Ich hoffe so sehr, dass sie mich nehmen“, schreibt eine Benutzerin. „Das ist eine unglaublich tolle Chance“, ein anderer. Gratisbücher und die Gelegenheit, sein Talent unter Beweis zu stellen, sind Anreiz genug.  

Trolle unerwünscht
Im Gegensatz zu den mitunter harschen Kommentaren auf Facebook, wirkt der Tonfall vieler Postings auf Figment geradezu höflich. In den von Benutzern verfassten Regeln zur Diskussionskultur steht zu lesen: „1.) Die Leute hier meist tolerant. 2.) Es sei denn, du bist ein Troll.“ Einer Kurzanleitung für Neulinge lassen sich weitere Tipps entnehmen, darunter: „Wer sich über Harry Potter lustig macht, läuft Gefahr von tollwütigen Schreibern in der Luft zerrissen zu werden“. Und eine Jungautorin mit dem Synonym Maxine Lightfood rät: „Versuch es erst gar nicht mit paranormalen Vampir-Romanzen.“

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