Jerry Seinfeld: "Wird Google Glass jemals cool sein?"
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Gut 90 Jahre ist es her, dass der deutsche Philosoph und Grübler Martin Heidegger sich Gedanken über das Sein, die Zeit und das Nichts machte. Aussagen wie "Das Nichts nichtet" und das Nichts sei der "Schleier des Seins" waren unter anderen die Ergebnisse seiner Anstrengungen. Der vor 60 Jahren in Brooklyn geborene Stand-up-Comedian Jerry Seinfeld ging die Sache um das Alles und das Nichts - also unser Leben - wesentlich pragmatischer an. Seine von ihm und von Larry David geschaffene TV-Sitcom "Seinfeld" war geplant als "Show über nichts, die für jeden etwas hat" ("The show about NOTHING that has something for everyone!").
Ein Rezept, das 1989 offenbar das Maß der Dinge war. Die TV-Show "Seinfeld" war bis 1998 mit ständig zunehmenden Zuschauerquoten on air und machte Jerry Seinfeld zum bestverdienenden Schauspieler aller Zeiten. Laut einem vor Kurzem von der Agentur Wealth X veröffentlichten Ranking soll sein Vermögen bei 820 Millionen Dollar liegen und damit jenes des indischen Superstars Shah Rukh Khan - 600 Mio. US-Dollar - und von Tom Cruise - 480 Mio. US-Dollar - bei weitem in den Schatten stellen. "Nichts" macht also ganz schön was her.
Werbung für Google Glass
"Seinfeld", die TV-Show, handelt vom Alltag der vier in New York lebenden Freunde Jerry Seinfeld, George Costanza, Elaine Benes und Cosmo Kramer. Über neun Staffeln konnte man in 180 Episoden mitverfolgen, wie sich vier exzentrische und beziehungsgestörte Menschen vom Alltag (nicht) unterkriegen lassen. Dabei ging es nie um "normale" Probleme, "Seinfeld" war stets so "sophisticated" wie das Magazin "New Yorker" im Vergleich zu "News". In einer Episode etwa trumpft der eher träge George mit der iPhone-Software iToilet auf, die immer das nächstgelegene WC aufzeigen soll. Eine anfangs lukrative Idee, die nur baden ging, weil George sein Geld bei dem Börsenzocker Bernie Madoff angelegt hat.
Durchgehender Handlungsstrang von "Seinfeld" war, dass Jerry Seinfeld immer wusste - oder zumindest glaubte, zu wissen - was der richtige Weg aus dem drohenden Schlamassel sei. Insofern ist es ein starkes Signal, dass ausgerechnet ein Schauspieler, der seit etwa 15 Jahren eine Existenz als zurückgezogen lebender Privatier führt, quasi die Werbetrommel für das next big thing rührt - die Datenbrille Google Glass.
Wer auch nur eine Episode von "Seinfeld" gesehen hat, weiß: Gegen die Psychosen der hier auftretenden vier Charaktere sind die Ticks von Woody Allen etwas für den Kindergeburtstag. Ob es um den geeigneten Sitzplatz im Restaurant um die Ecke ging, das Ablecken einer Briefmarke oder um Autos, die plötzlich spurlos in Tiefgaragen verschwinden - hier geriet jede Kleinigkeit ansatzlos zur Beinahe-Katastrophe. Insofern kann man gespannt darauf sein, wie sich Jerry Seinfeld nun im "Wired" als Experte für stilsicheres und angemessenes Verhalten verhält.
Wired-Cover
In seiner "Wired"-Rubrik "How to Not Be a Jerk in the Digital Age" ("Wie ich mich im digitalen Zeitalter nicht zum Vollidiot mache") hat Etikette-Neopapst Seinfeld bereits Fragen wie "Kann ich auf eine Todesnachricht ,gefällt mir' posten?", "Ist es o.k., ein Live-Konzert mit dem iPad aufzuzeichnen?" oder "Wie viele meiner Babyfotos kann ich auf Facebook stellen?" beantwortet. Aus gegebenem Anlass fragt er in der Juli-Ausgabe von "Wired", ob es jemals cool sein wird, Google Glass zu verwenden.
So wie Seinfeld auf dem Cover posiert, bezweifelt man es. Menschen, die ins Nichts schauen und mit erhobenem Zeigefinger am Brillenbügel wischen, könnten bald als Paradebeispiel eines Nerds gelten. Warten wir einmal ab. Wann Google Glass nach Österreich kommt, ist weiterhin unklar.
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