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Silicon Valley

Firmenkultur: Facebook geht den Weg der Hacker

Wie verbrachten die Facebook-Mitarbeiter die Stunden vor dem Börsengang? Natürlich vor dem Computer-Bildschirm - allerdings nicht, um letzte Analysen zu lesen oder die Facebook-Freunde zum Aktienkauf zu animieren. Nein, sie hackten. Die letzte Nacht als nicht börsennotierte Firma widmete Facebook einer langjährigen Firmentradition: dem Hackathon (ein Kunstwort aus “Hacken” und “Marathon”).

Vor dem großen Tag hätten wohl ohnehin die wenigsten ruhig schlafen können. Und so tat man, was man (im Sinne des Unternehmens) am besten kann: Mit dem Notebook auf dem Schoss und den Firmenfreunden daneben wurde, bequem auf Sofas und Sitzsäcken, die ganze Nacht programmiert und an neuen Produkten und Funktionen gefeilt.

In der Tradition des Valleys
Hackathons (oft auch “Hack Days” oder “Codefests” genannt) sind im Silicon Valley, jener IT-Hochburg südlich von San Francisco, Tradition. Von Riesen wie Google und Yahoo! bis hinunter zum kleinen Start-up bedienen sich viele Internet-Unternehmen solchen Veranstaltungen, die einerseits Teamgeist schaffen und andererseits der Ideenfindung in lockerer Atmosphäre dienen.

Den Hackathon soll die Firma Sun Microsystems erfunden haben, die 2010 vom US-Software-Konzern Oracle übernommen wurde. Das passt doppelt gut: Denn Facebook ist nicht nur teilweise in Suns Programmiersprache “Java” geschrieben. Seit einigen Monaten zieht Zuckerbergs Firma in deren altes Hauptquartier um: 1601 Willow Road, Menlo Park, California.

Vom Bau eines neuen Hauptquartiers hat Facebook wohlweislich abgesehen. Im Silicon Valley gibt es ein ungeschriebenes Gesetz: “Baue niemals eigene Gebäude, das bringt Unglück.” Das hat sogar der Riese Google beherzigt, der heute in den alten Bauten des einstigen Computer-Urgesteins Silicon Graphics a.k.a. Googleplex residiert.

Zum Wohle der Firma
Die frühere Firmenzentrale in der nahen Kleinstadt Palo Alto, einen Katzensprung von Mark Zuckerbergs Villa entfernt, ist aus allen Nähten geplatzt. Die heute mehr als 3500 Mitarbeiter, die Facebook sich vor allem von Google und per Übernahme bei kleineren Internet-Firmen (zuletzt die Foto-App „Instagram“) holt, werden jetzt in den elf Gebäuden untergebracht, sofern sie nicht in einem der vielen internationalen Büros (z.B. in London, Hamburg, Paris, Singapur oder Tokyo) arbeiten.

Zwei Restaurants, zwei Coffee-Shops, ein Hausarzt, ein Fitness-Center, ein Grillplatz sowie viele kleine Küchen mit Gratis-Getränken und Snacks sollen für das Wohlergehen der Belegschaft sorgen. Denn der Job kann durchaus hart sein: Während man sich in der Google-Zentrale (etwa zehn Autominuten entfernt) teilweise wie auf einem Spielplatz wähnt, ist bei Facebook intensives und langes Arbeiten am Schreibtisch vor großen Dell-Monitoren oder in kleinen Produkt-Teams angesagt.

Arbeiten in kleinen Gruppen
Das Werkeln in Kleingruppen hat dabei System: Facebook folgt soziologischen Erkenntnissen, die unter anderem besagen, dass ab einer Gruppengröße von acht Leuten eben diese in zwei Vierer-Teams auseinanderfällt. Der Newsfeed etwa, der heute hauptverantwortlich für die intensive Nutzung ist, wurde etwa von einem dieser kleinen Teams gebaut.

Ähnlichkeiten gibt es aber auch: Freitags gibt es wie bei Google eine Fragestunde mit der Chefetage, in der offen über Probleme und Strategien diskutiert wird. Mitbestimmung entspricht den Vorstellungen vieler Mitarbeiter: Diese sind jung, ambitioniert, gut ausgebildet (oft an der nahen Universität Stanford) und sprechen nicht selten voller Stolz davon, dass sie daran arbeiten, die Welt zum Besseren zu verändern.

Dass Facebook seinem Erzrivalen in Sachen Mitarbeiterzufriedenheit nacheifert, hat seinen Grund: Google ist im Valley der beliebtere Arbeitgeber, weil beim Social Network u.a. längere Arbeitszeiten gefordert und schlechteres Kantinenessen geboten werden. “Für Software-Entwickler ist Facebook neben Google sicher der Traumarbeitsplatz”, sagt etwa Michael Kamleitner, der führende Facebook-Entwickler in Österreich.

Der Hacker-Weg
„Wir haben eine einzigartige Firmenkultur und Management-Ansatz aufgebaut, den wir den Hacker-Weg nennen“, erklärte Facebook-Chef Mark Zuckerberg im Börsenprospekt. Das Wort „Hacker“ hätte unfairerweise eine negative Bedeutung bekommen, weshalb viele Menschen darunter jemanden verstehen, der in Computer einbricht. Aber: „Die große Mehrheit der Hacker, die ich getroffen habe, sind Idealisten, die die Welt verbessern wollen“, so Zuckerberg.

Anstatt tagelang über eine Neuerung zu diskutieren, würde man lieber etwas sofort programmieren und in der Praxis austesten. „Wir haben eine Entwicklungsumgebung zum Testen, in der wir jederzeit tausend verschiedene Versionen von Facebook ausprobieren können.“ So würden sich die besten Ideen durchsetzen und nicht hoch bezahlte Manager. „Code ist stärker als Argumente.“

Dass Hacken bei Facebook erwünscht ist, daran werden die Mitarbeiter auch permanent erinnert: Der Schriftzug “Hack” wurde unzählige Male an die Bürowände gesprayt und fordert quasi zum Querdenken auf. Wer nicht mit einem Sammelbus (mit WLAN, Ledersitzen und Kühlschrank an Bord) in die Arbeit fährt, der parkt sein Auto auf dem riesigen Firmenparkplatz - und um auf diesen zu kommen, muss man eine ganz besondere Zufahrtsstraße, vorbei an einem riesigen “Gefällt mir”-Symbol nehmen: The Hacker Way.

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Mark Zuckerberg kann man getrost als Hacker auch im negativen Sinn bezeichnen. 2004 gab er in einem Online-Chat gegenüber Freunden zu, dass er Accounts der Harvard-Universitäts-Zeitung "The Crimsnon" gehackt hatte. Heute tut im die Geschichte leid.

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Jakob Steinschaden

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