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Go Silicon Valley

Insposo: Austro-Software für US-Profisport

„Wir sind bisher fully bootstrapped (eigenfinanziert)“, sagt Alexander Pinter. Und: „Wenn man Risikokapital aus dem Silicon Valley will, dann muss man incen (eine Firma gründen).” Pinter ist CEO und Mitbegründer des Start-ups Individual Sports Solutions und mit dem Jargon im Silicon Valley bestens vertraut. Fünf Jahre Arbeit mit einem Kernteam an sieben und insgesamt 35 Leuten stecken in der Web-basierten Software des Unternehmens, die Trainern helfen soll, Athleten individueller zu betreuen. Die fünf Jahre waren mitunter richtig hart, mit durchgearbeiteten Nächten und “null Kohle” - den typischen Höhen und Tiefen eines Startups, wie er meint. Was dabei herauskommt, nennt Pinter sein Herzensprojekt. Noch ist das Produkt namens Insposo (ein Kürzel des Firmennamens) eine Betaversion. Doch prominentes Interesse ist geweckt, darunter jenes der amerikanischen National Hockey League (NHL): „Wenn das Ding fertig ist, dann sagen 35 Kunden: let’s go“, erklärt er.

Trainingspläne innerhalb einer Stunde

Trainer stehen im Spitzensport vor der Herausforderung, in kurzer Zeit möglichst individuelle Trainingspläne auszuarbeiten.„Das Training wird in bestimmte Zyklen unterteilt. Wir unterscheiden in Jahres-, Monats- und Wochenplanung, also mindestens drei Ebenen, was natürlich inhaltlich komplex und zeitintensiv ist.” Um zu Saisonbeginn für jeden der 25 Spieler eines Eishockeyteams einen personalisierten Jahresplan zusammenzustellen, seien pro Athlet, so Pinter, bis zu zwei Tage notwendig. „Bei einem Eishockeyteam sind das 50 Arbeitstage, abzüglich der Synergien immer noch an die 30, ohne dass ein einziger Subzyklus geplant wurde“, rechnet er vor. Weil die meisten Konditionstrainer nicht so viel Zeit hätten, geschehe das Training in Wahrheit leicht standardisiert. Das Problem will Pinter lösen: „EineJahresplanung für ein gesamtes Team dauert bei uns Stunden, nicht Tage oder Wochen.“
Insposo listet unterschiedliche Content-Streams auf, die die Trainer als Basis für ihre Planung verwenden: wie sollen etwa Maximal- und Schnellkraft trainiert, wie die Ausdauer verbessert werden sollen. Die Software gleicht das Konzept im Anschluss mit den Leistungsdaten der Sportler ab und errechnet einen persönlichen Trainingsplan. „Wir haben die Trainingswissenschaft nach Praxisrelevanz systematisiert“, erklärt Pinter. Der Brückenschlag zwischen Theorie und Anwendung soll auch jenen Zugang zu wissenschaftlichen Erkenntnissen verschaffen, die sich normalerweise nicht über das Thema trauen.

Algorithmus zum Talentemanagement 

Pinter ist bereits zum zweiten Mal über die Wirtschaftskammer-Initiative “Go Silicon Valley” im Plug and Play Tech Center in Sunnyvale. Beim ersten Mal, 2010, stieß er auf eine neue Geschäftsidee, die seither als Spin-off-Projekt in einem Zweitunternehmen technisch umgesetzt wird. In den USA werden die Rechte an Nachwuchsspielern, beispielsweise im Eishockey, nach jeder Saison über eine Lotterie ermittelt. Sportler werden typischerweise gezogen, wenn sie 18 Jahre alt sind; bis sie im Profiteam spielen, dauert es zumeist ein paar Jahre. „Ich ziehe also einen Spieler, den ich ein Jahr lang beobachtet habe, der aber von der Konstitution noch nicht ready ist“, erläutert Pinter. Hier kommt langfristige Planung ins Spiel: die Entwicklung des Sportlers über die nächsten zwei, drei Jahre hinweg. Pro Franchise betrifft dies 20 bis 25 Spieler, über alle Leistungsstufen hinweg. „Da steckt sehr viel Geld drinnen, und Risiko“, sagt Pinter.

Das Team hat einen Algorithmus entwickelt, mit dem sich die Leistungspotentiale von Jungstars besser einschätzen lassen. Wie im Spielfilm Moneyball? „Das geht ein bisschen in diese Richtung“, so Pinter. Das Projekt Inscouts steht in der Pipeline noch hinter Insposo. Derzeit würden einige Teams verschiedene Szenarien am Prototypen durchspielen.

Trojanisches Marketing


Die heiße Phase beginnt für das Start-up im Sommer. Das erste offizielle Release von Insposo ist für September geplant. Der Zeitpunkt ist entscheidend, weil die NHL dann mit Trainingcamps in die neue Saison startet. Pinter ist zuversichtlich. Die Software sei derzeit eigentlich kein Prototyp mehr, weil sie mit Partnern unter Verschluss entwickelt und und „zigfach validiert“ wurde. Individual Sports Solutions schlägt damit einen für Software-Startups eher ungewöhnlichen Weg ein. Sobald Unternehmen einen Prototypen vorweisen könnten, hieße es in der Branche, dass man das Produkt unter die Leute bringen müsse. „Wir aber haben eine trojanische Marketingstrategie: „Über Nacht werden wir hier sein“, so Pinter.
Zu den über 30 Teams, die der Endversion von Insposo harren, zählen unter anderem „Hockey-Colleges“ im Osten und Mittleren Westen der USA, darunter die Universities of Wisconsin und Minnesota. Einige Unis will Pinter überzeugen, am wissenschaftlichen Sourcing der Software mitzuarbeiten: „Wir reden intensiv mit der Stanford University, es ist aber noch nichts unterschrieben."

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