Russian flag are reflected on the Microsoft Windows Installation CD in this illustration
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Digital Life

Haft für Wiederherstellungs-CDs: Microsoft schlittert in PR-Debakel

Der Fall von Eric Lundgren sorgte bereits im Februar für Aufsehen. Der 33-jährige Gründer eines Unternehmens, das Recycling von Elektroprodukten betreibt, wurde in den USA zu 15 Monaten Haft und einer Geldstrafe von 50.000 US-Dollar verurteilt. Sein Verbrechen: Er ließ Kopien von Wiederherstellungs-CDs produzieren. Mit diesen kann das Betriebssystem und die dazugehörige Software eines PCs oder Laptops neu installiert werden. 

Üblicherweise liegen diese CDs den Geräten bei, bei einem Weiterverkauf gehen diese aber oftmals verloren. Da für die Installation lediglich eine gültige Lizenz erforderlich ist, die sich meist in der Form eines Stickers mit Seriennummer am Gerät befindet, wähnte sich Lundgren auf der sicheren Seite. Doch Microsoft war anderer Meinung.

Blogpost sorgt für Aufregung

Nachdem die Geschichte von Lundgren für Schlagzeilen sorgte und den US-Konzern in keinem guten Licht dastehen ließ, versuchte man mit einem Blogpost die „Fakten“ klarzustellen. Zahlreiche US-Blogs kritisierten aber, dass die Aussagen Microsofts stark geschönt seien und der US-Konzern versuche, Lundgren als organisierten Kriminellen darzustellen. Damit rutschte man von einem PR-Debakel in das Nächste.

So versuchte Microsoft die Schuld an der Verurteilung von sich zu weisen, da der US-Zoll die Klage gegen Lundgren eingebracht habe. Das sei zwar technisch gesehen korrekt, Microsoft sorgte mit seiner übertriebenen Darstellung des Falles und der angeblich verursachten Umsatzverluste für das hohe Strafausmaß. Microsoft setzte ursprünglich pro CD den vollen Wert einer Windows-Lizenz an (rund 300 US-Dollar), obwohl diese nur verwendet werden können, wenn der Nutzer bereits eine Lizenz besitzt. Im Zuge des Verfahrens reduzierte ein Sachverständiger den Wert auf 25 US-Dollar, obwohl auch dieser recht hoch gegriffen scheint.

Laut Microsoft verrechne man 25 US-Dollar, wenn ein Refurbisher auf einem alten PC eine neue Windows-Lizenz installiere. Refurbisher richten alte und defekte Computer wieder her und verkaufen diese weiter. Lundgrens Lösung erforderte allerdings keine neue Windows-Lizenz, da die Geräte bereits über diese verfügten. Microsoft bietet zudem selbst online kostenlos ISO-Images dieser Wiederherstellungs-Datenträger an. Lundgren wollte lediglich die in China produzierten Disks für magere 25 Dollar-Cent an sogenannte Refurbisher weiterverkaufen. 

Als kriminell dargestellt

Microsoft behauptet zudem, Lundgren habe sich schuldig bekannt. Ebenfalls technisch korrekt, allerdings gestand er lediglich, unerlaubt das Dell-Logo auf den Datenträgern verwendet zu haben. Eine Tatsache, die auch Lundgren bedauert, denn ohne das Hersteller-Logo wäre der Zoll nicht auf ihn aufmerksam geworden. Microsoft wirft Lundgren wegen des Dell-Logos auch vor, er habe „großen Aufwand betrieben, um Menschen zu täuschen“. 

Der US-Konzern gab zudem an, dass man eng mit „zulässigen Recyclern“ zusammenarbeite und stellte damit Lundgrens Unternehmen in Abrede, rechtmäßig zu agieren. Das Unternehmen von Lundgren zählt unter anderem Lenovo, Nintendo und andere internationale Konzerne zu seinen Kunden. Er gründete zudem bereits im Alter von 19 Jahren seine erste Elektro-Recycling-Firma und konnte dementsprechend Erfahrungen in diesem Geschäft sammeln.

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