Kritik an Terroralarm-Hysterie im Netz
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Eine Woche nach der Terrorwarnung vom deutschen Bundesinnenminister Thomas de Maizière macht sich im Internet wachsende Empörung über die Sicherheitspolitik der deutschen Regierung breit. Auf der am Montag gestarteten Website wirhabenkeineangst.de hat der Düsseldorfer Videojournalist Mario Sixtus ein Portal eingerichtet, das die Alarmstimmung aufs Korn nimmt, mal mit heiligem Ernst, mal mit Spott oder einer Prise Anarchie.
"Immer die gleichen Mechanismen"
"Das ist immer der gleiche Tanz, seit dem 11. September 2001 gibt es immer die gleichen Mechanismen", sagt Sixtus im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. "Sobald jemand Gefahr ruft, kriechen die aus den Löchern, die sich einen repressiven Staat wünschen." In kurzer Zeit sammelte die neue Website 250 Beiträge von ebenso vielen Personen. "Ich habe 40 in der Pipeline, die ich noch nicht freigeschaltet habe", erklärt Sixtus. Mehr als 200.000 Mal sei die Website in weniger als zwei Tagen schon aufgerufen worden.
Nur an den eigentlichen Adressaten gehe die Initiative vermutlich weitgehend vorbei, bedauert Sixtus.
Aufrufe zu Flashmob über Twitter
"Was sich im Internet artikuliert, wird vom Radar der Politiker nicht erfasst. Das ist ärgerlich, schließlich leben wir im 21. Jahrhundert." Der Autor hofft auf die Organisationskraft des Netzes: "Ich bin nicht der große Aktivist, aber ich scheine da einen Nerv getroffen zu haben. Wenn der Ärger groß genug ist, wird es auch Aktionen im realen Raum geben."
Schon finden sich im Kurzmitteilungsdienst Twitter erste Aufrufe zu einem Flashmob, also einer Aktion, zu der im Netz oder per SMS aufgerufen wird, um innerhalb kurzer Zeit große Menschenmengen zusammenzubringen. "Terror-Flashmob anyone? Wir bringen alle alte Koffer mit und lassen die dann gleichzeitig auf dem Bahnhofsvorplatz stehn und rennen weg!", twitterte ein Nutzer mit dem Nickname "Weltregierung".
Ironie "sicherste Weg"
So ganz ernst gemeint ist der Aufruf nicht - dennoch fand er mit mehr als 100 "Retweets" (Weiterleitungen durch andere Nutzer) eine große Verbreitung. "Sarkasmus und Ironie sind sicherlich der beste Weg, um mit dieser Hysterie umzugehen", sagt der Twitterer aus Hamburg. Twitter-Mitglied "Weltregierung" erklärt im dpa-Gespräch, er sei es als Nachbar des FC St. Pauli gewohnt, massive Sicherheitseinsätze auch kritisch zu betrachten.
(dpa/futurezone)
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Bombendrohung über Twitter endete mit Geldstrafe
In England endete im Mai eine vermeintliche Bombendrohung über Twitter mit einer Verurteilung. Ein Gericht in Doncaster fand die Scherzmeldung des 26-Jährigen über Twitter alles andere als witzig und verurteilte Paul Chambers wegen des "Versendens einer anstößigen, unanständigen, obszönen oder bedrohlichen Nachricht über ein öffentliches Telekommunikationsnetzwerk" zu einer Geldstrafe von 1.000 Pfund (1.157 Euro).
Der Brite war im Januar festgenommen worden, nachdem er über Twitter damit gedroht hatte, einen Flughafen von Sheffield in die Luft zu jagen, sollte sein Flug sich verspäten. Chambers sagte, die Nachricht sei ein Scherz gewesen.
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